Christian Noll, Mitgründer und geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V.
Mit digitalen Tools kann man Energie einsparen, zum Beispiel ein Gebäude nur dann beleuchten, wenn dies nötig ist. Andererseits erzeugt alles, was wir digital machen, Wärme. Server mögen es nicht zu heiß. Um sie zu kühlen, muss die Wärme aus Rechenzentren ausgeleitet werden. Das kostet Energie. «Und die Wärme wird bisher meist einfach an die Luft abgegeben. Dabei könnte sie genutzt werden. Beispielsweise für die Beheizung von Gebäuden oder auch in der Industrie, etwa bei Trocknungsprozessen», erklärt Christian Noll. Vor etwas mehr als fünf Jahren überlegte die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. gemeinsam mit anderen Institutionen, wie wie man diese Abwärme nutzen kann. Daraus entstand Bytes2Heat, eine Plattform, die Menschen zusammenbringt: die, die ihre Server kühlen müssen und die, die klimaneutrale Wärme brauchen. «Wir hatten eine Anfrage aus einer Braunkohleregion, wo die Spargelbauern sagen: Woher kriege ich jetzt die Wärme zum Beheizen meiner Spargelfelder, wenn die Kohlekraftwerke abgeschaltet werden? Gleichzeitig baut dort ein großes Unternehmen gerade ein riesiges Rechenzentrum.» Die Plattform sei aber nicht die wichtigste Errungenschaft. Man habe mit Bytes2Heat dafür gesorgt, dass Abwärmenutzung kein «Nischenthema» mehr ist. Das sei auch für die Zukunft wichtig. «Weil wir immer mehr KI nutzen, werden die Rechenzentren wohl irgendwann 5 Prozent des Strombedarfs in Deutschland ausmachen. Und je mehr Strom da eingesetzt wird, desto mehr Abwärme entsteht – die wir dann eben auch ganz klar nutzen müssen.»
Dr. Franziska Roth, Vice President of Product, GROPYUS
«Bekanntlich hat die klassische Baubranche mit den höchsten CO₂-Ausstoß weltweit, und das vor allem durch das Verbauen von Beton.» Deshalb, sagt Franziska Roth weiter, baut GROPYUS mit Holz. Das mache das Bauen nachhaltiger und gleichzeitig skalierbar. Die Gebäude werden industriell gefertigt. «Holz ist leichter zu bestellen, zuzuschneiden und in einer Fertigungslinie zu verarbeiten.» Der gesamte Prozess ist digitalisiert, von der Planung bis zum fertigen Gebäude, inklusive dessen Betrieb. Das gebe es in der Branche bis jetzt noch nicht. Auf diese Weise kann GROPYUS laut Roth schneller und effizienter arbeiten. Obwohl Bauen mit Holz grundsätzlich teurer ist, nähere man sich unter anderem auf diese Weise dem Kostenniveau eines Betonbaus an. Ein weiterer Schritt zu mehr Nachhaltigkeit: Alle Gebäude der Firma sind Smart Homes. Dabei gehe es nicht nur um ökologische Nachhaltigkeit, indem das Gebäude so etwa weniger Strom verbraucht. GROPYUS möchte das Wohnen auch besonders benutzerfreundlich gestalten. «Wenn über Nachhaltigkeit gesprochen wird, geht es oft um Materialien und um Energieverbrauch und so weiter. Aber für uns geht es auch darum, wie Menschen in dem Gebäude wohnen.»
Robert Heinecke, CEO, Breeze Technologies
Robert Heinecke hat einige Zeit in Istanbul gelebt und gearbeitet. «Im Winter gab es dort Tage, an denen man die andere Straßenseite kaum noch sehen konnte. So dicht war der Smog.» Robert Heinecke bekam heraus, dass es in vielen Städten nur wenige Daten zur Luftqualität gab – und kaum Lösungen, um diese zu verbessern. So entstand die Idee für Breeze Technologies. Die Firma entwickelt Umweltsensorik und misst damit zum Beispiel Schadstoffe in der Luft. Sie stellt aber auch die passende Software. «Mit unserer Plattform wollen wir auch Menschen ermöglichen, die Daten zu verstehen und basierend darauf Entscheidungen zu treffen, auch wenn sie keine oder kaum Kenntnisse in diesem Bereich haben. Wenn ich etwa eine neue Geschwindigkeitsbegrenzung an der Straße ausprobiere, dann kann ich über unsere Analyse-Tools sehr leicht sehen: Ist die Luftqualität dadurch besser geworden oder schlechter?» Breeze Technologies arbeitet hauptsächlich mit dem öffentlichen Sektor zusammen, meist in kleinen und mittelgroßen Städten. «Natürlich könnten wir auch sagen, wir arbeiten nur mit Industriekunden zusammen, aber es ist ja letztendlich die Stadtverwaltung oder der Landkreis, die den größten Hebel haben, um die Situation zu verbessern.» Nicht immer sei jedoch der Wille da, das Thema anzugehen. «Ich bin da auch immer so ein Stück weit als politischer Aktivist unterwegs und versuche, den Bürgermeister oder den Gemeinderat zu überzeugen, dass es doch sinnvoll wäre, gute Luft in der eigenen Stadt zu haben.»
Franziska Tück, Head of Sustainability, Climeworks
Franziska Tück von Climeworks bringt es auf den Punkt: «Eigentlich sind wir so was wie die Müllabfuhr für die Luft.» Das Unternehmen filtert mithilfe eines Direct-Air-Capture-Verfahrens CO₂ aus der Luft. «Das funktioniert im Prinzip wie ein großer Ventilator.» Eine Anlage saugt die Luft ein, dort trifft sie auf einen Filter, welcher den CO₂-Anteil der Luft bindet. Dann wird das CO₂ über 700 Meter tief in den Untergrund gespült, wo es versteinert. Zurzeit betreibt das Unternehmen zwei Anlagen, die beide in Island stehen. Vor einigen Jahren hätten Firmen meist mit Climeworks zusammengearbeitet, um einen guten Zweck zu unterstützen, sagt Tück, doch das habe sich geändert. Denn viele Unternehmen haben sich nun verpflichtet, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt klimaneutral (net zero) zu sein. «Wenn diese sagen, bis 2050 sind wir net zero und schaffen das bis dahin nicht, dann haben sie ihre Endkunden getäuscht.» Das berge auch ein finanzielles Risiko, weil Firmen dafür juristisch belangt werden könnten. Unternehmen seien daher auf Climeworks angewiesen, um ihre Klimaziele auch wirklich umzusetzen. Im Gegensatz zu anderen Möglichkeiten des CO₂-Ausgleichs sei die Technologie des Direct-Air-Capture sehr skalierbar. «Um Bäume zu pflanzen, hat man in der Regel nur eine begrenzte Fläche. Unsere Anlage stellt man hin und lässt sie laufen, laufen, laufen...» Doch Tück macht auch deutlich, dass Climeworks nicht allein die Klimakrise stoppen kann. «Wir alle sollten unseren CO₂ Ausstoß reduzieren. Unternehmen um etwa 90 Prozent. Und das, was wir nicht reduzieren können, muss eben neutralisiert werden. Dazu braucht es alle Lösungen, naturbasierte wie technische Lösungen, um ein lebenswertes Klima und Umfeld für Mensch und Tier zu ermöglichen.»
Emanuel Heisenberg, CEO, ecoworks
Vor etwa sechs Jahren entdeckte Emanuel Heisenberg in den Niederlanden das Prinzip der seriellen Sanierung: Gebäude zu modernisieren mit Elementen, die vorher in einer Fabrik gefertigt werden. Schnell gab es Interesse von Kund*innen, doch anbieten wollte dies niemand. «Die Baufirmen haben gesagt: ‹Ja, so einen Öko-Quatsch braucht keiner.› Dann habe ich mir irgendwann gesagt: Okay, wenn keiner will, dann muss ich es eben selbst machen.» Das so entstandene Unternehmen, ecoworks, saniert energieineffiziente Gebäude und macht sie damit klimaneutral. Im Keller steht dann eine Wärmepumpe, auf dem Dach eine Fotovoltaikanlage – und das Gebäude bekommt eine zweite Hülle aus vorgefertigten Elementen. «Wir sind in unseren Projekten schon jetzt profitabler und produktiver als durchschnittliche Bauunternehmen, weil wir die Arbeit, die sonst auf der Baustelle anfällt, in der Fabrik erledigen. Außerdem übernimmt die Software viele Arbeitsschritte, für die man sonst sehr viel Personal braucht.» Während die Baubranche schrumpft, ist ecoworks so im vergangenen Jahr auf das Fünffache gewachsen. Für Heisenberg sind Ideen wie die serielle Sanierung ein wichtiger Schritt in eine nachhaltige und sozial gerechte Zukunft. «Wir müssen in den nächsten 20 Jahren nicht nur ökologischen, sondern auch bezahlbaren, attraktiven Wohnraum schaffen. Wenn wir uns da nicht von einer modernen Technologie helfen lassen, wird es katastrophale Folgen haben.»
Vincent Berger, Business Development, DeepDrive
Expert*innen wissen es: Die meisten Elektromotoren im Automobilbereich sind Radialflussinnenläufe. Das bedeutet, der äußere Teil des Motors ist fest (Stator) und der innere Teil rotiert (Rotor). Manchmal ist es auch umgekehrt. Das Besondere an den Motoren von DeepDrive: Sie haben zwei Rotoren, einen Innen- und einen Außenrotor. Das hat verschiedene Vorteile, wie Vincent Berger erklärt. «Einerseits Energieeffizienz. Wir können mit der gleichen Batteriekapazität einfach deutlich weiter fahren.» Andererseits spare man Kosten. «Wir brauchen weniger Magnetmasse beziehungsweise generell weniger Rohstoffe, um einen Antrieb mit derselben Leistung herzustellen.» Bisher hat DeepDrive eine Vielzahl an Prototypen gebaut. An die Produktion großer Stückzahlen könne man etwa am Ende des Jahrzehnts denken, sagt Berger. Mehrere große Unternehmen haben in DeepDrive investiert. Außerdem hat die Firma eine Partnerschaft mit Continental für sogenannte In-Wheel-Motoren, Motoren, welche direkt im Rad verbaut sind. «Wir können und wollen nicht alles selbst machen. So kann man da eine Symbiose schaffen zwischen der etablierten Industrie, die Vorteile hat in der Infrastruktur, und neuen Firmen wie uns, die Innovationen reinbringen.» Auch wenn der Kern eines Unternehmens wie DeepDrive auf moderner Technologie fuße, müsse man von Anfang an auch Menschen mit betriebswirtschaftlichen Kompetenzen im Team haben, um erfolgreich zu sein. «Es ist ebenso essenziell, die Finanzierung zu sichern, Businesspläne zu schreiben und Budgets zu verwalten. Eine Mischung aus dem technischen und dem wirtschaftlichen Feld ist ein ganz wichtiger Grundstein.»
Christina Focken ist freie Journalistin und lebt in Berlin. Dort studierte sie Gender Studies und Regionalstudien Asien/Afrika. Ihr Masterstudium der Global Studies führte sie außerdem nach Bangkok und Buenos Aires.
Illustrationen: Anna Gusella