Neue Perspektiven auf zivilgesellschaftliches Engagement mit der ASEAN

Bisher war der Erfolg des Engagements der ‚ASEAN-Konferenz der Zivilgesellschaft‘ und des ‚ASEAN People´s Forum‘ enttäuschend. Eine neue Strategie für regionale Integration der Menschen ist nötig, um eine Verbindung und Kooperation abseits von staatlichen Vorhaben zu ermöglichen und um eine neue Narrative sowie neue Aktionen im Kampf um sozial-ökologische Gerechtigkeit zu entwickeln.

Demonstrierende auf den Straßen von Manila
Teaser Bild Untertitel
ASEAN Civil Society Conference / ASEAN Peoplés forum: Mobilisierung auf den Straßen von Manila

Dieser Beitrag ist Teil unseres Dossiers 50 Jahre ASEAN – Welche Rolle spielt soziale und ökologische Gerechtigkeit?

Eine interne Bewertung durch die ASEAN Civil Society Conference/ASEAN Peoples' Forum (ACSC/APF, ASEAN-Konferenz der Zivilgesellschaft/ASEAN-Forum der Völker) ist zu dem Schluss gekommen, dass in den zehn Jahren von 2005 bis 2015, in denen sie sich in Sachen ASEAN engagierte, „einzelne Mitgliedstaaten der ASEAN hinsichtlich zivilgesellschaftlicher Teilhabe und Engagement durchweg Widerstand geleistet und schwache Positionen eingenommen haben.“

Das Statement der ACSC/APF von 2016 bewertete außerdem das „vorherrschende Schweigen und das Fehlen von Aufmerksamkeit für und Reaktion auf die Beobachtungen und Empfehlungen, die in sämtlichen vorigen Statements der ACSC/APF ausgesprochen wurden.“ Angesichts dieser Situation sind neue Wege und neue Formen der zivilgesellschaftlichen Auseinandersetzung mit der ASEAN dringend erforderlich.

Dieser Beitrag empfiehlt eine radikale Restrukturierung der zivilgesellschaftlichen Auseinandersetzung mit der ASEAN, um einen regionalen Integrationsprozess von Mensch zu Mensch zu organisieren, der unabhängig ist vom Staat und vom ASEAN-Modell, das Unternehmen einseitig bevorzugt.

Anliegen der zivilgesellschaftlichen Organisationen

2017 begeht die ASEAN unter dem Vorsitz der Philippinen das 5. Jahrzehnt ihres Bestehens. Seit mehr als einem Jahrzehnt fordern zivilgesellschaftliche Organisationen in der gesamten Region die ASEAN auf, Themen und Belange anzugehen, die die Bürgerinnen und Bürger Südostasiens betreffen. 

Dazu gehören Anliegen wie:

  1. Ungenügende Beteiligung der Bevölkerung an der Entscheidungsfindung der ASEAN,
  2. sich verschärfende Ungleichheiten zwischen und innerhalb von Mitgliedstaaten,
  3. schwächer werdende Demokratien und die Vorherrschaft autoritärer Regierungsformen,
  4. Defizite bei den Menschenrechten und das Fehlen von Sanktionen gegen Unrechtsregime,
  5. Dominanz einer elitezentrierten Entwicklungsstrategie und das daraus resultierende Versäumnis, inklusives Wachstum zu erzielen,
  6. Wettbewerb anstelle von Komplementarität in Handels- und Investitionsbeziehungen,
  7. Fehlen von regionaler Identität und regionaler Einheit,
  8. schwacher sozialer Schutz für die gesamte Bevölkerung einschließlich Migrantinnen und Migranten sowie
  9. anhaltende Ungleichheit zwischen den Geschlechtern.

Die ACSC/APF

Das Hauptforum für zivilgesellschaftliche Auseinandersetzung in diesen Themenbereichen mit dem ASEAN-Prozess ist die 2005 in Kuala Lumpur etablierte ASEAN Civil Society Conference/ASEAN Peoples' Forum (ACSC/APF).

Teilnehmende an der Konferenz sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, die arme Stadtbevölkerung, Fischerinnen und Fischer, Frauen, Jugendliche und Kinder, die LGBT-Community, indigene Völker, Migrantinnen und Migranten, ältere Menschen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Fachkräfte, Studierende und Menschen mit Behinderungen.

Thematischen Schwerpunkte sind so divers wie die Teilnehmenden, darunter sind unter anderem Menschenrechte, sozialer Schutz, Außenpolitiken, Handel und Investitionen, Arbeit und Migration, soziale Ungleichheit, Frieden und Sicherheit, Ernährungssouveränität, Frauen-, Gender- und LBGT-Rechte sowie Klimagerechtigkeit.

In der gesamten elfjährigen Dauer ihrer Auseinandersetzung mit der ASEAN hat sich die ACSC/APF darauf konzentriert, nationale Konsultationen und Workshops, nationale und regionale Meetings mit Counterparts in den Regierungen sowie regionale Beratungsgespräche zu organisieren.

Daraus resultierten vor allem das jährliche Statement der ACSC/APF und Alternativgipfel zum ASEAN-Gipfel. Daneben wurden Massen zu Kundgebungen mobilisiert sowie eine direkte Auseinandersetzung mit Staatsoberhäuptern gesucht.

Unter dem breiten Spektrum der großen Anliegen fielen konkrete Anliegen wie ungerechte Freihandelsabkommen, ungezügelte Landnutzungsänderungen und Landraub, verstärkte Militarisierung, Umweltverschmutzung, Feminisierung von informellen Sektoren, Fehlen einer tatsächlichen Agrarreform und einer Dekonzentration von Grund und Boden, Geschlechterungleichheit und Entmachtung von Frauen, Fehlen von Gesundheitsfürsorge für alle, schlechter Zugang zu Bildung und vieles mehr.

Ergebnisse des Engagements

Jedoch stellt sich die Frage, ob diese elf Jahre Engagement zivilgesellschaftlicher Organisationen in Sachen ASEAN fruchtbar waren. Es ist aufschlussreich, dass eine interne Überprüfung der ACSC/APF (2005-2015) zu dem Schluss kam, dass „einzelne Mitgliedstaaten der ASEAN hinsichtlich zivilgesellschaftlicher Teilhabe und Engagement durchweg Widerstand geleistet und schwache Positionen eingenommen haben“ und dass „zu erkennen ist, dass die ASEAN und die Regierungen ihrer Mitgliedstaaten sich mit dem privaten Sektor und wissenschaftlichen und Forschungs-Think-Tanks wohler fühlen als mit der Zivilgesellschaft.“ Daher wird in der Überprüfung weiter geschlussfolgert:

Hohe Erwartungen an die Teilhabe der Menschen an der ASEAN, die durch das Versprechen einer „an den Menschen orientierten ASEAN“ geweckt wurden, und die Hoffnung darauf, der etablierten Praxis des UNO-Systems ungefähr zu entsprechen, werden daher nicht erfüllt, was unter denjenigen in der Zivilgesellschaft, die sich dafür entschieden haben, sich auf verschiedenen Ebenen in Sachen ASEAN zu engagieren, zu Frustration führt. Die Zivilgesellschaft erachtet die Offenheit der ASEAN für ihre Beteiligung als ganz entscheidend. Aufgrund der Tatsache, dass kein Umfeld besteht, das die Beteiligung der Menschen befördert, wird jedoch auch wahrgenommen, dass die ASEAN sich nur auf rhetorischer Ebene darauf verpflichtet und dies nicht als Absicht betrachtet.

Das ACSC/APF 2016 Statement aus Timor Leste stellte fest, dass „die Zivilgesellschaft der ASEAN weiterhin extrem in Sorge ist über das vorherrschende Schweigen und das Fehlen von Aufmerksamkeit für und Reaktion auf die Beobachtungen und Empfehlungen, die in sämtlichen vorigen Statements der ACSC/APF ausgesprochen wurden.“

Eine Pressemitteilung der Ko-Vorsitzenden der ACSC/APF anlässlich des Abschlusses der beiden Führungsgipfel in Laos 2016 brachte „Enttäuschung über die fortgesetzte mangelnde Gelegenheit, Menschenrechtsfragen anzusprechen und sich kritisch mit [der] Regierung auszutauschen ... [und den] Mangel an Anerkennung seitens der ASEAN-Regierungen für die Zivilgesellschaft als kritischen Stakeholder“ zum Ausdruck.

Über den Tellerrand der ASEAN hinausdenken und handeln

Angesichts der enttäuschenden Ergebnisse von zehn Jahren Auseinandersetzung mit der ASEAN, in der Aktionsformen wie oben beschrieben zum Einsatz kamen, benötigen die Zivilgesellschaft im Allgemeinen und die ASEAN ACSC/APF im Besonderen für 2017 und darüber hinaus eine neue Vision.

Ein Strategieworkshop zivilgesellschaftlicher Organisationen in Kuala Lumpur im Oktober 2016, bei dem die Ergebnisse der internen Zehnjahresevaluation diskutiert wurden, betonte, dass „revolutionäre Arten und Weisen des Engagements ausgelotet und neue Modalitäten vorgeschlagen werden müssen.“

Dementsprechend muss die ACSC/APF jetzt über den Tellerrand der ASEAN hinaus denken und handeln. Sie muss Strategien für ihr Engagement entwickeln, die über bloße Behauptungen ihrer Unabhängigkeit und Autonomie gegenüber der staatlichen Agenda hinausgehen.

Sie sollte die Richtung weisen und den Prozess der Schaffung eines regionalen Integrationsmodells initiieren, das eine Alternative zum bestehenden ASEAN-Prozess anbietet und auf zwischenmenschlichen Interaktionen fußt anstatt auf zwischenstaatlichen Beziehungen oder rein marktorientierten Interaktionen.

Dies ist der Weg, die Frustration und den Unmut zu überwinden, die zivilgesellschaftliche Organisationen angesichts des Mangels an Reaktionen und Handeln seitens der ASEAN-Regierungen gegenüber Anliegen der ACSC/APF empfinden.

Prämissen und Kontext

Vor allem anderen müssen wir mehrere Prämissen verstehen, auf denen die Notwendigkeit für neue Richtungen und neue Strategien für zivilgesellschaftliche Gruppen und Bewegungen in Südostasien beruht.

Die erste liegt in der Unterscheidung zwischen Südostasien als geographischer Region und seinen Völkern, unterschiedlichen Kulturen und Geschichten einerseits und ASEAN als regionaler Organisation andererseits, die auf einen marktzentrierten und staatlich unterstützten Prozess mit einer bestimmten Entwicklungsideologie und -strategie festgelegt ist, die die Menschen marginalisiert und entmachtet.

Zweitens hat das leitende Mantra der ASEAN „Profite haben Vorrang vor den Menschen“ sowie grenzenloses Wirtschaftswachstum die Kluft zwischen Reich und Arm innerhalb und zwischen Ländern nur vergrößert und der Umwelt beispiellosen Schaden zugefügt.

Drittens, ASEANs Festhalten am westfälischen Modell des Staates aus dem 17. Jahrhundert, das absolute Souveränität und unbeschränkte territoriale Integrität herausstellt, ist im Zeitalter der Globalisierung des 21. Jahrhunderts nicht mehr relevant, in dem durchlässige Grenzen und Muster der Arbeitsmigration duale und manchmal multiple Identitäten der Völker geschaffen haben, die ethnische und kulturelle Grenzen überwinden.

Schließlich ist Südostasien viel größer als das gegenwärtige Gebiet der ASEAN. Verschiedene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben argumentiert, dass die Region weder auf die zehn ASEAN-Mitgliedstaaten noch auf die kolonial bestimmten Grenzen beschränkt werden sollen, sondern dass sie Gebiete in anderen benachbarten Ländern mit einschließen sollte, deren Völker ähnliche kulturelle und ethnische Eigenschaften aufweisen wie diejenigen, die im üblicherweise als Südostasien bezeichneten Gebiet leben.[1]

Zivilgesellschaftliche Organisationen müssen deshalb über die engen Grenzen von Nationalstaaten, Gebietsabgrenzungen und ethnischen Unterscheidungen hinaus arbeiten.

Der Weg zu einem alternativen Integrationsmodell für die Region

Als Ausgangspunkt besteht die Notwendigkeit anzuerkennen, dass die Bevölkerung und Gemeinschaften Südostasiens seit vielen Jahren und aus eigenem Antrieb alternative, heterodoxe und andere Verhaltensweisen abseits des Mainstreams praktizieren, die wirtschaftliche, politische und soziokulturelle Aspekte umfassen.

In einigen Fällen sind zwischenmenschliche Beziehungen und Netzwerke für verschiedene Zwecke etabliert worden. Im wirtschaftlichen Bereich bestehen sie aus dem Handel von Mensch zu Mensch mittels alternativer Handelsorganisationen, durch Produzentinnen- und Produzenten- und Handelskooperativen mit der Absicht, lokale Märkte wiederzubeleben und die Kooperation zwischen Bäuerinnen und Bauern einerseits und Konsumentinnen und Konsumenten andererseits zu stärken.

Diese Handelsmuster basieren auf den Prinzipien von fairem Handel und gegenseitigem Austausch und können auch in Form von Kompensationshandel, etwa Naturaltausch, stattfinden.

Auf der Produktionsseite beteiligen sich Sozialunternehmen, Produzentinnen- und Produzentenkooperativen und Gemeinschaften am Austausch von Technologien für nachhaltige Nahrungsmittelproduktion, etwa bäuerlich-ökologische Landwirtschaft, Agroökologie, Biodiversität, abfallfreie Produktion und indigene agronomische Praktiken (etwa Saatzucht und -produktion), die umwelt- und menschenfreundlich sind und gleichzeitig die Produktivität steigern.

Im Elektrizitätssektor bestehen außerdem gute Aussichten für gemeinschaftsbasierte erneuerbare Energiesysteme, etwa Solar-, Windkraft- und Biogastechnologien. Im Wohnungsbau existieren traditionelle Architekturen, die indigene Formen und lokal vorhandene Materialien einsetzen.

Zivilgesellschaftliche Organisationen im politischen Bereich

Im politischen Bereich arbeiten informelle und formelle Netzwerke zivilgesellschaftlicher Organisationen und sozialer Bewegungen seit Jahrzehnten an Umwelt-, Frauen-, Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmer- sowie Menschenrechtsthemen, an menschlicher Sicherheit und vielen anderen Anliegen.[2]

Gemeinsames politisches Engagement für die Rechte der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern und die entsprechenden Aktionen sind mithilfe von Massenmobilisationen während internationaler Versammlungen durchgeführt worden, wie auch Lobbyarbeit bei Staaten und multilateralen Organisationen. Gemeinschaften haben lokale Planungen durchgeführt und Konfliktbeilegung praktiziert.

Soziale Medien werden umfangreich genutzt. Es muss jedoch eingeräumt werden, dass diese politischen Praktiken sich noch nicht vollständig zusammengefunden und vereint haben, um eine Form regionaler Solidarität zu bilden, in denen regionale und internationale Einheit Vorrang vor nationalen Interessen haben.

Im kulturellen Bereich vernetzen sich bildende und andere Künstlerinnen und Künstler in regionalen Veranstaltungen, die den Reichtum, die Vielfalt und die historische Tiefe der kreativen Künste Südostasiens zur Geltung bringen. Bedeutendere politische und ökonomische Themen, mit denen sich zivilgesellschaftliche Gruppen beschäftigen, werden ebenfalls durch diese kulturellen Interaktionen und Vorführungen in den Mittelpunkt gestellt und vertreten.

Während die Kultur häufig hinter anderen Aspekten der Gesellschaft zurückgeblieben ist, ist sie unverzichtbar, wenn es darum geht, politischen und ökonomischen Dimensionen ein menschliches und spirituelles Gesicht zu verleihen. Aus diesem Grund sollten sie gefördert und entwickelt werden. Im sozialen Bereich bestehen Selbsthilfegruppen seit langer Zeit, und lokale Netzwerke koordinieren ihre Aktivitäten zum sozialen Schutz hinsichtlich alternativer Gesundheits- und Bildungspraktiken und teilen sie miteinander.

Die Rolle zivilgesellschaftlicher Bewegungen

Da die oben genannten Initiativen bereits wirksam sind, was wäre die Rolle der Zivilgesellschaft und von Netzwerken wie ACSC/APF, die auf sozialen Bewegungen basieren? Die Antwort auf diese Frage liegt in der Analyse, was diesen von den Menschen ausgehenden Initiativen fehlt.

Erstens sind sie noch immer weitgehend unterschiedlich und wenig miteinander verbunden. Viele lokale und nationale Gruppen wissen nicht, dass es ähnliche Entwicklungen in den benachbarten Gesellschaften gibt. Wenn sie es wissen, dann sind sie oft nicht in der Lage, mit anderen Gruppen und Programmen in Kontakt zu treten.

Regionale Solidarität basiert darauf, dass Gruppen und Aktionen in verschiedenen Ländern in der Lage sind, sich gegenseitig zu kennen, Informationen und Wissen auszutauschen, ihre Fähigkeiten und Sachkompetenz zu verbessern und zusammenzuarbeiten. Hier besteht eine Netzwerklücke, die es zu schließen gilt.

Zweitens mangelt es an Forschung, Dokumentation und fortdauernder Beobachtung dieser von den Menschen ausgehenden Initiativen. Monitoring ist wichtig, um eine Datenbank von Aktivitäten und Strategien aufzubauen, jede einzelne zu untersuchen, die besten und modellhaften Eigenschaften zu identifizieren und auf Unzulänglichkeiten und Defizite hinzuweisen.

Externe Forschungsarbeit als Unterstützung

Gründliche Recherche und akribische Dokumentation sind Fertigkeiten, denen Basisorganisationen sowie Aktivistinnen und Aktivisten weniger Aufmerksamkeit schenken. Dies ist verständlich, denn ihr Alltag ist durch Organisation, Mobilisierung und Produktion geprägt. Externe Forschungsarbeiten könnten eine Unterstützung sein, die Basisorganisationen benötigen, um ihre bahnbrechenden Aktivitäten weiterzuentwickeln und auszuweiten. Dies ist die zweite Lücke, die zu füllen ist.

Drittens werden Aktivitäten meist marginalisiert, da sie auf einen Teil der Gesellschaft beschränkt sind, manche werden deswegen sogar als elitär bezeichnet. Bestenfalls bleiben sie dadurch in der Pilotphase, und es bestehen kaum Bemühungen, sie auszuweiten und auf das nächste Level zu bringen. Irgendwann beenden aufgrund des Widerstands manche ihre Tätigkeit.

Daher gilt es, innovative Aktionen zu unterstützen und in den Mainstream zu bringen, orthodoxe Methoden der Produktion, des Marketings und des Vertriebs herauszufordern. Dies erfordert, dass Basisorganisationen, lokale Gemeinschaften, zivilgesellschaftliche Gruppen und soziale Bewegungen in massiven Informations- und Interessenvertretungskampagnen zusammenkommen und zusammenarbeiten. Dies ist die dritte Lücke, die es zu füllen gilt.

Viertens, und wahrscheinlich am allerwichtigsten, müssen Prozesse verstanden werden. Von den Menschen ausgehende Aktivitäten bilden einen reichen Schatz an empirischem Datenmaterial, das zusammengefasst und analysiert werden sollte, um daraus schließlich Narrative und Handlungsanleitungen zu entwickeln.

Es handelt sich hierbei um einen reflexiven Prozess, der kontinuierlich ist. Genau wie menschliche Aktionen sich ständig fortentwickeln und verändern und neue Praktiken entstehen, so müssen sich auch unsere Konzepte, Perspektiven und Philosophien verändern und weiterentwickeln. Dies ist die vierte und wichtigste Lücke, die zu füllen ist.

Ein alternatives Modell der regionalen Integration bauen

Wenn die ACSC/APF ein alternatives Modell der regionalen Integration aufbaut, sollte sie eine prominente Rolle dabei spielen, diese vier Lücken zu füllen, wie auch andere, die sich möglicherweise auftun und regionale Intervention benötigen. Dabei solte sie ein alternatives Modell der regionalen Integration und der zivilen Solidarität anbieten, das Grenzen und Nationalitäten überwindet. Die ACSC/APF kann dies erreichen, indem sie die folgenden Aktivitäten unternimmt:

  1. Koordination der Interaktion zwischen alternativen Aktivitäten und Strategien;
  2. Veranstaltung und Organisation von Konferenzen und Workshops mit denjenigen Gruppen und Gemeinschaften, die in alternative Aktionsformen involviert sind;
  3. Recherche und Dokumentation der Aktionen und Aufbau einer Datenbank;
  4. Durchführung alternativer Lern- und Trainingsprogramme, die die Bedürfnisse der Basisorganisationen berücksichtigen;
  5. Konzeptualisierung der Aktivitäten und Herausbildung eines Verständnisses für sie; Entwicklung neuer Entwicklungsstrategien und -paradigmen;
  6. Mobilisierung sämtlicher alternativer Strategien, regionaler Interaktionen und der Gemeinschaften sowie Organisation gemeinsamer Aktionen und Initiativen;
  7. Förderung der Nachahmung neuer Aktionsformen, um sie zum Mainstream zu machen;
  8. Schaffung eines regionalen Mechanismus auf der Ebene der Zivilgesellschaft, die auf Interaktionen und kooperativen Aktivitäten zwischen diesen alternativen Ideen basiert; sowie
  9. Schaffung alternativer regionaler Strukturen, die dezentralisiert und kreativ sind, wobei verschiedene Aufgaben und Verantwortlichkeiten in der gesamten Region verteilt sind und regelmäßig rotieren.

Die oben beschriebene Strategie für eine regionale Integration von Mensch zu Mensch schließt nicht aus, dass man sich wie zuvor mit dem offiziellen ASEAN-Prozess auseinandersetzt. Diese traditionelle Form kann fortgeführt werden, um Konzessionen bei bestimmten Themen und Belangen zu erreichen und um reformorientierte Staatsbedienstete zu unterstützen.

Sie wird jedoch nicht länger der Hauptschwerpunkt der ACSC/APF sein, die stattdessen die Mitglieder ihres regionalen Netzwerks nutzen wird, um auf eine neue Integration der südostasiatischen Zivilgesellschaft von Grund auf hinzuarbeiten. 

Fazit

Aus der Erfahrung von elf Jahren der Auseinandersetzung mit dem offiziellen ASEAN-Prozess haben zivilgesellschaftliche Bewegungen in Südostasien wertvolle Lektionen gelernt, die ihre zukünftige Entwicklung leiten sollten. Enttäuschung, Zurückweisung und Desillusionierung sollten jetzt der Vergangenheit angehören und unter Erfahrung verbucht werden. Die wirkliche Herausforderung, mit der die ACSC/APF heute konfrontiert ist, kommt von außen, von jenseits des etablierten ASEAN-Prozesses. 

Die ACSC/APF muss ihre Verbindungen und Verknüpfungen mit Basisinitiativen stabilisieren und festigen, und auch mit den kreativen Aktionsformen echter Menschen, die um ein besseres und würdevolleres Leben für ihre Familien und Gemeinschaften kämpfen.

Dies wird sich zugegebenermaßen als langer und schwieriger Prozess erweisen, der nur im Laufe vieler Jahre harter Arbeit und Engagement umgesetzt werden kann. Es gibt jedoch keine Alternative. Die ACSC/APF muss diese Herausforderung annehmen, andernfalls wird sie weiter in den alten Handlungsweisen feststecken, die sich als unwirksam und kontraproduktiv erwiesen haben.

 

[1] Dies bezieht sich auf die acht nordostindischen Staaten Arunachal Pradesh, Assam, Manipur, Meghalaya, Mizoram, Nagaland, Sikkim und Tripura und auf die südwestchinesischen Provinzen Yunnan, Guizhou, Guangxi sowie Teile von Sichuan.

[2] Im Einzelnen handelt es sich um Freihandelsabkommen, Landnutzungsänderungen und Landraub, Militarisierung, Umweltverschmutzung, Klimawandel, Katastrophen, Migration, Feminisierung des informellen Sektors, die Kluft zwischen hoch- und niedrigqualifizierten Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten, interne Konflikte und Vertreibung, tatsächliche Agrarreform, Ernährungssouveränität, Agroökologie, Vernachlässigung der Landwirtschaft, Geschlechtergleichheit und Empowerment von Frauen, Gesundheitsfürsorge für alle, Zugang zu Bildung, Themen rund um Wasser und Macht, Homophobie und Frauenfeindlichkeit, Menschenhandel, der informelle Sektor etc.