

Redaktion: Ines Meier, Lena Luig, Inka Dewitz
Illustrationen: Ines Meier
Regierungen weltweit befinden sich in einer riskanten Abhängigkeit von schwankenden Weltmarktpreisen, da die Preisschwankungen und -anstiege bei Lebensmitteln oft durch spekulative Geschäfte und Marktdynamiken beeinflusst werden, die außerhalb ihrer Kontrolle liegen.
Diese Abhängigkeit führt zu erheblichen Unsicherheiten bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln und kann die Ernährungssicherheit gefährden, insbesondere in Zeiten von Krisen oder geopolitischen Spannungen.
Um dem entgegenzuwirken, könnten Regierungen strategisch eigene Lagerkapazitäten aufbauen. Durch den Aufbau von nationalen Vorratsspeichern hätten sie die Möglichkeit, Nahrungsmittel in Zeiten niedriger Preise aufzukaufen und bei hohen Preisen auf die Vorräte zurückzugreifen.
Öffentliche Nahrungsmittelspeicher hätten so den Vorteil, dass sie Preis- und Mengenschwankungen entgegenwirken, die globalen Märkte stabilisieren - und damit auch die Kosten für Verbraucher*innen und Erzeuger*innen. Solche öffentlichen Speicher gibt es bereits, beispielsweise in Brasilien.
Der brasilianische Staat kauft zur Stabilisierung der Preise nicht nur Mais, Reis und Weizen auf, sondern auch Erzeugnisse von bäuerlichen Betrieben. Diese werden an staatliche Einrichtungen wie das Schulspeisungsprogramm weitergegeben, das Kindern eine kostenlose warme Mahlzeit pro Tag zur Verfügung stellt.
Kleinbäuerinnen und Kleinbauern werden gesetzlich gestärkt, da staatliche Einrichtungen verpflichtet wurden, mindestens 30 Prozent ihrer Lebensmittel von ihnen zu beziehen.
Hoffnung und Mut machen aber auch die vielen zivilgesellschaftliche Initiativen, die weltweit für Ernährungssouveränität kämpfen.
Das Konzept dahinter geht auf die globale bäuerliche Organisation La Via Campesina zurück und beschreibt das Recht aller Staaten und Gemeinschaften, ihre Lebensmittel selbstbestimmt zu produzieren.
Im krisengeplagten Libanon, der rund 80 Prozent seiner Nahrungsmittel importiert, hat sich 2016 mit der Initiative Buzuruna Juzuruna (arabisch für: „Unser Saatgut, unsere Wurzeln“) die landesweit erste Farm für ökologisches Saatgut gegründet. Die Farm baut auch alte Hartweizensorten an und verarbeitet das Korn zu Mehl.
Buzuruna Juzuruna ist in einem agrarökologischen Netzwerk weit über den Libanon hinaus aktiv und bietet kostenlose Workshops an. Etwa zu Bienenhaltung, Bodenbearbeitung oder Kompostierung – und veranstaltet auch Brotfestivals mit den lokalen, traditionellen Weizensorten.
In Deutschland hat sich beispielsweise vor über zehn Jahren der Verein Die Freien Bäcker gegründet, eine unabhängige Berufsorganisation handwerklich arbeitender Bäcker*innen und Konditor*innen. Die Mitglieder des Netzwerks arbeiten ohne industrielle Backmischungen und Zusatzstoffe, nutzen alte, robuste Getreidesorten und regionale Mühlen.
Ihr Engagement für eine ökologische und bäuerliche Landwirtschaft geht dabei über ihre Backstuben hinaus: Die Freien Bäcker organisieren regelmäßig verschiedene Veranstaltungen und Workshops und setzen sich politisch für faire Rahmenbedingungen für Handwerksbetriebe ein.
Brot ist Teil unserer Geschichte und spielt, egal wohin man schaut, eine unglaublich wichtige Rolle.
Wenn Sie also das nächste Mal in der Schlange beim Bäcker stehen oder selbst ein Brot backen: Vielleicht denken Sie an die alten Ägypter, die Pariser Marktfrauen, an Buzuruna Juzuruna.
Und an das im ägyptischen Arabisch gebräuchliche Wort für Brot: „aish“. Denn das bedeutet: Leben.
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