Olympia in Paris: Challenge für die Banlieue

Die Pariser Spiele finden zu einem großen Teil in der Peripherie, in den Vorstädten statt. Hier erhofft man sich eine neue wirtschaftliche Dynamik, aber auch ein neues Selbstwertgefühl für Menschen, die sich selten als Gewinner*innen fühlen. 

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GPT  Foto: Eine Menschenmenge steht auf einem Platz vor dem Bahnhof Saint-Denis in Paris, umgeben von Straßenbahnschienen und Oberleitungen. Rauch steigt auf.
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Bahnhof Saint Denis

Mehr noch als in Paris selbst finden viele Wettkämpfe dieser Olympischen und Paralympischen Spiele in den nordöstlichen Vororten von Paris statt. Genauer gesagt im Département Seine-Saint-Denis. Man kennt diese Region vor allem aus den Medien als Banlieues, als „soziale Brennpunkte“. 

Viele Menschen hier fühlen sich wegen ihrer Herkunft, ihrer Religion und ihres Einkommens als Bürger*innen zweiter Klasse abgehängt. Trotz vieler städtebaulicher Maßnahmen in den letzten Jahrzehnten gibt es viel Arbeits- und Perspektivlosigkeit. Die Olympischen Spiele sollen hier positive Impulse setzen. 

Im Podcast besuchen wir Slimane Tirera, der sich jahrelang in Vereinen für diese Orte stark gemacht hat, unter anderem bei SOS Racisme. Als Grüner steht er aber auch vor einem Dilemma, denn ja, die Spiele sind ein Großevent. Dennoch überwiegen für ihn die positiven Aspekte: 

Ich erlebe, dass sich das Lebensumfeld hier verbessert. Es gibt neue Büros, neue Wohnsiedlungen, bessere Anbindung an die Stadt. Und es ist ein Symbol für die Menschen hier vor Ort. Ihr seid wichtig“. 

Die Infrastruktur soll auch nach den Spielen für die Bewohner*innen nutzbar gemacht werden, eine Schwimmhalle dort, wo bislang nur wenige schwimmen gelernt haben. 

Im Podcast geht es aber auch um Verdrängung, denn für den Bau des olympischen Dorfes mussten mehrere hundert Familien umgesiedelt werden. Die Journalistin Jade Lindgaard vom Investigativmagazin Mediapart nennt das in ihrem Buch „olympische Gewalt“ und sagt, jetzt, wo die Viertel aufgewertet werden, ist für die Alteingesessenen kein Platz mehr. 

Auch Obdachlose werden zu Hunderten aus der Stadt in andere Orte gebracht, um ein positives Bild der Stadt zu vermitteln. Inzwischen setzen sich die französischen Gewerkschaften für die Sans-Papiers ein, die kaum Schutz genießen. Sie stehen für die Spiele auf den Baustellen, in den Küchen, sie putzen, sie bedienen, sie schuften. Gewerkschaften wie die Confédération générale du Travail (CGT) wollen ihnen helfen, aber durch das neue Einwanderungsgesetz sind viele Fragen offen. 

In dieser Folge des Podcasts „Olympia in Paris: Menschen, Medaillen und Milliarden“ widmen wir uns den Chancen und Ängsten.

Jetzt die dritte Folge des Podcasts "Olympia in Paris" anhören:

Der Podcast wird präsentiert von der Wahlpariserin und Journalistin Romy Straßenburg in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung Paris.