Zwischen China und den USA muss Kambodscha seinen Kurs klug wählen. Die zweite Trump-Regierung wird ihre diplomatischen Beziehungen zu Kambodscha neu definieren - zerstörte aber gleich zu Beginn viel Vertrauen.

Im Königreich Kambodscha waren die amerikanischen Präsidentschaftswahlen mit großer Spannung erwartet worden. Schließlich war klar, dass die bereits im Vorfeld angekündigte Rivalität zwischen den USA und China ebenso wie die von Trump angekündigte außen- wie innenpolitische Ausrichtung auf „America First“ erhebliche politische und wirtschaftliche Auswirkungen auf das Land haben könnten.
Kambodscha steht mit seiner wechselvollen Geschichte als Freund und Feind der USA in seinen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und China erneut an einem entscheidenden Punkt für deren weitere Gestaltung.
Kambodscha und die USA haben ein sehr wechselhaftes Verhältnis
Die Beziehungen zwischen Kambodscha und den USA waren von Phasen der Zusammenarbeit, Spannung und völligen Entfremdung geprägt. Sie reichen bis in die 1950er Jahre zurück, als die USA Kambodschas Unabhängigkeit von Frankreich anerkannten. Zwischen 1964 und 1969 waren die diplomatischen Beziehungen unterbrochen und wurden erst im Herbst 1970 unter der Herrschaft Lon Nol´s wiederaufgenommen. Er war mit Hilfe Washingtons an die Macht gekommen. Während dieser Zeit kam es im Osten Kambodschas und in Teilen von Laos auf Anordnung des US-Präsidenten Nixon zu heftigen Bombardierungen um Rückzugs- und Versorgungsgebiete der nordvietnamesischen Vietkong-Einheiten zu zerstören.
Die darauffolgende Machtübernahme der Roten Khmer und deren Sturz im Jahr 1979 durch den Einmarsch vietnamesischer Armeeeinheiten verschlechterten die Beziehungen weiter. Das Pariser Friedensabkommen von 1991 markierte dann einen Wendepunkt, da die USA den demokratischen Übergang Kambodschas im Nachgang der UN-Mission (UNTAC) sowohl finanziell als auch politisch stark unterstützten.
In den vergangenen Jahren gestalteten sich die Beziehungen jedoch wieder zunehmend angespannt. Konfliktpunkte waren die Menschenrechtsbilanz, die Unterdrückung der politischen Opposition und deren Ausschluss von den Gemeinde- und Parlamentswahlen, insbesondere aber auch die schnell und umfassend wachsenden Beziehungen zu China mit starken bilateralen Verflechtungen in Kernbereichen wie Investitions-, Handels- und Sicherheitspolitik.
Trump und Biden setzten bisher gleichzeitig auf Konfrontation und Kooperation
Die Politik der USA gegenüber Kambodscha war vor allem in der letzten Dekade unstetig, widersprüchlich und vor allem inkohärent bezogen auf beabsichtigte Wirkungen. Das Pendel schwang von der Beurteilung Kambodschas als einen „autoritären Pariastaat“, der bestraft werden müsse, bis er sich demokratisch gefasst habe, bis hin zur pragmatischen Auffassung, das kleine Land als notwendigen Partner im Wettbewerb gegen China einzubinden.
Die erste Trump-Regierung bemühte sich um eine Annäherung im Interesse der Einbindung Kambodschas in die außenpolitischen Interessen der USA, verschärfte aber andererseits Kritik und verhängte sogar teilweise Sanktionen angesichts der demokratischen Defizite, vor allem wegen des Umgangs mit der politischen Opposition. Die Biden-Regierung setzte diesen Kurs fort, kritisierte die Menschenrechtslage, suchte aber verstärkt nach Bereichen für sinnvolle Zusammenarbeit.
Die Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten und Kambodscha ist und bleibt jedoch durch die schmerzvolle Geschichte belastet. Derzeit ist offen, ob der anspruchsvolle Balanceakt, den beide Seiten in der Vergangenheit trotz ihrer Differenzen immer wieder über große Strecken erfolgreich hingelegt haben, fortgesetzt werden kann.
Es sei rückblickend daran erinnert, dass sich Kambodscha im Kontext des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine als kleiner Staat, der eher auf Multilateralismus setzt, bisher auf der Seite der Ukraine, also auch der USA und des Westens, positioniert hatte.
Es gäbe Wege und Möglichkeiten für bessere Beziehungen zwischen den USA und Kambodscha
Die zweite Trump-Regierung wird ihre diplomatischen Beziehungen zu Kambodscha und die zugrundeliegenden außenpolitischen Ziele neu definieren. Ernsthafte Sorgen um Demokratie und Menschenrechte sind aus dem Hause Trump allerdings nicht zu erwarten, was seitens der kambodschanischen Regierung kaum bedauert werden dürfte. Das schließt aber nicht aus, dass - wo immer es den Amerikanern für ihre Interessen nützlich erscheint - entsprechende Kritik vorgebracht und instrumentalisiert werden könnte, um Druck auf Kambodscha auszuüben. Denn klar ist, dass die Trump-Regierung die Beziehungen zwischen Kambodscha und China in erster Linie durch die Brille der Rivalität zwischen den beiden Großmächten sieht, was zu einem erhöhten Druck auf Kambodscha führen könnte.
Gleichzeitig könnten die USA ihre Bemühungen verstärken, eine noch engere Allianz des Königreichs mit China durch eine Kombination aus Anreizen und möglichen Strafmaßnahmen zu verhindern: Wirtschaftliche Zusammenarbeit wäre ein guter Weg für eine Verbesserung der Beziehungen. China ist zwar der größte Handelspartner, die USA sind mit 40 Prozent der kambodschanischen Exporte aber mit Abstand der größte Abnehmer für Waren aus dem Königreich. Die kambodschanische Regierung versucht angesichts der Dominanz Chinas und der damit verbundenen Abhängigkeitsrisiken, seit geraumer Zeit Handelspartnerschaften und ausländische Investitionen zu diversifizieren. Falls Vietnam von Trumps angekündigter Zollpolitik betroffen wäre, könnte Kambodscha zu den Gewinnern zählen. In diesem Fall könnten Produktionskapazitäten dorthin verlagert werden.
Darüber hinaus böten gemeinsame Interessen an regionaler Stabilität, Terrorismusbekämpfung und der Kampf gegen organisierten Menschenhandel Möglichkeiten für vertiefte Kooperation, für Dialog und gegenseitige Wertschätzung.
Die USA könnten ihrerseits im Rahmen einer umfassenderen Strategie zur Aufrechterhaltung ihres Einflusses in Südostasien mit Kambodscha zusammenarbeiten, möglicherweise durch ASEAN-koordinierte Initiativen. Militärische Überlegungen dürften ebenfalls von Bedeutung sein, da die Sorge um einen möglichen militärischen Zugang Chinas zu kambodschanischen Militäreinrichtungen (z.B. die Marine-Militärbasis Ream, südöstlich von Sihanoukville am Golf von Thailand) den Fokus auf die strategische Bedeutung Kambodschas erhöhen könnte.
Kambodscha könnte sein strategisches Gleichgewicht darauf aufbauen, Neutralität und Blockfreiheit als zentrale außenpolitische Prinzipien zu verankern, um nicht in die wachsenden Spannungen zwischen den USA und China hineingezogen zu werden.
Das Königreich könnte seine internationalen Partnerschaften erweitern, um die Abhängigkeit von China zu verringern. Es könnte darüber hinaus auch seine ASEAN-Mitgliedschaft nutzen, um die Dynamik der Großmächte im eigenen Neutralitätsinteresse zu steuern, die regionale Stabilität zu fördern und seine Souveränität und territoriale Integrität gegen Druck von außen zu behaupten.
Kambodschas vielschichtiges geopolitisches Umfeld erfordert einen pragmatisch diplomatischen Ansatz. Die kambodschanische Regierung muss die Vorteile der chinesischen Hilfe geschickt gegen die potenziellen Vorteile einer Verbesserung der Beziehungen zu den USA abwägen.
Trumps zweite Regierung hatte einen denkbar schlechten Start
Für die oben beschriebenen Möglichkeitsszenarien war der Start der Amtszeit Trumps in Kambodscha ein denkbar schlechter Ausgangspunkt, denn es wurde viel Vertrauen zerstört.
Die völlig unerwartete und abrupte Aufkündigung zahlreicher Projekte, für die USAID-Finanzierungszusagen auf Jahre vorlagen bzw. die es mitten in der laufenden Umsetzung traf, war ein Schock für die kambodschanische Seite, sowohl für die Regierung als auch für die zahlreichen nationalen Nichtregierungsorganisationen und internationale Mittlerorganisationen, die eingebunden in staatliche Vorhaben wichtige Dienstleistungen in den Bereichen Basisgesundheit und Kampf gegen Epidemien (Tuberkulose/ HIV), Bildung, bei der Minenräumung und in verschiedenen strukturfördernden Bereichen von transparenter Regierungsführung, in der Landwirtschaft und Wirtschaftsförderung leisten.
Es sei zwar verständlich, dass neue Regierungen ihre Entwicklungshilfe im Ausland überprüfen wollen, aber die Entscheidungen der US-Regierung seien abrupt, einseitig und unverantwortlich. Die Gründe dafür seien nicht nachvollziehbar und zerstören das bisher positive Image der USA in der Bevölkerung, vor allem im Vergleich zu China, so die breit geteilte Einschätzung der betroffenen nationalen und internationalen Entwicklungspartner.
Regierungssprecher Pen Bona gab sich betont gelassen und bemühte sich um Schadensbegrenzung. Er versicherte, dass man sich um Lösungen und Flexibilität bemühe, einschließlich der Suche nach alternativen Finanzierungsquellen. Es gäbe viele Möglichkeiten, diese Herausforderungen zu bewältigen, ohne den Entwicklungsfortschritt Kambodschas aufzuhalten.
Die Entwicklungen nach Amtsantritt Trumps haben zu Verbitterung und einem extremen Vertrauensverlust auf der kambodschanischen Seite geführt, denn noch im Oktober 2024 hatte die USAID-Vertreterin Samantha Power bei einem Besuch in Kambodscha Neuzusagen im Wert von über 55 Millionen US-Dollar angekündigt, darunter 17 Millionen US-Dollar für das Gesundheitswesen, 29 Millionen US-Dollar für die Landwirtschaft und 6 Millionen US-Dollar für die unabhängig arbeitende Zivilgesellschaft und freie Medien. Weitere 3 Millionen US-Dollar des US-Arbeitsministeriums sollten die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen unterstützen.
Während im Bereich Minenräumung teilweise Mittel wieder freigegeben wurden und einige Programme, vor allem in Bereichen wie Landwirtschaft oder Fischereiwesen, noch in einer Evaluierungsphase sind, haben sehr viele Organisationen bereits die offizielle Mitteilung über die Rücknahme von Finanzierungszusagen erhalten. Es überrascht nicht, dass davon insbesondere unabhängige und teilweise regierungskritische Organisationen betroffen sind, insbesondere solche, die zu Frauenrechten, Gleichstellung, Diversität und Minderheitenrechten arbeiten, wie z.B. Women´s Community Voices, die Anliegen von Gemeinden vermitteln, die von Klimawandel, Landrechtskonflikten oder Entwaldung betroffen sind. Die bekannte Menschenrechtsorganisation ADHOC ist mit bis zu 70 Prozent ihrer Grundfinanzierung eine der am härtesten betroffenen Organisationen.
Auch Partner*innen der Heinrich-Böll-Stiftung müssen sich neu orientieren, Netzwerke und Synergien untereinander und einen effizienteren Modus Operandus etablieren, denn die finanziellen Einschnitte in ihre operativen Kapazitäten sind nicht ersetzbar. Das Büro in Phnom Penh wird diesen Prozess unterstützen.