Nachdem sich auf dem Planeten Erde der Ur-Ozean gebildet hatte, entstand im Wasser das Leben. Erst nach Milliarden Jahren der Evolution im Wasser und nur einem Hauch von Leben auf den Ur-Kontinenten bekam die Biosphäre vor rund 450 Millionen Jahren endlich richtig Boden unter die Füße. Ohne Boden und seine unschätzbar wertvollen Eigenschaften ist unser Dasein nicht denkbar.
Der Boden ist ein faszinierend artenreicher Lebensraum. Mindestens ein Viertel aller Lebewesen der Erde bewohnen Böden. Und all diese Arten von Leben sind auch notwendig, um Böden aufzubauen und zu erhalten. Evolutionär hat sich das Zusammenspiel von Pflanzen und Pilzen, Tieren und Mikroorganismen wie Einzellern, Bakterien oder Archaeen über hunderte Millionen Jahre entwickelt.
Böden bestehen meist aus Wasser und Luft, verwittertem mineralischen Ausgangsmaterial und organischer Substanz – insbesondere aus abgestorbenen Pflanzen- und Tierresten. Diese mehr oder weniger stark zersetzten, flüssigen oder festen organischen Stoffe bilden den Humus, versorgen den Boden mit wichtigen Nährstoffen und dienen als Energieträger für Bodenlebewesen. Die meisten Lebensprozesse im Boden werden über die Photosynthese der Pflanzen mit Sonnenenergie angetrieben. Der Humus – eine dunkle Substanz im Boden – ist für die Lebensprozesse zentral: Er gestaltet die Bodenqualität, indem er Wasser speichert, Nährstoffe bereitstellt und die Bodenstruktur fördert, was Pflanzen ein gesundes Wachstum ermöglicht. Humus entsteht dank größeren und kleineren Bodenbewohnern wie Regenwürmern und Mikroorganismen, die organisches Material ab- und umbauen. Das Zusammenspiel von Böden und Pflanzen ist Produkt und Grundlage des Lebens auf der Erde zugleich.
Jeder Eingriff in den Boden verändert die Struktur und Funktion der natürlichen Boden-Pflanzen-Systeme. Am radikalsten wirkt die vollständige Bodenzerstörung bei Flächenversiegelung durch Straßen- oder Gebäudebau. Die Technisierung in der Forst- und Landwirtschaft mit immer schwereren Maschinen, synthetischen Düngern, Pestiziden und die Fixierung auf Ertragssteigerungen werden seit den 1950er Jahren ausgehend von den USA und Europa in vielen Regionen der Welt politisch gefördert. Es folgen der Verlust von Bodenstruktur und Humusabbau sowie der Schwund der Biodiversität.
Seit Beginn des Ackerbaus vor etwa 12.000 Jahren haben sich Menschen damit beschäftigt, die Fruchtbarkeit ihrer Äcker zu erhalten oder sogar zu verbessern. Mist aus der Viehhaltung diente als Dünger, stickstoffbindende Pflanzen wie Linsen und Erbsen wurden angebaut, Brachejahre eingehalten oder längere Wiederbewaldungen zugelassen. Später wurden komplexe Fruchtfolgen mit großen Anteilen von Klee entwickelt. Weitere Maßnahmen zur Förderung von Biodiversität und Humusaufbau im Boden sind eine möglichst ständige Bodenbedeckung, eine an den Boden angepasste Menge von Tieren pro Fläche und eine hohe Pflanzenvielfalt.
Durch ihr Zusammenspiel sind Böden und Pflanzen ein entscheidender Faktor bei der Regulierung von Klima und Temperatur in globaler, regionaler und lokaler Dimension. Dieses Zusammenspiel beeinflusst über die organische Substanz auch die Bodenfruchtbarkeit. Böden weltweit haben bereits 50 bis 80 Prozent ihres Humusgehalts durch Ackerbau und Übernutzung verloren – und ohne Gegenmaßnahmen werden sie noch mehr verlieren. Trotzdem ist im Boden immer noch mehr Kohlenstoff gespeichert als in der gesamten oberirdischen Pflanzenmasse, also auch den Wäldern. Boden-Pflanzen-Systeme steuern zudem globale, regionale und lokale Wasserkreisläufe. Mit Blick auf den Regenwald wird oft von einer Regenmacherfunktion gesprochen. Das bedeutet, dass die Bäume durch Verdunstung den regionalen Wasserkreislauf fördern und zusätzlich durch an die Luft abgegebene Aerosole das Abregnen etwa vom Meer herkommender Feuchtigkeit verstärken. Aber nicht nur in den Tropen, auch in Deutschland beeinflusst die Gestalt des Agrarlandes mit, wie viel Regen und Tau in einer Region fällt oder ausbleibt – und wie rasch Böden und Landstriche austrocknen. Ganze Großlandschaften Deutschlands, nicht nur in Brandenburg, Niederbayern oder Niedersachsen, brauchen neue Landschaftsgestaltungen, um in Zukunft noch ackerfähig zu bleiben und der Klima- und Biodiversitätskrise zu begegnen, die unsere Lebensgrundlage bedroht.
Lebendige Böden sind Träger des Lebens auf der Erde. Viele Formen der Bodennutzung sind jedoch nicht nachhaltig. In Deutschland, Europa und der Welt wird Bodenschutz häufig vernachlässigt: Es ist an der Zeit, dass er mehr wertgeschätzt, in der Landwirtschaft priorisiert und in der Bau- und Verkehrsplanung stärker berücksichtigt wird.