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Myanmar/Burma – Wege aus der Sackgasse?

Monks Protesting in Burma. Foto: racoles. Lizenz: Creative Commons Attribution 2.0.

14. November 2008
Von Dr. Heike Löschmann
Von Dr. Heike Löschmann, Heinrich-Böll-Stiftung, Büro Südostasien

Beinahe zwei Wochen lang waren die Ereignisse in und um Myanmar/Burma in den internationalen Medien stark präsent. Die von Mönchen angeführten Proteste sind seit dem 26. September blutig niedergeschlagen worden. Gravierende Menschenrechtsverletzungen wurden dokumentiert. Diese Ereignisse haben sich ins kollektive Gedächtnis der Burmesen tief eingebrannt.

Angesichts des Ausmaßes der bekannt werdenden Verbrechen des Militärs konnten auch die großen Nachbarn Indien und China sowie die ASEAN-Familie nicht länger wegsehen und haben zu den Ereignissen Stellung bezogen. Sie tragen besondere Verantwortung für den ausstehenden Aussöhnungs- und Reformprozess.

Ibrahim Gambari, der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs, traf Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi und Staatschef Than Shwe und vermittelte Gespräche zwischen beiden. Inzwischen ist er erneut zu Beratungen in der Region und wird demnächst nach Myanmar/Burma zurückkehren.

Ein „Presidential Statement“ der 15 Mitglieder des UN-Sicherheitsrates umreißt die Erwartungen der Völkergemeinschaft. Das Regime reagierte darauf mit dem Hinweis, die Situation im Land stelle keine Gefahr für den internationalen Frieden dar und verwies auf seinen Sieben-Punkte-Plan als eigenen Weg zur Demokratie. Parallel dazu werden im Land Demonstrationen für die Regierung organisiert, die beweisen sollen, dass sich die Militärregierung um eine Lösung im Interesse aller Menschen im Land bemüht.

Der nachfolgende Bericht zeichnet, zwei Wochen nach der Niederschlagung des Aufstandes der Mönche, die Positionen der verschiedenen Akteure zu Myanmar/Burma nach. Er erörtert Möglichkeiten zum Handeln und geht auf die Forderung nach Sanktionen ein. Kernfragen wie Dialog und Aussöhnung, ihre Akteure und die notwendige Einbindung der unterschiedlichen Ethnien werden beleuchtet.

1. Niederschlagung der Massenproteste – Das Volk als Feind Nummer 1

Gut 100.000 Menschen waren auf den Straßen Yangons und Zehntausende in 30 anderen Städten des Landes marschiert. Die Gründe: Protest gegen soziale Missstände, aufgestaute Wut, die Erinnerung an die Niederschlagung der Volkserhebung von 1988 und der unbändige Wille, die Macht der Generäle zu brechen. Zum Umfang der Proteste trug wesentlich bei, dass die moralische Autorität des buddhistischen Sangha an der Spitze stand. Die Junta hatte damit ebenso wenig gerechnet wie mit dem Umstand, dass internationale Medien über einen so langen Zeitraum mit so ungebrochenem Interesse über die Ereignisse berichten würden – erst recht nicht damit, dass Zeugnisse ihres brutalen Vorgehens zur „Herstellung von Ruhe und Ordnung“ massenhaft und unwiderlegbar in die Welt getragen würden.

Eine große Überraschung war es für die Generäle auch, dass sie – nach anfänglicher Zurückhaltung – von ihren chinesischen Verbündeten und von Mitgliedern der Staatengemeinschaft ASEAN öffentlich kritisiert und nachdrücklich zu Reformen und zum Dialog aufgefordert wurden. Die digitale Dokumentation der Verbrechen und deren Verbreitung über das Internet mögen dazu beigetragen haben. Als 1988 3.000 Menschen während des Studentenaufstandes starben, wurde der Weltöffentlichkeit das Ausmaß des Massakers erst Wochen später bekannt. Wegsehen geht nicht mehr, es schadet dem internationalen Ansehen, kann aber auch die ganz unmittelbaren nationalen wirtschaftlichen und Sicherheitsinteressen, vor allem der Nachbarländer, bedrohen.

2. Internationale Reaktionen und Möglichkeiten zu handeln

Während die Junta systematisch die Niederschlagung des Aufstandes betreibt, indem sie nach den Anführern der Proteste sucht, nächtliche Inhaftierungen fortsetzt und im Gegenzug als harmlos eingestufte Gefangene entlässt, ist die internationale Gemeinschaft damit beschäftigt, Wege aus der Krise zu finden. Das ist keine leichte Aufgabe angesichts der Tatsache, dass die ASEAN- und die großen Nachbarstaaten Indien und China, die mit ihrem politischen und wirtschaftlichen Gewicht am ehesten Druck auf das Militärregime ausüben können, gleichzeitig damit rechnen müssen, dass sich dadurch ihre Beziehungen zur Militärregierung verschlechtern. Sie setzen sich deshalb dafür ein, dass die Krise eingedämmt, das Land befriedet wird und hoffen, schrittweise Reformen könnten zu Stabilität in Myanmar/Burma und der Region führen.

Was sollen die Nachbarn denken?

China, Thailand und Indien haben die brutale Gewalt gegen die Demonstranten verurteilt, unterstützen Aussöhnung und Dialog sowie, zumindest verbal, die Einhaltung der Menschenrechte. Diese drei wichtigsten Wirtschaftspartner des Regimes hätten zweifellos die größten Möglichkeiten, Druck auszuüben. Entsprechend haben sie aber auch am meisten zu verlieren. Neben ihren unmittelbaren wirtschaftlichen Interessen, haben die angrenzenden Länder aber auch ein Problem im Auge, das in internationalen Berichten und Diskussionen bisher weitgehend ausgeblendet wurde: die ethnische Vielfalt, d.h. die Gefahr eines Zerfalls des Landes. Nicht nur die Militärregierung, der SPDC, hat Angst vor einer Balkanisierung Myanmar/Burmas, sondern auch seine unmittelbaren Nachbarn. China, Thailand und Indien haben heute schon in den jeweiligen Grenzgebieten zu kämpfen mit erheblichen Sicherheitsproblemen, mit Waffen,- Menschen,- und Drogenhandel, mit Prostitution, hohen Raten von HIV-Infektionen und humanitären Problemen, die durch Kampfhandlungen und Flüchtlingsströme hervorgerufen werden. Im Unterschied zu anderen Mitglieder der ASEAN wie Malaysia, Indonesien oder Singapur, die sich in der vergangenen Woche erstmalig offen und sehr kritisch gegenüber dem Regime geäußert haben, müssen die Anrainer daran interessiert sein, guten Beziehungen zu den Machthabern im Land zu pflegen.

Einige Analysten behaupten, China könne mehr bewegen als die UN. Zu große Erwartungen an die UN-Vetomacht China sind vor dem beschriebenen Hintergrund aber unrealistisch, was nicht heißt, dass die Weltgemeinschaft ihre Erwartungen an die chinesische Regierung nicht immer wieder artikulieren und Druck ausüben sollte. Aber auch Indien darf nicht aus seiner Verantwortung entlassen werden. Abgesehen von wirtschaftlichen Interessen und Fragen der Sicherheit ist Indien vor allem daran interessiert, Chinas Einfluss in Myanmar/Burma zurückzudrängen. Noch in den 1990er Jahren hatte Indien die politische Opposition offen unterstützt. George Fernandez, der ehemalige Verteidigungsminister, war dafür bekannt, dass er burmesischen Dissidenten in seinen Privaträumen Zuflucht und Arbeitsmöglichkeiten gab. Als jedoch immer offensichtlicher wurde, dass die Opposition nicht an die Macht gelangen werde, steuerte Indien um und setzte auf Dialog mit dem Regime. Vor dem Hintergrund der unmittelbaren Konkurrenz der beiden asiatischen Großmächte in Myanmar/Burma ist mit einer einseitigen Verschärfung der Gangart Chinas nicht zu rechnen.

Thailand hat die Gewalt, mit der die Proteste niedergeschlagen wurden, zwar verurteilt – und man war besonders vom Vorgehen gegen die Mönche unangenehm berührt – versteckt sich aber einstweilen hinter China.

Jüngsten, wenngleich unbestätigten Pressemitteilungen zufolge, ist aber auch Indien im Stillen um die Verbesserung der Situation in Myanmar/Burma bemüht. Mizzima News, ein in Indien angesiedelter Nachrichtenanbieter, und das indische Nachrichtenportal Merinews berichteten von Gesprächen zwischen dem Indischen Botschafter in Yangon und Aung San Suu Kyi. Das ist, sollten diese Gespräche wirklich stattgefunden haben, einerseits ein Hinweis darauf, dass die Militärregierung die Konkurrenten China und Indien gegeneinander ausspielt, aber auch Zeichen des Bemühens Indiens, sein Ansehen nicht aufs Spiel zu setzen und sich aufrichtig für Vermittlung zwischen den Konfliktparteien einzusetzen.

Weiterhin muss Druck auf China ausgeübt werden. Beispielsweise sollte man China dazu auffordern, eine seiner Verantwortung als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat entsprechende Politik zu betreiben. China sollte sich in einer konzertierten Aktion mit allen anderen Staaten zu einem Waffenembargo gegen das Militärregime verpflichten. Es waren auch chinesische T 56-Schnellfeuerwaffen, die, wie auf Fotos zu sehen, gegen Demonstrierende zum Einsatz kamen. Gleichzeitig muss anerkannt werden, dass Chinas Diplomatie dabei geholfen hat, dem UN-Sonderbeauftragten Gambari sehr schnell eine Einreisegenehmigung zu verschaffen. Auch ist es gelungen, Staatschef Than Shwe dazu zu bewegen, Gespräche mit der Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi anzubahnen. Welche Absichten Than Shwe damit verbindet (sein Angebot halten Beobachter für eine private Initiative, nicht für Regierungspolitik), sei dahingestellt. Dialog ist angesichts der Funkstille, die zwischen beiden Seiten in den letzten Jahren herrschte, ein Erfolg, an dem China einen gebührenden Anteil hat.

ASEAN

Kurz nach Laos, Kambodscha und Vietnam wurde Myanmar/Burma 1997 in die ASEAN (Assoziation Südostasiatischer Staaten) aufgenommen – eben in dem Jahr, als die Vereinigten Staaten ihre Sanktionen gegen das Regime begannen. Dieser Schritt war vornehmlich von dem Ziel geleitet, Südostasien in eine gemeinsame Handelszone und als Staatenbund in einen Block zu verwandeln, der China etwas entgegenzusetzen hat. Ein Gründungsprinzip der ASEAN war die „Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines Mitgliedsstaates“. Auch Staaten wie Thailand, Malaysia, Singapur, Indonesien und die Philippinen haben eine stark autokratisch geprägte Tradition, in der strategische wirtschaftliche Interessen vor Demokratisierung und Menschenrechten gehen. Insofern ist es im grundsätzlichen Interesse aller Mitgliedstaaten, das Prinzip der Nichteinmischung aufrechtzuerhalten. Ein Vorstoß des damaligen thailändischen Außenministers Surin Pitsuwan (1999), dieses Prinzip durch die Schaffung eines speziellen Gremiums zu durchbrechen, wurde abgewiesen.

Die Erklärung der ASEAN-Außenminister am Rande der UN-Vollversammlung, in der insbesondere der Einsatz von Schusswaffen gegen friedliche Demonstranten verurteilt wurde, brach erstmals mit diesem Prinzip.

Im November werden in Singapur die Staatschefs der zehn ASEAN-Staaten zu ihrem nächsten Gipfeltreffen zusammenkommen. Internationale Lobbygruppen und Journalisten spekulieren, Myanmar/Burma könne dann aus der Organisation ausgeschlossen werden. Es ist aber zu bezweifeln, dass die ASEAN einen solchen Schritt auch nur in Erwägung zieht. Singapurs Außenminister George Yeo wies am 10. Oktober 2007 darauf hin, ein solches Vorgehen berge die Gefahr, die Junta weiter zu isolieren und könne leicht zur Anarchie, vergleichbar mit der Situation im Irak, führen. Er verwies dabei auf eine entsprechende Warnung des Historikers Thant Myint-U (Autor von River of Lost Footsteps), Enkel des dritten UN- Generalsekretärs U Thant, der als integer gilt und keinem politischen Lager zuzuordnen ist.

Angesichts der jüngsten Entwicklungen haben Indonesien (derzeit Mitglied im UN-Sicherheitsrat), Malaysia und Singapur nicht verkennen lassen, dass ihre Geduld mit dem Militärregime am Ende ist. Der malaysische Außenminister Syed Hamid Albar äußerte sich frustriert über die Täuschungs- und Verzögerungsmanöver des Regimes, und erklärte, dass ASEAN Myanmar/Burma nicht länger verteidigen könne, wenn es im Lande keine Anzeichen für Kooperation oder Hilfe zur Selbsthilfe gäbe.

Am interessantesten ist allerdings die Reaktion aus Singapur. Der Stadtstaat pflegt enge Beziehungen zum Regime. Neben China kommt Singapur eine wesentliche Rolle dabei zu, Druck auf die Junta auszuüben. Über Singapur werden zahlreiche Finanzgeschäfte des Regimes abgewickelt – wodurch die Sanktionen des Westens ausgehebelt werden. Singapur versorgt die Militärs mit modernster Nachrichtentechnik und Waffen, seine Eliten mit Luxusgütern, verlängert durch medizinische Dienstleistungen für die Juntamitglieder deren Leben und ist mit Investitionen der staatlichen Temasek-Holding, die von der Lee-Familie kontrolliert wird, in Höhe von 150 Milliarden US-Dollar wirtschaftlich in Myanmar/Burma stark engagiert.

Am 6. Oktober hat sich Premierminister Lee Hsien Loong gegen Sanktionen ausgesprochen, da sie kontraproduktiv seien. Er schob nach, Sanktionen machten nur dann Sinn, wenn sich alle Länder daran beteiligten, die in Myanmar/Burma investierten – der Westen wie auch China. Die ASEAN allein habe nicht genügend Macht, und die Internationale Gemeinschaft müsse gemeinsam handeln. Er verwies dabei vornehmlich auf die UN.

Schon wenige Tage später jedoch schien seinem Vater Lee Kuan Yew, dem nach wie vor mächtigsten Mann im Stadtstaat (der engste Beziehungen zur Führung der Militärjunta pflegte), die Geduld ausgegangen zu sein. Er bezeichnete die Generäle als „dumm“ und äußerte am 10. Oktober 2007: „Ich glaube nicht, dass sie endlos überleben können.

Den Eliten des Stadtstaates scheint klar zu werden: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch sie als Unterstützer der Militärjunta an den Pranger gestellt werden. Singapur ist Partner der USA und mit dem Westen wirtschaftlich eng verflochten. Es wäre also denkbar, dass Singapur Druck verspürt, sich auf die Seite des Westens zu schlagen. Es ist davon auszugehen, dass die Diskussion in US- Medien über begrenzte Militäreinsätze und einen Finanzkrieg gegen die Junta, das heißt, gezielte nachrichtentechnische Angriffe auf Geldtransfers, von den Eliten in Singapur verfolgt wird.

Festzuhalten bleibt: Druck auf Myanmar/Burma kann nur dann effektiv sein, wenn entsprechende Maßnahmen zwischen allen wesentlich beteiligten Staaten gut abgestimmt werden.

Die UNO

Nach seinem Besuch in Myanmar/Burma ist der Sonderbeauftragte des Generalsekretärs Ibrahim Gambari zu Konsultationen nach Thailand, Malaysia, Indonesien, Indien, China und Japan aufgebrochen. Im Anschluss an diese Gespräche soll Gambari nach Myanmar/Burma zurückkehren, um dort weiter zu verhandeln.

Nach einigem Ringen ist eine gemeinsame Position aller 15 Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, ein Presidential Statement, verabschiedet worden. Es ist das Ergebnis eines Kompromisses, reflektiert aber Einigkeit in Kernfragen. Die Gewalt gegen friedliche Demonstranten wird bedauert oder missbilligt (das engl. „deplore“ kann beides bedeuten) und alle beteiligten Seiten werden zur Deeskalation aufgerufen. Die Forderung nach sofortiger Freilassung aller politischen Gefangenen konnte sich nicht durchsetzen und wurde ersetzt durch „die baldige Entlassung“ aus der Haft. Erwartungsgemäß hatten sich China und Russland für eine Entschärfung des Textes eingesetzt.

Erhalten blieb die Formulierung, die Regierung von Myanmar solle alle notwendigen Voraussetzungen dafür schaffen, einen ernsthaften Dialog mit Aung San Suu Kyi und allen anderen betroffenen Parteien und ethnischen Gruppen zu führen, damit ein Prozess der Aussöhnung auf den Weg gebracht werden könne. Dabei solle die UNO direkte Unterstützung leisten. Die Bemühungen der Regierung, mit der UNO zu kooperieren, und die Ernennung eines Vermittlers zwischen Aung San Suu Kyi und der Regierung wurden begrüßt.

Betont wird, dass auf Worte Taten folgen, und Gambari die Unterstützung der Regierung erhalten müsse.

Die EU

Die EU hat im Hinblick auf Myanmar/Burma vergleichsweise wenige Möglichkeiten. Durch die Sanktionen, die seit 1994 in Kraft sind, sind die wirtschaftlichen Verflechtungen vergleichsweise minimal. Klar ist, dass die Sanktionen nicht das Ziel erreicht haben, das Regime zu treffen, während die Lage der Menschen im Land sich verschlechterte. Auf Ebene der EU und der Mitgliedsstaaten wird darüber diskutiert, ob „gezielte(re) Sanktionen“ (Konten einfrieren, Visabeschränkungen) mehr Erfolg haben können, beziehungsweise ob man das Regime in seiner Wirtschaftskraft beeinträchtigen könne (keine Neuinvestitionen, Rückzug von Total). Eine stärkere Kontrolle des bestehenden Waffenembargos, auch Dritten gegenüber, wird gleichfalls erwogen (Indien verkaufte dem Regime Hubschrauber, die Bauteile aus europäischer Produktion enthielten).

Erkannt hat man, dass eine einseitige „Verschärfung“ der Sanktionen ihr Ziel verfehlen wird, wenn andere Länder nicht mitziehen. Nachzudenken ist darüber, wie auf Dritte eingewirkt werden kann, um sie zu konsequenterem Handeln zu bewegen. Eine Möglichkeit bestünde darin, Drittländer für Nachteile, die ihnen aus Sanktionen entstehen, zu kompensieren.

Auch die Nebenwirkungen von Sanktionen müssen erörtert werden. Die Arbeit humanitärer Organisationen sollte nicht mit Auflagen verbunden werden, die alles bisher Erreichte wieder zerstören. Die Erfahrungen um den Rückzug des Global Funds sind dafür ein beredtes Beispiel. Ein Diskussionspapier über eine neue Länderstrategie der EU bietet hierzu praxisnahe Anregungen. Ein zu vereinbarender Code of Conduct (Katalog von Verhaltensregeln) sollte sich an rasch ändernde Rahmenbedingungen anpassen lassen. Entwürfe für einen solchen Code of Conduct existieren.

Der Artikel 3 des aktuell gültigen Gemeinsamen Standpunktes der EU zum Umgang mit Birma sollte unbedingt erhalten bleiben oder sogar flexibler gehandhabt werden. Es wäre fatal, wenn sich die Bedingungen für Nicht-Regierungsorganisationen wieder verschlechtern wie zwischen 1994 und 2002 der Fall. Eine weltoffene Gesellschaft, Strukturen und Träger für den anstehenden gesellschaftlichen Wandel in Myanmar/Burma entstehen nicht in geistiger Isolation.

Die USA

Die USA drohten, sollte das Regime nicht umgehend seine Repressalien einstellen, mit weiteren Sanktionen. Ähnlich wie in der EU wird auch hier von strikteren Maßnahmen geredet, wobei sich die Frage aufdrängt, warum das erst jetzt geschieht.

In neokonservativen Kreisen werden begrenzte Militärschläge in Erwägung gezogen. In der Washington Post erschien am 7. Oktober 2007 ein Artikel von William Kristol, in dem es heißt: „Wie wäre es, mit – offenen oder verdeckten – begrenzten Militäreinsätzen gegen Einrichtungen des Regimes, seine militärische Führungszentrale, seinen Geheimdienst oder die ausladenden Paläste der Herrschenden vorzugehen? Hätten solche Aktionen nicht einschüchternde Wirkungen, oder könnten sie vielleicht eine Spaltung innerhalb des Militärs hervorrufen? Haben wir wirklich alles getan, um die entstehende Katastrophe abzuwehren?“ Angesichts des Desasters im Irak werden solche Überlegungen aber verhalten aufgenommen. Zum Tragen kommen könnten sie nur, sollte es dafür ausreichend Verbündete gibt. Das ist (vorerst) nicht der Fall.

Weitere Handlungsoptionen

Im Licht dieser Positionen und Interessen bleibt abzuwarten, ob ASEAN, China, Indien, Thailand und der Westen ausreichend konzertiert und konsequent Druck auf das Regime auszuüben vermögen. Dem Militärregime darf es nicht gelingen, das Prinzip des Teile und Herrsche, das es seit Jahrzehnten erfolgreich in seiner Innenpolitik anwendet, auch auf die internationalen Staatengemeinschaft zu übertragen.
Nachfolgend einige konkrete Vorschläge:

1. Minimalkonsens sollte ein überprüfbares Waffenembargo sein. Wer angesichts der ungeheuerlichen Brutalität, mit der das Militär gegen die Demonstranten und Klöster vorgegangen ist, weiter Waffen und militärische Ausrüstung an das Regime verkauft, sollte von der Weltgemeinschaft in die Verantwortung genommen werden. Die Brutalität des Militärs und die systematischen Menschenrechtsverletzungen sind nicht neu. Sie wurden in den zurückliegenden Jahren vielfältig dokumentiert, so das Vorgehen gegen ethnische Minderheiten. Auch der Waffenhandel mit den Truppen der ethnischen Minderheiten sollte unterbunden werden.

Die drei folgenden Vorschläge wurden von Awzar Thi (Pseudonym), Mitglied der Asiatischen Menschenrechtskommission, erarbeitet.

2. Das Internationale Rote Kreuz (IRK) muss wieder freien Zugang zu den Gefängnissen, zu Polizeistationen und zu inoffiziellen Gefängnissen erhalten. Tausende Menschen, darunter Mönche und minderjährige Novizen, sind in den vergangenen Tagen inhaftiert oder verschleppt worden. Folter und Misshandlungen, schlechte medizinische Versorgung und unmenschliche hygienische Bedingungen müssen unterbunden werden. Das Internationale Rote Kreuz hat ein Mandat, Büros und Personal vor Ort, um genau diese Aufgaben wahrzunehmen sowie die Ergebnisse der Regierung mitzuteilen. Seit 2005 ist dieses Mandat jedoch stark beschränkt worden. Würden die Gefängnisse für das IRK wieder geöffnet, entstünde damit auch die Möglichkeit des Dialogs zwischen Regierung und Außenwelt.

3. Humanitäre Hilfe muss gesichert bleiben und sich sogar verdoppeln. Organisationen, die bereits im Land arbeiten, müssen weiter dort arbeiten können. Wenn das Wenige, was derzeit bereits getan wird, nicht gesichert wird, besteht keine Hoffnung für neue Initiativen. Gleichzeitig muss das Engagement gerade im Gesundheits- und Bildungssektor und am Arbeitsmarkt zunehmen. Internationale Organisationen sind mit zahlreichen Problemen konfrontiert, aber sie verfügen über Personal und Know-how.

4. Die UNO muss konkrete Vorschläge für eine spezielle Monitoring-Gruppe entwickeln, die im Land operiert. Ein Sonderbeauftragter allein reicht nicht aus. Eine klare Vorstellung von den Aufgaben vor Ort ist absolut notwendig, um externe Anstrengungen nicht verpuffen zu lassen.

3. Dialog und Aussöhnung – Wege aus der Krise

UN-Resolutionen seit 1994: Drei-Parteiendialog als Grundlage der Konfliktlösung

Seit 1994 ist in verschiedenen UN-Resolutionen immer wieder darauf hingewiesen worden, dass ein Dialog zwischen allen drei Konfliktparteien notwendig ist – der Regierung, der National League for Democracy (NLD) mit Aung San Suu Kyi an der Spitze und Vertretern der verschiedenen Ethnien.

Die ethnische Dimension des Konfliktes

Ein wesentliches Problem ist es, die verschiedenen ethnischen Interessen so zu bündeln, dass diese dritte Partei mit einer Stimme spricht. Exilpolitiker haben versucht, einen solchen Konsens vorzubereiten. Der Ethnic Nationalities Council (ENC - Nationalitätenrat) steht federführend für Bemühungen , solche Interessen international abzusichern. In seiner Erklärung 10/2007 vom 6. Oktober spricht sich der Nationalitätenrat für Dialog als Mittel der Konfliktlösung aus.

Waffenstillstandsvereinbarungen aber keine Entwaffnung

Die ethnische Dimension in ihrer Komplexität und geschichtlichen Entwicklung zu erfassen, würde mehrere Bücher füllen. Sie kann hier als Konfliktdimension nur angedeutet werden.

Ein sehr kurzer Abriss zur historischen Entwicklung dieser Konfliktebene findet sich hier. Eine Karte zeigt die Vielfalt der Ethnien und ihre verschiedenen politischen Organisationen. Obwohl mit der großen Mehrzahl Vereinbarungen über einen Waffenstillstand existieren, sind nur die allerwenigsten entwaffnet worden. Sicherheit ist hier nicht nur ein Anliegen des Regimes, sondern auch der Anrainer Indien, China und Thailand – und der internationalen Gemeinschaft. Zur Vertiefung empfiehlt sich ein im August 2007 erschienener Beitrag der Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem Titel „Myanmars Waffenstillstände und die Rolle der internationalen Gemeinschaft“. Die Kernaussage dieses Berichts ist, dass der Bestand der Waffenstillstandsvereinbarungen eine wesentliche Voraussetzung für die Fortsetzung des Road-Map-Prozesses ist.

Es ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht realistisch, mit einem baldigen Beginn von Drei-Parteiengesprächen zu rechnen. Der Dialog zwischen Aung San Suu Kyi und Staatschef Than Shwe wird schwierig genug sein.

Eine Hauptkritik der Vertreter der ethnischen Minderheiten ist, dass der gerade ausgehandelte Entwurf einer neuen Verfassung den Einheitsstaat weiter stärkt, während sich die Vertreter der Ethnien mehr Autonomie im Rahmen eines föderalen Systems wünschen. Begrenzte lokale Autonomie gesteht der SPDC nur kleinen Volksgruppen (z.B. den Pao im Bundesstaat Shan) zu, nicht aber den großen Völkern (Shan, Karen, Mon, Kachin). Nachhaltiger Frieden in Myanmar/Burma kann aber nur über eine Machtteilung zwischen der Mehrheitsethnie der Burmanen und den anderen Völkern und Volksgruppen erreicht werden. Die Militärregierung besteht allerdings auf ihrer Auffassung, dass politische, kulturelle oder wirtschaftliche Autonomie das Ende der Union (eben nicht als Bund, sondern Einheitsstaat verstanden) bedeuten würde.

Aung San Suu Kyi und Than Shwe - Dialogpartner aus verschiedenen Welten

Die einst von General Aung San gegründete Armee, die gegen die Briten und später die Japanischen Besatzer für die Unabhängigkeit kämpfte, hat sich in den Augen der Völker Myanmars weiter diskreditiert.

Schaut man sich Statements der Regierungsvertreter oder Beiträge im Staatsblatt Neues Licht Myanmars an, muss man schließen, dass die Generäle in einer anderen Realität leben. Das ist einerseits Folge ihrer Isolation, verbunden mit einem Verlust an Professionalität, andererseits aber auch das Ergebnis einer permanenten Angst der Staatsangestellten. Wie in den ehemaligen Ostblockländern erreichen nur noch geschönte Berichte die Spitze. Eigeninitiative gibt es höchst selten. Hinzu kommt ein tief sitzender Nationalismus verbunden mit Misstrauen gegen jedwede externe Einmischung.

Einer für alle, alle für einen – Die Armee steht als vereinte Kraft

Noch sitzen die Generäle sicher im Sattel. Solange sie geschlossen auftreten wird es schwer sein, im Land etwas zu bewegen. An Öffnung und demokratischen Reformen hat die Armee kein Interesse. Für Risse in den Reihen der Armee gibt es so gut wie keine Anzeichen. Spekulationen dazu in der Presse konnten von Analysten bisher nicht bestätigt werden. Desertiert sind bislang nur fünf Generäle, ein Major und ein unterer Dienstgrad – das ist nicht viel.

Die einzige Hoffnung liegt darin, dass Vertreter der jüngeren Generation erkennen, dass die derzeitigen Machthaber dem Land und ihnen selbst keine Zukunft bieten. Vor diesem Hintergrund ist zu erwägen, ob es nicht sinnvoll ist, das Engagement für die Ausbildung der junge Generation in Myanmar/Burma zu verstärken – auch wenn Kinder von Militärangehörigen dabei profitieren. Unterlässt man es ganz, bleibt dieses Feld China und Russland überlassen.

Handlungsszenarien der Militärführung

Than Shwe setzt auf minimale Kompromisse und wird auf die Fortsetzung des Road-Map-Prozesses als dem einzigen Weg hin zu einer „disziplinierten Demokratie“ bestehen.

Szenario A: Die Generäle werden zunächst versuchen, mit einigen öffentlichkeitswirksamen Zugeständnissen, den status quo ante wieder herzustellen und Dialogbereitschaft nur vortäuschen. Lehnt die NLD einen (von vornherein sehr eingeschränkten) Dialog ab, haben sie Zeit gewonnen. Sie setzen weiter auf Gewalt und Terror, inszenieren Demonstrationen zu ihren Gunsten und verbreiten das altbekannte Mantra, „destruktive externe Kräfte“ seien im Land unterwegs.

Möglicherweise unterschätzen die Militärs derzeit noch den Schaden, den sie mit der brutalen Niederschlagung der Proteste, den Morden an Mönchen im Land angerichtet haben. Angesichts ihres Realitätsverlustes wäre das durchaus möglich.

Szenario B: Die Generäle könnten versuchen, mit Aung San Suu Kyi in einen Dialog zu treten – und dabei auf Zeit spielen. Eben das geschah 2000 und 2001. Die Bedingungen, die Than Shwe als Voraussetzung für einen Dialog formuliert hat (Ende der Konfrontation sowie keine Unterstützung von internationalen Sanktionen), zielen auf Gesichtsverlust und damit die Schwächung der Position von Aung San Suu Kyi.

Der eigentliche Dialog würde dann darauf abzielen, von Aung San Suu Kyi eine grundsätzliche Zustimmung zum Entwurf für die neue Verfassung und zum Road-Map-Prozess zu erhalten. Dabei könnten sich die Generäle durchaus bereit zeigen, sich auf einige Kompromisse einzulassen, aber nur auf solche, die ihre Dominanz nicht wesentlich beeinträchtigen.

Die NLD – Wahlsiegerin 1990 – zivile politische Alternative 2007?

Die NLD ist als Ergebnis jahrelanger Repression im wesentlichen zerstört worden. Die alte Führungsriege ist tot oder sehr alt. Die jüngere Generation ist entweder im Gefängnis, im Untergrund oder im Exil. Bei den jüngsten Protesten spielte die NLD nur eine marginale Rolle. Aung San Suu Kyi ist seit Jahren von der Außenwelt abgeriegelt. Keiner weiß genau, wie viele Informationen sie erhält, was sie lesen kann, um aktuellen Entwicklungen zu folgen. Die NLD ist momentan keine Kraft, die in der Lage wäre, die Regierung zu übernehmen.

Im vergangenen Jahr entstand eine neue politische Bewegung, die Gruppe der 88er Studenten (G 88). Einige der bekanntesten Führer der Studentenbewegung, unter ihnen Min Ko Naing, waren unlängst nach 12 bis 16 Jahren aus der Haft entlassen worden, konnten sich politisch aber auch nur in sehr begrenztem Maße organisieren und artikulieren. Mitte August organisierten sie die ersten Proteste gegen Preiserhöhungen in Yangon. (Zur Situation der NLD und alternativer oppositioneller Kräfte im Land).

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es keine politisch organisierte, zivile Alternative zum Militär, die im Fall eines Umsturzes die Macht übernehmen könnte.

Aung San Suu Kyi – die alte neue Hoffnungsträgerin

Aung San Suu Kyi verfügt über große moralische Autorität und wegen ihres Vaters und dem überragenden Wahlsieg ihrer Partei 1990 über erhebliches Charisma. Sie hat inzwischen in bitteren Jahren erfahren, dass nationale Aussöhnung ohne das Militär nicht möglich ist. Selbst in Kreisen der Opposition im Exil wurde in den vergangenen Jahren zunehmend offen zugegeben, dass die Geschichte hätte anders verlaufen können, wenn Aung San Suu Kyi sich nach dem Wahlsieg kompromissbereiter gezeigt hätte. Seinerzeit soll sie den Militärs auf Nachfrage, wie man mit ihnen umzugehen gedenke, geantwortet haben, dass darüber das Volk zu entscheiden habe. Das jedoch war für die Generäle ein Szenario, dem sie nur durch das Festhalten an der Macht entgehen konnten. Vor diesem Hintergrund ist auch eine Äußerung von Singapurs Außenminister George Yeo zu verstehen: „Hätten die Chilenen die Auseinandersetzung mit den Verbrechen Pinochets erzwungen, wäre ihr Übergang zur Demokratie mit einem Blutbad verbunden gewesen.“ Einige Exilgruppen riefen zur Dokumentation der jüngsten Verbrechen auf, um die Generäle später vor ein internationales Gericht stellen zu können.

Durch die jüngsten Ereignisse, vor allem durch die Signalwirkung, die der Vorbeimarsch der Mönche an ihrem Haus im ganzen Land hatte, wurde Aung San Suu Kyi zu einer Symbolfigur von fast mythischen Ausmaßen. Ihr Erscheinen am Tor, der stille Respekt den sie den vorbeiziehenden Mönchen zollte, elektrisierte die Massen im Land und überall auf der Welt. Hier handelt es sich um ein Phänomen jenseits von politikwissenschaftlicher Rationalität und Analyse.

Aung San Suu Kyi hat durch die Ereignisse der letzten Wochen als Integrationsfigur und als Symbol für die Ablehnung der Militärs durch das Volk enorm an Verhandlungsmacht gewonnen. Sie allein hat das Potential zumindest vorübergehend die Interessen nicht nur der Aufständischen, sondern aller von der SPDC-Herrschaft unterdrückten Völker auf dem Staatsterritorium der Union zu vertreten – sie ist Symbol und Prophetin für ein anderes Myanmar/Burma. Das jedoch macht sie nicht automatisch auch zu einer klugen Strategin und Taktikerin in Verhandlungen mit dem Militär. Aung San Suu Kyi hat mit drei Jahren ihr Heimatland verlassen, ist in Großbritannien aufgewachsen, hat dort studiert und mit dem britischen Tibetologen Michael Aris eine Familie gegründet. Sie spricht nicht nur perfekt Englisch, sie ist auch britisch sozialisiert und mit liberalen westlichen Werten groß geworden. In die Rolle der NLD-Führerin war sie eher zufällig gerutscht, da sie sich zum Zeitpunkt des Studentenaufstandes im Land aufhielt, um ihre schwer kranke Mutter zu pflegen. Als sich die Konfrontation zwischen Studenten und Armee zuspitzte, vermittelte sie, da ihr als Tochter Aung Sans große Achtung entgegen gebracht wurde. Das machte sie wenig später zur Führerin der politischen Opposition und forderte ihr in den zurückliegenden 20 Jahren große persönliche Opfer ab.

Nun liegen große Herausforderungen vor ihr: Durch kluges Verhandeln muss sie versuchen, das Schicksal ihres Landes und seiner Menschen zum Besseren zu wenden.

Ausblick: Sieben-Punkte-Plan / die Road Map – The Road ahead?

Angesichts fehlender Alternativen liegt im Road-Map-Prozess wohl der einzige, ein eher langwieriger, evolutionärer Weg aus der Krise.

Da das Militär darauf besteht an seinem eigenen Weg zu einer, wie sie es nennen, disziplinierten Demokratie festzuhalten, böte dieser den Rahmen für Verhandlungen mit Aung San Suu Kyi und, was die konkrete Umsetzung angeht, für Auflagen der internationalen Gemeinschaft, vermittelt durch Ibrahim Gambari. Solche Auflagen könnten kurzfristig u.a. auch ganz praktische Forderungen umfassen, wie von der Menschenrechtlerin Thi vorgeschlagen worden sind – die Zulassung des Internationalen Roten Kreuzes, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für UN- und internationale Organisationen und die Berücksichtigung der Interessen der ethnischen Gruppen. Im weiteren Verlauf der Verhandlungen wäre dann zu versuchen, den Generälen weitere Zugeständnisse für eine zukünftige Verfassung abzutrotzen.

Dieses Szenario hat aber, da die Generäle auf Zeit spielen, nur Aussicht auf Erfolg, wenn während der Verhandlungen der Spielraum von Aung San Suu Kyi durch eine begleitende Erfolgskontrolle durch die internationale Gemeinschaft nicht kleiner, sondern größer wird. Dazu gehören u.a. auch klare Ziel- und Zeitvorgaben für den Weg zu freien Wahlen, die durch konstanten und konzertierten Druck aller oben genannten Akteure eingefordert werden müssten.

Das Militär hat sich in den Augen der Menschen in den zurückliegenden Wochen so stark diskreditiert, dass Wahlen die große Chance für Aung San Suu Kyi wären, einer wiederzubelebenden National League for Democracy oder einer anderen Wahlplattform viele Stimmen zu verschaffen und die Wahlen zu gewinnen. Wenn Geschichte sich wiederholt, dann stehen die Aussichten nicht schlecht, dass im Falle freier fairer Wahlen die Union for Solidarity and Development Association, die Massenorganisation des SPDC, die zwischen 15 und 21 Millionen Mitglieder hat, sich auflöst oder stark geschwächt wird, so wie das nach dem Sturz General Ne Wins mit seiner Burmesischen Sozialistischen Programmpartei geschah.

Dem Militär könnte man seine im Rahmen der Road Map fest zugesagten 25% Sitze im Parlament für eine Übergangszeit dann durchaus zugestehen. Ein solches Angebot hätte Aung San Suu Kyi den Generälen schon vor 17 Jahren machen können. Die Geschichte wäre dann möglicherweise anders verlaufen.

Dossier

Myanmar/Burma: Der schwere Weg zur Demokratie

2007 fanden in Burma/Myanmar Demonstrationen gegen die drastische Erhöhung der Treibstoffpreise und später gegen das seit 1962 herrschende Militärregime statt. Den buddhistischen Mönchen und Nonnen schlossen sich Zehntausende von Zivilisten an, bis die Proteste von der Junta blutig niedergeschlagen wurden. Ein Dossier zu der "Safran-Revolution" und den Hintergründen.