Podiumsdiskussion "City tax for the Arts"

Lesedauer: 4 Minuten
Foto: Heinrich-Böll-Stiftung

27. September 2012

Weimar, Köln und andere deutsche Städte haben es vorgemacht: Sie haben eine Kulturförderabgabe beschlossen, die Kultur- und Bildungseinrichtungen zu Gute kommt. Offenbar ein Erfolgsmodell: Inzwischen wird die "City tax" in mehr als 90 deutschen Städten diskutiert. In Berlin steht die Steuer auf dem Fahrplan der Koalition aus SPD und CDU, kommen soll sie schon zum 1. Januar 2013. Die Pläne sehen vor, eine Abgabe auf Übernachtungen von Privattouristen zu erheben und daraus zweistellige Millionenbeträge zu erzielen.

Ob und wie die "City tax" in Berlin eingeführt werden kann, wie sie ausgestaltet werden soll, und vor allem wem sie zufließen könnte, war Gegenstand unserer Veranstaltung "City tax for the Arts" am 19. September in  Zusammenarbeit mit den Berliner Sophiensälen, unterstützt durch den Rat für die Künste Berlin. Gäste aus Politik, Kunst und Wirtschaft kamen zusammen, um über die Pläne der Koalition zu informieren und zu streiten.

Der Abend stellte den Auftakt einer öffentlichen Debatte um die "City tax" dar. In den kommenden Wochen und Monaten wird das Thema weiterhin auf der Tagesordnung stehen. Peter Laudenbach schrieb im Berliner TIP: "... Die Künstler hoffen auf einen kleinen Geldsegen aus der im Koalitionsvertrag vereinbarten Einführung einer Sondersteuer auf Hotelübernachtungen. Diese 'City tax' soll das öffentliche Angebot, das die Touristen in Berlin nutzen, mitfinanzieren (...) Bei einer Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung in den Sophiensälen signalisierten Politiker zumindest Sympathie für diese Forderungen (...)"

Im Folgenden finden Sie den Videomitschnitt zur Diskussion. Das Audiofile unter dem Video liefert einen Mitschnitt des ersten Programmpunktes des Abends - eine Einführung zum juristischen Rahmen und den Erfahrungen aus der Stadt Köln mit Jan Fröhlich (Rechtsanwalt für Medienrecht), Brigitta von Buelow (kulturpolitische Sprecherin der Grünen in Köln) und Christian Römer (Kulturreferent Heinrich-Böll-Stiftung). Unter den Mitschnitten finden Sie außerdem auch Statements der Diskussionsteilnehmer/innen.

Weitere Fakten zur "City tax" haben wir Ihnen außerdem in diesem pdf-Dokument zusammengestellt.

Statements der Diskussionsteilnehmer/innen

Frederic Verrycken, Vorsitzender des Hauptausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses (SPD): "Die City Tax ist Bestandteil der Koalitionsvereinbarung. Über viele Einzelheiten müssen wir noch reden. Was die Verwendung der Einnahmen aus der City Tax betrifft, glaube ich aber, dass die Politik mittlerweile verstanden hat, wie schwierig das Arbeiten für Künstlerinnen und Künstler in Berlin sein kann, wie empfindlich und gefährdet die Kunstszene in Berlin ist und das die Politik dort auch handeln muss."

Christian Goiny, Haushaltspolitischer Sprecher der CDU - Fraktion im Abgeordnetenhaus:" Wir haben vereinbart: die City Tax kommt, wenn sie rechtlich möglich ist. Das ist nun der Fall, nachdem das Bundesverwaltungsgericht sie für zulässig erklärt hat. Die Bedeutung der Kultur und gerade auch der Freien Szene für Berlin ist uns klar. Nötig ist jetzt ein kulturpolitisches Konzept, wofür Mehreinnahmen aus der City Tax verwendet werden sollen."

Sabine Bangert, kulturpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: "Wir treten seit über zehn Jahren für eine Kulturtaxe ein. 75% der Berlin - Besucher erklären, sie kämen wegen des kulturellen Angebotes nach Berlin. Dann ist es logisch: 75% der Einnahmen aus der City Tax gehören in den Kulturhaushalt, damit die extrem unterfinanzierte Freie Szene endlich besser gefördert werden kann."

Jochen Sandig, Radialsystem V/ Koalition der freien Szene Berlin: „Wir sollten die City Tax als Teilgabe verstehen. Die Kulturschaffenden müssen an dem teilhaben, was sie für Berlin leisten. Wir sollten gemeinsam dran arbeiten, dass das, was uns alle stark macht, für Berlin erhalten bleibt."

Christina Aue, stellvertretende Geschäftsführerin der TV Turm Alexanderplatz Gastronomiegesellschaft mbH, (Mitglied im Präsidium der IHK Berlin)
"Die City-Tax wird das Gesamtgefüge des Berlin-Tourismus empfindlich stören. Das sehr gute und damit für viele Gäste ausschlaggebende Preis-Leistungsverhältnis in Berlin auf der einen Seite führt auf der anderen Seite zu einem hohen Kostendruck in der Berliner Tourismuswirtschaft. Bereits jetzt leistet die Tourismuswirtschaft einen hohen freiwilligen Beitrag zum Berlin-Marketing: Jede unternehmenseigene Marketing-Ausgabe ist gleichzeitig auch einen Beitrag zur Berlin-Werbung, und die Hotellerie stellt visitBerlin als Öffentlich Private Partnerschaft jährlich einen Millionenbetrag zur Verfügung. Ganz entscheidend ist auch: Die Einnahmen aus der City-Tax gelangen direkt in den hochdefizitären Berliner Haushalt, und über die Verwendung wird rein politisch entschieden. Es stellt sich die wichtige Frage, ob die endgültigen Einnahmen den hohen Bürokratieaufwand sowohl bei den Hotels als auch bei der öffentlichen Verwaltung überhaupt rechtfertigen."