Tobias Albrecht, Johann Wolfgang Goethe-Universität - Frankfurt/Main

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Grundzüge einer politischen kritischen Theorie nach Arendt und Adorno

Die Texte von Hannah Arendt und Theodor W. Adorno gelten in der Politischen Theorie und Sozialphilosophie als moderne Klassiker. Sie sind Klassiker weil sie wie kaum andere das sozialwissenschaftliche Denken des 20. Jahrhunderts geprägt haben. Zu modernen Klassikern macht sie, dass die Relevanz ihres Denkens auch Anfang des 21. Jahrhunderts unbestritten ist. So werden beide auch momentan wieder fortwährenden Neulektüren unterzogen und für aktuelle gesellschaftliche und politische Fragen fruchtbar gemacht. Obwohl die jeweilige Aktualität der beiden Zeitgenossen im Einzelnen geradezu beschworen wird, werden sie allerdings nie gemeinsam rezipiert. Mehr noch: Die Rezeptionsgeschichte kennzeichnet bis heute eine merkwürdige Dichotomie. Autor_innen berufen sich entweder auf die kritische Theorie Adornos oder auf Arendts politischen Republikanismus.

In meinem Dissertationsprojekt möchte ich diese Dichotomie aufbrechen. Ich möchte versuchen die kritische Theorie Adornos und das politische Denken Arendts miteinander ins Gespräch zu bringen und für die politische Theorie fruchtbar zu machen. Dabei verfolge ich ein rekonstruktives und ein systematisches Ziel. Die rekonstruktive These, die besonders im ersten Teil der Arbeit verfolgt wird, besteht in dem Nachweis, dass es – den unterschiedlichen Theoriesprachen zum Trotz – im Denken Arendts und Adornos zahlreiche Ähnlichkeiten gibt, die die Forschung bisher übersehen hat. Das systematische Ziel der Arbeit ist es die bleibenden Divergenzen in ein produktives Ergänzungsverhältnis zueinander zu bringen. Ich schlage vor, um eine in der Arendt-Forschung beliebte Formulierung abzuwandeln, mit Arendt gegen Adorno und mit Adorno gegen Arendt zu denken. Dieses geschieht vor allem im zweiten Teil der Arbeit; wird aber durch die im ersten Teil geleistete ‚Übersetzungsleistung’ vorbereitet. Ich glaube, dass gerade in einer solchen kritischen Vermittlung die gesellschaftspolitische Aktualität der beiden Autor_innen liegt. Gerade in Zeiten einer fortschreitend globaler werdenden Welt bedarf es eines theoretischen Vokabulars, das die in der Politischen Theorie bisher vorherrschende Alternative von Universalismus und Partikularismus unterläuft. Im Anschluss an Arendt und Adorno, so meine These, lassen sich die Grundzüge dessen entwickeln, was Lars Rensmann und Samir Gandesha einmal einen „difference-sensitive universalism“ genannt haben.