Heinrich Bölls Beziehung zur katholischen Kirche

Sie befinden sich in "Kapitel 4: Die ersten Erfolge (1952 - 1958)".

Böll unterstützt 1957 den Protest katholischer Christen, die sich in einem offenen Brief gegen direkte und indirekte Wahlhilfe kirchlicher Verbände in der Bundesrepublik ausschließlich für eine Partei, die CDU/CSU, wenden.

Bölls Auseinandersetzung mit der katholischen Kirche, insbesondere mit ihrer vom Dritten Reich bis in die Gegenwart der Bundesrepublik aufrecht erhaltenen Rolle eines Hüters der Moral, der sich gegenüber politischer Unmoral blind stellt, wird Manifest in dem wohl bekanntesten Essay dieser Zeit, dem "Brief an einen jungen Katholiken".

Heinrich Bölls Auseinandersetzung mit der Kirche

"Die Kirche in der Bundesrepublik ist ein Unternehmen, auch im klassischen kapitalistischen Sinne. Ich möchte aber gleich hinzufügen, daß ich die Unternehmer gegen diese Bezeichnung verteidigen will - weil ein Unternehmer immerhin etwas riskiert, nicht? Der hat eine Idee, der baut eine Fabrik, der investiert Geld, und das kann schiefgehen - während die Kirche hier in der Bundesrepublik nichts riskiert. Sie ist einfach - gesetzlich verankert - an unserer Arbeit, an unserem Einkommen beteiligt.

Ich habe das öffentlich als »Zuhälterei« bezeichnet, was unsere Amtskirche nicht hindert, weiterhin bei mir die Kirchensteuer zu pfänden. Ich zahle sie nicht mehr freiwillig, ich habe die Alternative Austreten oder nicht zahlen - nicht angenommen. Ich habe einen langen Briefwechsel mit dem verstorbenen Generalvikar der Erzdiözese Köln gehabt, praktisch lief der darauf hinaus: Ja, gut, dann tritt aus. . . Diese Alternative kann ich nicht akzeptieren, weil meine Bindung an diese merkwürdige Institution, die ja nicht nur Institution ist, viele Schichten hat."

(Aus einem Interview mit Günther Nenning, 1975)

aus:
Heinrich Böll. Werke. Interviews 1. Hrsg. von Bernd Balzer
©  1977 by Verlag Kiepenheuer & Witsch Köln

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