Beispiele für Wertschöpfung in Amazonien

11. Februar 2008
Von Maria Beatriz Bley Martins Costa

Zum Dossier: Klima und Wandel in Amazonien

Von Maria Beatriz Bley Martins Costa, Planeta Orgânico

Die Welt will, mehr als je zuvor, die Herkunft der Amazonas-Produkte kennen, um sicher zu sein, dass diese aus nachhaltiger Produktion stammen und dem größten Wassereinzugsgebiet und dem größten tropischen Regenwald der Erde keinen Schaden zufügen.

Amazonien steht vor der dringenden Herausforderung, eine unkontrollierte wirtschaftliche Ausbeutung zur Versorgung des Weltmarktes zu verhindern. Um diese Herausforderung zu meistern, muss ein wirtschaftliches Paradigma geschaffen werden, bei dem der intakte Wald mehr wert ist als der abgeholzte.

Die Schaffung spezifischer Märkte für Umweltgüter und Umweltdienstleistungen ist ein relativ neues Phänomen. Obwohl sich diese Märkte noch im Anfangsstadium befinden, wird durch ihr Auftreten die fehlende Monetarisierung diese Güter und Dienstleistungen erkannt, die Folge ist eine unkontrollierte Nutzung für private Profite, die Knappheit verursacht und mit hohen sozialen Kosten verbunden ist.

Die Zertifizierung ist eine wichtige Verbündete bei der Wertsteigerung der Produkte aus Amazonien und bietet Käufern und Investoren Sicherheit.

Es ist absolut notwendig in Verbraucheraufklärung zu investieren und aus jedem Bürger einen Akteur und Verbündeten der Nachhaltigkeit zu machen. Der Kampf gegen Biopiraterie ist umso erfolgreicher je besser der Informationsstand ist. Die Biodiversität, vor allem der Pflanzen, ist von größter Bedeutung, da sie Teil des Lebenszyklus eines Ökosystems ist und von ihr die genetische Erneuerung der Pflanzen abhängt. Aber wie viele Verbraucher denken beim Kauf an die Herkunft der Produkte?

„Die Herausforderung besteht nicht allein darin, dem Konsum die Stirn zu bieten, sondern die Strukturen, die ihn unterstützen, zu verändern“ sagen die nordamerikanischen Forscher Michael Maniates, Thomas Princen und Ken Conca in ihrem Buch „Confronting Consumption“.

Diese Warnung wird von Experten des Klimawandels bestärkt. „Wir werden Probleme bekommen was die Menge und auch die Qualität der Produkte anbelangt, die wir konsumieren“, erklärt Carlos Nobre, Forscher des Nationalen Raumforschungsinstituts INPE (Instituto Nacional de Pesquisas Espaciais).

Klima und Wandel in Amazonien, die Themen dieser wichtigen Konferenz, haben direkt oder indirekt mit der Einstellung jedes Einzelnen zu tun.


Allianzen und Strategien: Zwei Beispiele

Beispiel:  ExpoSustentat

Beispiele für diverse Allianzen zwischen Brasilien und Deutschland zur Förderung der Nachhaltigkeit mit Schwerpunkt Amazonien, sind die Partnerschaft zwischen der GTZ, dem brasilianischen Umweltministerium (Ministério do Meio Ambiente) und dem Ministerium für Agrarentwicklung (Ministério de Desenvolvimento Agrário) sowie zwischen Nürnberg Global Fairs und dem brasilianischen Partner Planeta Orgânico.

2005 haben Nürnberg Global Fairs und Planeta Orgânico, die Veranstalter der BioFach América Latina (lateinamerikanische Version der BioFach, der größten Fachmesse für Bioprodukte der Welt), die ExpoSustentat ins Leben gerufen, eine Messe für nachhaltige Güter und Dienstleistungen.

Die simultane Veranstaltung von BioFach und ExpoSustentat, zwei internationale Events für Lebensmittelqualität und Nachhaltigkeit, führte zu idealen Synergieeffekten zwischen Besuchern und Ausstellern. Dieser Schauplatz weckte das Interesse von Unternehmen, die auf der Grundlage sozialer Verantwortung „Corporate Social Responsibilty (CSR)“ arbeiten und das öffentlicher Institutionen, die Politiken fördern, die Einkommensmöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen und kleinbäuerliche Landwirtschaft schaffen.

Die ExpoSustentat, die im Oktober 2008 zum dritten Mal stattfindet, möchte Ausstellern aus verschiedenen Biomen in Brasilien und anderen Ländern einen Marktplatz bieten und lokale und regionale Märkte, die sich für nachhaltige Entwicklung, Sozial- und  Umweltverantwortung einsetzen, aufwerten.

Beispiel: Die Messestände Sala Amazônia  und Sala Andes-Amazônia

Auf der ersten ExpoSustentat 2005 hatte auch die Sala Amazônia Premiere, ein Messestand, auf dem Initiativen aus verschiedenen Bundesstaaten des brasilianischen Amazonasgebietes vertreten waren und Arzneimittelpflanzen, Fisch, Bienenhonig, Honig stachelloser Bienen, Pulpen einheimischer Früchte, Pflanzenöle, Nüsse und Kunsthandwerk aus Naturfasern und Samen anboten, alles aus nachhaltiger Produktion. Es wurden über 20 Projekte, die Land- und Sammelwirtschaft („Agroextraktivismus“), Agroforstsysteme und institutionelle Stärkung im Programm haben, vorgestellt.

Die Sala Amazônia wurde 2005 eröffnet vom Staatssekretär für Nachhaltige Entwicklungspolitik im Umweltministerium, Gilney Viana, dem Staatssekretär im Ministerium für Agrarentwicklung, Humberto Oliveira und der Leiterin des GTZ-Büros in Brasilien, Doris Thurau, ein klares Beispiel für erfolgreiche Partnerschaft zwischen Brasilien und Deutschland.

Die Sala Amazônia wurde als Treffpunkt der Kulturen, Künste, Aromen und Geschmäcker eingerichtet für diejenigen, die nachhaltige Entwicklung für möglich halten und zum Gelingen von Amazonien beitragen.

Die Idee hat sich 2006 gefestigt, und 2007 hat dann die Sala Amazônia ihre Grenzen erweitert zur Sala Andes-Amazônia, die fünf Länder einschließt: Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Ecuador und Peru.

Die Sala Andes-Amazônia brachte Produkte und Dienstleistungen aus der biologischen Vielfalt von fünf Ländern, die alle BioTrade als neues Modell für nachhaltige Entwicklung herausstellen. Die Sala Andes-Amazônia wurde von folgenden Organisationen unterstützt:

  • Umweltministerium - Brasilien/ Unterprogramm Demonstrationsprojekte
  • Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GTZ
  • Organisation der Amazonas-Anrainerstaaten OCTA (Organização do Tratado de Cooperação
  • Amazônica/Coordenação Meio Ambiente)/Bereich Umwelt
  • Generalsekretariat der Andengemeinschaft CAN (Comunidade Andina/Secretaria Geral)
  • Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung UNCTAD/ BioTrade-Programm
  • Nationales Programm für Biohandel von Bolivien
  • Nationales Programm für Biohandel von Kolumbien
  • Nationales Programm für Biohandel von Ecuador
  • Nationales Programm für Biohandel von Peru

Mit der Sala Andes-Amazônia 2007 wurde eine Plattform geschaffen, durch die auch Gemeinschaften, die mit ihrer Produktion noch im Anfangs- oder Übergangsstadium sind, Zugang zu einer internationalen Messe haben.

In der Sala Andes-Amazônia 2007 waren Initiativen vertreten, die Produkte mit großem Marktpotenzial anboten, wie z.B. Quinoa, Pflanzenöle, Heilpflanzen, Naturkosmetik, vitaminreiche Früchte u.a. Leider ist es so, dass in die Forschung und Technologie dieser Produkte nicht genügend investiert wird. Hier gibt es gute Möglichkeiten für deutsche und internationale Organisationen tätig zu werden, um auf nachhaltige Weise die steigende Nachfrage nach Produkten aus Amazonien zu befriedigen.


Die Rolle deutscher und internationaler Organisationen im Hinblick auf die Nachfrage nach Produkten aus Amazonien

Etliche, leicht zu realisierende Aktionen von Organisationen und Investoren, die sich für eine nachhaltige Entwicklung einsetzen, können sehr positive Auswirkungen auf lokale Gemeinschaften haben.

  1. Investition und Erforschung der therapeutischen Eigenschaften der Flora der Region und dadurch Optimierung des traditionellen Wissens
    Traditionelles Wissen über die Nutzung der Flora kann die Forschungskosten für die  Identifizierung und Synthetisierung von Grundstoffen für Kosmetika und Medikamente um über 50% senken. Das heißt, wir sprechen von Kosten- und Zeiteinsparung bei der Erforschung aktiver Substanzen.
  2. Förderung der Herkunftsbezeichnung für Produkte aus Amazonien
    Ausgehend von einer Art oder einem Produkt soll dessen Potenzial und die soziokulturelle Beziehung einer Gemeinschaft zu diesem Produkt untersucht werden, mit dem Ziel eine Herkunftsbezeichnung und/oder geografische Identität zu entwickeln. Diese Wertsteigerung, zusammen mit einer Zertifizierung der Produktionsweise, kann einen entscheidenden Unterschied ausmachen und das Einkommen lokaler Gemeinschaften verbessern.
  3. Förderung von Ökotourismus
    Ökotourismus kann eine ausgezeichnete Geldeinnahmequelle für die Bevölkerung in Amazonien sein. Um zu vermeiden, dass unverantwortliche Abenteurer diesen Markt ausnutzen, ist eine rigorose Kontrolle notwendig. Das brasilianische Tourismusministerium setzt sich für die Ausstellung von Zertifikaten im Ökotourismus ein. Die Zertifizierung von Unternehmen ist im nationalen Tourismusplan (2007-2010) vorgesehen.
  4. Förderung der Partnerschaft zertifiziertes Holz/nachhaltiges Bauen
    Die Partnerschaft zertifiziertes Holz/Nachhaltiges Bauen schließt Designer, Vertreter von Sozial- und Umweltorganisationen, der Möbelbranche und des Baugewerbes ein. Es sind Meinungsbildner, die Informationen an die Verbraucher weitergeben, die sich auf deren Gewohnheiten im Alltag auswirken.