Wo früher seltene Pflanzen im Moor blühten, wachsen nun Maispflanzen und Kartoffeln. Dieser Ackerbau auf entwässerten Mooren setzt jedes Jahr große Mengen an Treibhausgasen frei. Und wird trotzdem durch die EU mit viel Geld gefördert.
Moore werden in Deutschland hauptsächlich landwirtschaftlich genutzt. Der größte Anteil dient als Grünland – eine wichtige Rolle spielen aber auch Äcker. Im Jahr 2020 bedeckten sie knapp ein Fünftel aller Moorböden, vor allem in viehhaltenden Regionen in Nordwest- und Süddeutschland. Angebaut wird dort überwiegend Mais, der als Futtermittel oder zur Energiegewinnung in Biogasanlagen genutzt wird. In Nordwestdeutschland macht Mais auf diesen Standorten 40 bis 50 Prozent aus. Regional ist außerdem der Kartoffel- und Gemüseanbau relevant. Sonderkulturen wie zum Beispiel Heidelbeeren sind vor allem auf Hochmoorstandorten zu finden, weil sie auf dem dortigen sauren Boden gut gedeihen.
Damit Moorböden als Ackerfläche genutzt werden können, müssen sie besonders intensiv und dauerhaft trockengelegt werden. Diese Entwässerung setzt viele Treibhausgase frei: rund 40 Tonnen CO₂-Äquivalente pro Hektar und Jahr, vor allem in Form von Kohlenstoffdioxid (CO₂). Daneben wird Lachgas (N₂O) emittiert, das eine 300-mal so hohe Klimawirkung wie CO₂ hat. Liegen vergleichbare Wasserstände und Bodeneigenschaften vor, sind die Treibhausgasemissionen von Grünland ähnlich hoch – die bloße Umwandlung von Acker zu intensiv bewirtschaftetem Grünland ist also weniger klimafreundlich als gemeinhin angenommen. Allerdings: Grünlandnutzung erlaubt bei einer stabilen Grasnarbe höhere Wasserstände. So kann zumindest die Emission von CO₂ etwas verringert werden. Verhindert wird dadurch jedoch nicht die Torfzehrung in der oberen, noch trockenen Bodenschicht. Doch um die nationalen und internationalen Klimaziele zu erreichen, muss auch dieser Torf und der darin gespeicherte Kohlenstoff dem Boden erhalten bleiben.
Einsparen lassen sich Treibhausgasemissionen, wenn Ackerland in extensiv und feucht genutztes Grünland umgewandelt wird – in Höhe von etwa 15 Tonnen CO₂-Äquivalenten pro Hektar und Jahr. Eine vollständige Vernässung der Böden ermöglicht einen Rückgang der Emissionen bis zu 35 Tonnen. Für den Erhalt des Moorkörpers sind sommerliche Wasserstände erforderlich, die höher als 20 Zentimeter unter Flur liegen. Ackerbau und Grünlandnutzung im herkömmlichen Sinne ist dann nicht mehr möglich. Deshalb braucht es flächendeckend neue Bewirtschaftungsformen, die mit nassen Böden kompatibel sind. Eine Möglichkeit zur Nutzung nasser Moore ist Paludikultur: Auf Hochmoorböden können zum Beispiel Torfmoose als Gartenbausubstrat angebaut werden und auf Niedermoorböden Röhrichte für Bau- oder Verpackungsmaterialien.
Ackerland hat gegenüber Grünland einen höheren betriebswirtschaftlichen Wert. Das zeigt sich zum Beispiel an den Grundstückswerten: Sie liegen für Ackerland in den meisten Regionen deutlich über denen von Grünland. Dies wirkt sich auch auf die Kreditwürdigkeit landwirtschaftlicher Unternehmen aus. In einigen Regionen spielen Äcker auf Moorböden auch eine ganz besondere Rolle für die Wertschöpfung. Landwirtschaftliche Betriebe vermarkten ihre Produkte aus Moorstandorten oft ganz gezielt, zum Beispiel als „Moorkartoffeln“ – eine relevante Einkommensquelle. Die mit den EU-Fördergeldern der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) verbundenen Umweltanforderungen sind nicht auf eine Vernässung von Moorböden ausgerichtet. Dadurch fördert die EU gezielt die Aufrechterhaltung des Status quo.
Bisherige Maßnahmen zum Umweltschutz bleiben meistens wirkungslos und sind oft gar nicht auf Moorschutz ausgerichtet. Im Regelfall beziehen sie sich nur auf Einzelflächen wie zum Beispiel Blühstreifen und sind zeitlich befristet – teilweise auf nur ein Jahr. Die Vernässung von Moorböden muss jedoch dauerhaft geschehen und ganze Moorgebiete miteinbeziehen. Dies erfordert kooperative Lösungen für ganze Regionen, wofür ein Umdenken in der bisherigen Förderpraxis nötig wird.
Wie hoch der Anteil von Ackerbau an der landwirtschaftlichen Nutzung von Moorböden ist, schwankt von Region zu Region. In manchen Gegenden liegt er bei über 30 Prozent. Ein hoher Anteil, große absolute Ackerflächen auf Moorböden und eine hohe Wertschöpfung konzentrieren sich auf wenige Landkreise – in Niedersachsen zum Beispiel auf Cloppenburg und das Emsland. Entsprechend unterschiedlich je Region werden Aufwand und Kosten für nötige Wiedervernässungen ausfallen. Die Umwandlung von Ackerflächen in wiedervernässte Moore bietet jedoch auch enorme Chancen: Sie nutzt dem Klima und bietet landwirtschaftlichen Betrieben die Aussicht auf eine nachhaltige und langfristig wirtschaftlich tragfähige Nutzung. Diese Transformation ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht allein von landwirtschaftlichen Betrieben bewältigt werden kann. Sie kann nur gelingen, wenn nasse Moore, der darin gespeicherte Kohlenstoff und die unter nassen Bedingungen angebauten Produkte die nötige finanzielle Anerkennung erfahren.