Region Schlesien - Künstlerische Interventionen

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Vernissage in Katowice, Polen

Die deutsch-polnische Künstlerinnengruppe SilesiaTopia guckt wie durch ein Brennglas auf die mehrfach tabuisierte Geschichte Schlesiens und konfrontiert uns mit Erkenntnissen und beeindruckenden Kunstaktionen: neue Perspektiven auf die deutsch-polnischen Beziehungen.

Schlesische Utopie? Was soll, was kann das sein? Spontane Assoziationen entstehen im Kopf, immer neue Fragen tauchen auf: Wo liegt Schlesien eigentlich genau? War es nicht mal ein Teil von Deutschland? Und es macht sich ein diffuses, ungutes Gefühl breit: Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg, Kattowitz, Ausschwitz ... Im Nachkriegsdeutschland waren doch die Vertriebenenverbände für die Regionen zuständig, die mit der Neuordnung der Grenzen nach Ende des Zweiten Weltkriegs in die östliche Hemisphäre eingegliedert wurden!? Ist das nicht alles Vergangenheit? Es gab die Aussöhnung zwischen Deutschland und Polen, den Kniefall Willy Brandts am Warschauer Ghetto 1970; und außerdem sind jetzt beide Länder Mitglied der Europäischen Union! Schlesische Utopie? Künstlerische Interventionen?

Die Künstlerinnen greifen mit ihren Interventionen dieses - in beiden Ländern - tabuisierte Thema beherzt auf und konfrontieren uns mit erstaunlichen Erkenntnissen und beeindruckenden Kunstwerken. Ihr Ausgangspunkt ist die eigene deutsch-polnische bzw. polnisch-deutsche Familiengeschichte, die sich auf dem Hintergrund der Folgen des Holocausts, des Zweiten Weltkriegs und der kommunistischen Nachkriegszeit entwickelt hat. Ausgangsort ist die ehemalige Arbeitersiedlung Borsigwerk in Zabrze-Biskupice in Oberschlesien, einer Region in der Mitte Europas, die auf tragische Weise die komplexe Geschichte und das äußerst ambivalente Verhältnis zwischen den Nachbarn Polen und Deutschland wiederspiegelt. Das für Nazi-Deutschland und danach für das kommunistische Polen wirtschaftlich wichtige Schwerindustriezentrum ist heute ein Synonym für eine verarmte Region am Rand der Europäischen Union. Gleichzeitig ist Oberschlesien von einem starken Identitätsbewusstsein geprägt, das sich in einem toleranten, multikulturellen Gedächtnis ausdrückt.

Die deutsch-polnischen Künstlerinnen tauchen bei ihrer Arbeit ein in die persönliche und die offizielle Geschichte. Sie öffnen die eigenen 'Koffer' und präsentieren den Inhalt mit Sensibilität, Weitblick und Kreativität. Sie bieten Schlüssel für die 'Koffer' der anderen an - so geschehen bei den Workshops im Sommer 2013 in Zabrze. Die erste große Werkschau schloss sich in Katowice an.
 

"Es ist leicht, zu neuen Denkweisen zu kommen, wenn man viele verschiedene Lebensgeschichten gehört hat."
Vertriebsleiter von i3tex, Göteborg/Schweden, zit. nach Ariane Berthoin Antal "Wenn Schräges das Neue anstößt. Wie sich künstlerische Interventionen in Organisationen auswirken können", in: WZB Mitteilungen Heft 145/Sept. 2014, S. 9

 

Video: SilesiaTopia - Ein deutsch-polnisches Künstlerinnenprojekt

SilesiaTopia - Ein deutsch-polnisches Künstlerinnenprojekt - Heinrich-Böll-Stiftung

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Projektleiterin Karina Schönthaler Pospiech stellt das Projekt im Interview vor.

 

Fotos: SilesiaTopia - Ein deutsch-polnisches Künstlerinnenprojekt
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Mehr Informationen finden Sie auf der Website SilesiaTopia