Ernährungssicherheit in Afrika

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Perspectives 01/2011

Hinweis: Es handelt sich hierbei um eine englischsprachige Publikation

Editorial

Laut Schätzungen der Welternährungsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen litten 2010 weltweit 925 Millionen Menschen an Unterernährung. In Subsahara-Afrika, der Region mit dem höchsten Bevölkerungs- wachstum der Welt, leiden noch immer 239 Millionen Menschen unter extremer Hungersnot – kaum vorstellbare 30 Prozent der Gesamtbevölkerung. Wenn man bedenkt, dass Armut und die Anfälligkeit für Hunger eng miteinander verknüpft sind, trifft die Ernährungsunsicherheit am drastischsten die Armen in den ländlichen Gebieten wie auch in den städtischen Zentren. Während sich der Anteil der unterernährten Menschen von Land zu Land stark unterscheidet, gleichen sich viele der aktuellen und prognostizierten Herausforderungen, was die Verfügbarkeit, den Zugang und die Angemessenheit von Nahrungsmitteln auf dem gesamten Kontinent angeht.

Eine der voraussichtlich größten Herausforderungen in Bezug auf die Ernährungssicherheit in Afrika stellt der Klimawandel dar. Aufgrund der Tatsache, dass 95 Prozent der afrikanischen Landwirtschaft mit Regen gespeist werden, ist der ohnehin fragile landwirtschaftliche Bereich extrem anfällig für den Klimawandel. Höhere Temperaturen und eine Zunahme von extremen Wetterereignissen wie Dürren und Überschwemmungen führen nach und nach zu einem Rückgang in der landwirtschaftlichen Produktion. Die Fähigkeit der afrikanischen Staaten, ihre Anfälligkeit zu verringern und die Widerstandsfähigkeit des Agrarsektors zu stärken, scheint limitiert. Die ausschlaggebenden Faktoren sind im Wesentlichen die begrenzten personellen und institutionellen Kapazitäten und der Mangel an politischer Koordination und Kohärenz.

Gleichzeitig verschärft sich der weltweite Wettlauf um das fruchtbare Land Afrikas. Nationale Regierungen und private Unternehmen aus Industrie-und Schwellenländern kaufen oder pachten weite Landstriche auf dem Kontinent, um Nutzpflanzen für Nahrungsmittel- und Treibstoffversorgung anzubauen, die für die wachsenden Anforderungen ihres eigenen Landes Sorge tragen sollen. In einigen Fällen wird das Land unter undurchsichtigen und betrügerischen Umständen erworben. Die Befürworter dieses „Landraubs“ bestehen darauf, dass die vielen Millionen Dollar ausländischer Investoren, die dabei einfließen, die lokale Infrastruktur vorantreiben, die Weitergabe von Fertigkeiten und Technologien fördern, Arbeitsplätze schaffen, die Armut verringern und dazu beitragen, die Ernährungssicherheit in den Gastländern zu gewährleisten. Aber wie die Kritiker beanstanden, sieht die Wirklichkeit oftmals anders aus: Die Lebens- grundlage von Kleinbauern wird zerstört, Zwangsumsiedlungen ländlicher Gemeinden werden nötig, schlechte Arbeitsbedingungen und Umweltzerstörung gehen damit einher.

Wenn dies weiterhin so unkontrolliert geschieht, dürften in den kommenden Jahrzehnten die unsicheren klimatischen Bedingungen, gekoppelt mit Bevölkerungswachstum, politischer Misswirtschaft und landwirt- schaftlicher Vermarktung zu extrem volatilen Nahrungsmittelpreisen führen. Die globale Nahrungsmittel- krise von 2007/08, bei der sich die Preise vieler Grundnahrungsmittel verdoppelten, führte in mehr als dreißig Ländern zu Unruhen und dazu, dass noch einmal zusätzlich hundert Millionen Menschen weltweit hungern. Dies könnte indes als bloße Warnung betrachtet werden, für das, was noch bevorsteht.

Unter Berücksichtigung der Fallstudien aus Äthiopien, Kenia, Nigeria und Südafrika, untersuchen die Autoren in dieser Ausgabe der Perspectives einige der komplexen Probleme und geben Empfehlungen ab für geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit, zur Bekämpfung von Hunger und zur Förderung nachhaltiger Konzepte für die Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen. Während durchaus eingeräumt wird, dass es viele mögliche Antworten auf diese multidimensionale Krise gibt, zeigen die hier zusammengestellten Beiträge jedoch ganz eindeutig, dass es keinen Königsweg gibt. Stattdessen erscheinen maßgeschneiderte ganzheitliche Lösungen, zugeschnitten auf die Bedürfnisse der Armen und unter Einbezug des vorhandenen Wissens und der örtlichen Gegebenheiten, zum Erfolg im Kampf gegen den Hunger in Afrika wesentlich vielversprechender.

Dr. Antonie Katharina Nord, Leitung: Büro Südliches Afrika

Jochen Luckscheiter, Programm Manager

 

Schlagworte
Produktdetails
Veröffentlichungsdatum
2011
Herausgegeben von
Heinrich-Böll-Stiftung mit BUND und Le Monde Diplomatique
Seitenzahl
32
Lizenz
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