Politische Stiftungen in Deutschland: Steuerung und Finanzierung
Der Reader "Steuerung und Finanzierung politischer Stiftungen" enthält Beiträge zweier Veranstaltungen, welche die Heinrich-Böll-Stiftung in den Jahren 2009 und 2010 zum Thema durchgeführt hat. Dabei geht es um die spezifische Rolle der parteinahen Stiftungen, ihre bildungspolitischen Aufgaben und die Grundlagen ihrer Finanzierung - sowie Möglichkeiten und Grenzen alternativer Finanzierungsformen.
Ralf Fücks, Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung
Die politischen Stiftungen sind eine sehr eigene Konstruktion. Sie sind Teil der politisch- institutionellen Ordnung der Bundesrepublik, spiegeln den Parteienpluralismus und gründen auf der Anerkennung durch die Fraktionen des Bundestags. Angesichts ihrer öffentlichen Finanzierung stellt sich die Frage nach den rechtlichen Grundlagen dieser Praxis. Bei einem jährlichen Umfang von rund 400 Millionen Euro, finanziert aus dem Bundeshaushalt, ist es naheliegend, die Stiftungsfinanzierung in einem Spezialgesetz zu regeln.
Die Heinrich-Böll-Stiftung hat wiederholt eine Initiative für ein Stiftungsfinanzierungsgesetz angeregt. Ein solches Gesetz müsste nicht nur die Kriterien für die Mittelverteilung zwischen den Stiftungen regeln, sondern würde zugleich die besondere Konstruktion der politischen Stiftungen dauerhaft rechtlich verankern. Die hier dokumentierten Veranstaltungen dienten der fachlichen Erörterung und Exploration des Themas.
Politische Stiftungen haben einen öffentlichen Auftrag: demokratische Bildungsarbeit, Förderung von politischem Engagement und Zivilcourage, Qualifizierung politischer Akteure, Nachwuchsförderung, internationale Demokratieförderung und internationaler Dialog. Sie tragen der Einsicht Rechnung, dass demokratische Überzeugungen und Haltungen in jeder Generation neu geprägt werden müssen. Gleichzeitig reflektieren sie die Vielfalt der politischen Grundströmungen der Bundesrepublik. Politische Bildungsarbeit muss sich mit den sozialen, kulturellen, politischen und technologischen Veränderungen selbst verändern, wenn sie auf der Höhe der Zeit bleiben will. Darum bemühen wir uns nach Kräften.
Von besonderem Interesse ist das spezifische Verhältnis zwischen politischen Stiftungen und Staat, das für viele Außenstehende so schwer zu enträtseln ist. Die Stiftungen übernehmen öffentliche Aufgaben, aber sie tun das in eigener Verantwortung. Ihre Staatsferne ist geradezu Bedingung für ihren Erfolg. Das gilt für die Förderung zivilgesellschaftlichen Engagements wie für ihre internationale Arbeit, bei der sich die Ausdifferenzierung zwischen diplomatischen Vertretungen und politischen Stiftungen sehr bewährt hat. Gleichzeitig sind die Stiftungen gehalten, auf Parteiferne zu achten. Sie können nur erfolgreich arbeiten, wenn sie nicht als verlängerter Arm einer Partei wahrgenommen werden. Ihre parteipolitische Orientierung bezieht sich auf ihre Grundüberzeugungen in gesellschaftspolitischen Fragen.
Die Stiftungen sind ihren Zuwendungsgebern gegenüber rechenschaftspflichtig, agieren aber gleichzeitig mit einem hohen Grad an Autonomie. Sie sind eigenständige Akteure, die keinen Weisungen unterliegen, weder vonseiten der Bundesregierung noch der Parteien. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob das gegenwärtige Haushaltsrecht und die Methoden der Kontrolle und Rechenschaftslegung noch den Grundsätzen moderner Verwaltungsführung entsprechen. Wäre eine Veränderung von haushaltsrechtlichen Vorschriften nicht angebracht, um die Eigensteuerung der Stiftungen zu verbessern, ohne ihre Rechenschaftspflicht als Zuwendungsempfänger infrage zu stellen?
Dieses Spannungsfeld zwischen staatlichem Auftrag und Autonomie möchten wir ausleuchten, auch hinsichtlich der administrativen Beziehungen zwischen uns und unseren Zuwendungsgebern. Inwiefern sind die Stiftungen ein Modellfall für Public Private Partnership und Public Management? Begriffe, die sich nicht so ganz elegant eindeutschen lassen. Und was sollte sich ändern, damit sie tatsächlich zu einem solchen Modell werden können?
Die politischen Stiftungen haben keinen Grund, sich zu beklagen. Aber dennoch sehen wir noch reichlich Raum für Verbesserungen, für mehr Flexibilität und schlankere Verfahren.
Anlass für das hier dokumentierte Symposium war der 60. Geburtstag von Dr. Birgit Laubach, Geschäftsführerin der Heinrich-Böll-Stiftung und passionierte Juristin, deren besonderes Interesse verfassungs- und stiftungsrechtlichen Fragen gilt. Wir danken allen Beteiligten für eine anregende, lebhafte Veranstaltung und hoffen, dass diese Broschüre die weitere Diskussion um die Stellung der politischen Stiftungen befördern möge.