Nguy Thi Khanh: Die Welt ein bisschen besser machen

Nguy Thi Khanh leitet das Green Innovation and Development Center Vietnam (GreenID) und kooperiert mit der Heinrich-Böll-Stiftung in Südostasien im Aufbau eines Netzwerkes für erneuerbare Energien. 2018 gehörte sie zu den Personen, die mit dem Goldman Environmental Prize ausgezeichnet wurden.

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Der Goldman Environmental Prize ist einer der renommiertesten Auszeichnungen für Umweltschutzaktivistinnen und -aktivisten weltweit. In diesem Jahr geht er zum ersten Mal nach Vietnam – und setzt damit international ein wichtiges Zeichen, dass der Ausbau erneuerbarer Energien im Land Fortschritte macht.

Darüber hinaus sind 2018 zum ersten Mal fünf der sechs Preistragenden Frauen, was die Schlüsselrolle unterstreicht, die Frauen im Umweltschutz spielen. Die Preisträgerinnen sind die Anti-Kernkraft-Aktivistinnen Makoma Lekalakala und Liz McDaid aus Südafrika, Nguy Thi Khanh, die sich für saubere Energie in Vietnam einsetzt, LeeAnne Walters aus den USA, die eine Kampagne für sauberes Wasser ins Leben gerufen hat, sowie die französische Meeresbiologin Claire Nouvian. Der einzige männliche Preisträger in diesem Jahr ist Manny Calonzo von den Philippinen, der Bleibelastung bekämpft.

Der Goldman Environmental Prize macht Hoffnung und die Preisverleihung gibt uns einen Abend lang ein kleine Verschnaufpause, in der wir neue Energie für all das sammeln können, was noch vor uns liegt. Die Feier erinnert uns auch daran, was wir brauchen, um unseren Planeten zu schützen.

Die Preisträgerinnen und der Preisträger in diesem Jahr verfolgen zwar alle ganz unterschiedliche Ansätze zur Lösung ökologischer Probleme. Sie stellen aber im Grundsatz sehr ähnliche Fragen und versuchen, die für ihren jeweiligen Kontext geeignete Antwort darauf zu finden: Wie können wir Luftverschmutzung stoppen? Wie können wir ein schädliches Kohlebergwerk oder eine Giftmülldeponie schließen? Wie können wir in unserer Gemeinde für sauberes Wasser sorgen und wie können wir Urwald schützen, wenn wir keine politische Macht haben? Wie können wir durchhalten, wenn die Gegner unbezwingbar erscheinen? Manchmal bedarf es nur einer Person – aus der viele werden, eine Bewegung. Der Anstoß zur Veränderung braucht nur eine Person, aber die Veränderung selbst braucht uns alle!

Diese eine Person, die in Vietnam die Veränderung angestoßen hat, ist Nguy Thi Khanh. Sie wird für ihren Kampf gegen die Ausweitung des Kohlestroms In Vietnam ausgezeichnet. Die Energiezukunft Vietnams, so Khanh, entscheidet sich hier und heute, denn jeder Vietnamesische Dong (lokale Währung), der heute investiert wird, wirkt sich jahrzehntelang aus, nicht nur auf Vietnam, sondern auf das Klima weltweit. Als sich die vietnamesische Nationalversammlung im Jahr 2016 gegen Kernkraft aussprach, erkannten Khanh und GreenID, dass Veränderung möglich ist.

Khanh ist in Bac Am, einem Dorf im nördlichen Vietnam, in unmittelbarer Nähe eines Kohlekraftwerks aufgewachsen. Luftverschmutzung und Kohlestaub kennt sie von Kindesbeinen an. Sie musste mit ansehen, wie viele Menschen aus ihrem direkten Umfeld an Krebs erkrankten – eine Erfahrung, die sie zu einer leidenschaftlichen Umweltschützerin werden ließ. Unmittelbar nach ihrem College-Abschluss hat sie für eine kleine vietnamesische NRO zum Thema Wasserschutz und Gemeindeentwicklung gearbeitet.

2011 gründete Khanh das Green Innovation and Development Centre (GreenID). Ziel der NRO ist die Förderung nachhaltiger Energieentwicklung in Vietnam, was auch die Bereiche Wasserwirtschaft, Luftreinheit und ökologische Entwicklung umfasst. Sie initiierte auch die Vietnam Sustainable Energy Alliance (VSEA), ein Netzwerk aus elf vietnamesischen und internationalen Umwelt- und sozialen Organisationen, die zu regionalen Energiethemen arbeiten. GreenID trug zur Ausarbeitung lokaler Energiepläne bei, die sowohl die Übernahme erneuerbarer Energietechnologien als auch Verschmutzungsmanagement beinhalteten.

Diese Pläne halfen Haushalten und Kommunen, die Verschmutzung von Flüssen zu mindern, Abfall in Energie umzuwandeln und neue und bezahlbare Technologien einzuführen, etwa Solarleuchten oder Wurmkompostierer. Diese Erfolge belegten, dass es sehr wohl echte, effektive und bezahlbare Alternativen zu Energie aus großen Kohle- und Wasserkraftwerken gibt.

Die positiven Veränderungen der letzten Jahre zeigen, dass viel erreicht werden kann, wenn Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Staat zusammenarbeiten. Heute stellt sich in Vietnam die Frage, wie man ein obsoletes, auf großen Kohle- und Wasserwerken basierendes Energiemodell des 20. Jahrhunderts überwinden und die günstigen und reichlich vorhandenen erneuerbaren Energien nutzen kann, die die künftige Energieunabhängigkeit Vietnams ebenso wie die Qualität von Luft, Wasser und Boden sicherstellen.

Die nächsten beiden Jahre sind eine kritische Phase für Vietnam, und die internationale Gemeinschaft spielt dabei eine wichtige Rolle. 2020 wird Vietnam seinen Energieentwicklungsplan offiziell vorstellen. Das Ziel von GreenID ist, dass der Anteil der Kohle zugunsten von sauberer Energie zurückgefahren wird, damit die Gesundheit der Menschen und die langfristige nachhaltige Entwicklung geschützt werden. Die Umweltbewegung in Vietnam fordert Regierungen und Unternehmen weltweit auf, Investition in Kohle in Vietnam zu stoppen und stattdessen dem Land zu helfen, den Weg aus einer CO2-intensiven Zukunft zu finden. Das Land bietet eine breite Palette an guten Investitionsmöglichkeiten in erneuerbare Energie und Energieeffizienz. Das ist gut für Vietnam und unerlässlich für die Welt. Wir haben keinen Planeten B – daher müssen wir die Energieerneuerung schnell auf die Gleise setzen. Für uns und unsere Kinder.

Das Team von GreenID hat sich mit vielen wichtigen Partnern getroffen und wird an den relevanten Konferenzen in Südostasien und an globalen Veranstaltungen teilnehmen. Auf regionaler Ebene hat GreenID zusammen mit dem Südostasien-Büro der Heinrich-Böll-Stiftung eine regionale Plattform für relevante zivilgesellschaftliche Partner in den ASEAN-Ländern eingerichtet, die den Erfahrungsaustausch und das gegenseitige Lernen fördert. Hauptziel dieses regionalen Netzwerkes ist der Kapazitätsaufbau, der Informationsfluss nach Vietnam und die Einbringung von Good Practices in die nationale Debatte.

GreenID wird auch weiterhin die Erfolge erneuerbarer Energietechnologien mit Partnern aus Wissenschaft und Regierung und auf internationaler und lokaler Ebene in Vietnam bekannt machen. Eine neue und langfristige Energievision, die von erneuerbaren Energien, nicht von fossilen Brennstoffen angetrieben wird, ist nur gemeinsam realisierbar.

Weitere Informationen über die wichtige Arbeit von GreenID sind dem Jahresbericht 2017 der Organisation, einem Podcast mit der Preisträgerin Nguy Thi Khanh oder dem Videomitschnitt einer Veranstaltung mit Nguy Thi Khanh zu Erneuerbaren Energien in Südostasien in der Heinrich-Böll-Stiftung im November 2017 zu entnehmen. 

Lars Blume und Do Minh Tam arbeiten für GreenID, eine vietnamesische NRO, die nachhaltige Entwicklung in Vietnam und der gesamten Mekong-Region fördert.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in Energy Transition.