Transportphänomene in amorph-kristallinen Hetero-Solarzellen
Das Konzept der Silicium-Hetero-Solarzelle ist industriell etabliert und wird bereits seit einigen Jahren mir hoher Effizienz der Zellen umgesetzt. Der Hersteller Panasonic erreicht mit dem HIT-Konzept (engl. hetero junction with intrinsic thin layer) Wirkungsgrade über 24%. Im Gegensatz zu anderen Zellkonzepten, wie beispielsweise dem von Sunpower mit deutlich mehr Fertigungsaufwand umgesetzte Konzept (>24%, FF>82%), erreichte Sanyo nur einen Füllfaktor von 79%. Mittlerweile hat Sanyo diesen Wert auf 83,2% gesteigert, allerdings ohne den wissenschaftlichen Hintergrund zu erklären.
In der wissenschaftlichen Gemeinschaft sind die Ursachen wie der Transport über die Heterokontakte, als auch der Mechanismus der Passivierung, nicht vollständig verstanden. Dies ist der Ausgangspunkt dieser Arbeit: Die physikalischen Grundlagen der Transportphänomene dieses bewährten Zellkonzepts sollen besser verstanden werden und die Herstellung von Solarzellen mit –zumindest was den Füllfaktor anbelangt- leistungsfähigeren Solarzellen ermöglichen. Hierzu sollen die für den Kontakt relevanten Einflussfaktoren herausgearbeitet werden, um die Anwendung besser geeigneter oder kostengünstiger Materialen bewerten zu können.
Hierfür sollen drei Aspekte untersucht werden: Der Transport über den Kontakt zwischen amorphem Silicium und transparenten leitfähigen Oxids (TCO), der Transport über das TCO, sowie die metallische Kontaktierung.
Der Kontakt zwischen dem p-dotierten amorphen Silicium (a-Si:H) und dem TCO verringert den Füllfaktor, da er aufgrund nicht angepasster Austrittsarbeit einen Schottky-Kontakt darstellt.
Am Institut besteht die Möglichkeit, die Austrittsarbeit mittels einer Kelvin-Sonde in situ zu messen, ohne dass es dabei durch die Umgebungsluft zu Veränderung der Probe kommt. Die direkt gemessenen Werte für die Austrittsarbeit sollen mit Teststrukturen verglichen werden. Denn wird das TCO auf das a-Si:H abgeschieden, kann sich der Kontakt durch zusätzlich auftretende Grenzflächen-Dipole oder Fermilevel-Pinning beeinflussen. Erstmalige in situ Messung im Vergleich mit den Teststrukturen sollen über diese Phänomene Aufschluss geben. Darüber hinaus sollen verschiedene TCOs aus einem anderen Bereich des Instituts untersucht werden, um Lösungswege für dieses Problem aufzuzeigen. Bei aktuellen Untersuchungen konnte bereits gezeigt werden, dass unterschiedliche TCOs den Kontakt zu a-Si:H verändern können. In diesem Zusammenhang soll die Frage beantwortet werden, ob die Austrittsarbeit des TCOs eine Rolle bei der Kontaktbildung spielt. Hierzu werden alternative TCOs mit niedrigerer Austrittsarbeit als ITO, in unserem Fall AZO, und mit höherer Austrittsarbeit, WOx, verglichen.
Aufgrund der geringen Leitfähigkeit des amorphen Siliciums findet der Transport im Absorber in der Hetero-Silicium-Solarzelle (HSSZ) wie eingangs erwähnt im Wesentlichen in einer Dimension statt. Neben der Kontaktierung des dotierten a-Si:H muss das TCO somit auch den lateralen Transport zu den lokalen metallischen Kontakten auf der beleuchteten Seite der Solarzelle bereit stellen.). Das TCO muss den Strom möglichst verlustfrei transportieren und gleichzeitig möglichst viel Licht in die Zelle eindringen lassen. Bisher wurde noch nicht untersucht, welchen Einfluss der Wasserstoff aus der amorphen Siliciumschicht (a-Si:H) auf die darüberliegende TCO-Schicht aus Indium-Zinn-Oxid (ITO) oder Aluminium-Zink-Oxid (AZO) haben kann. Bekannt ist sowohl, dass der Wasserstoff bei einer Temperaturbehandlung aus der a-Si:H-Schicht entweicht, als auch, dass der Wasserstoff in TCOs als Donator fungieren kann. Dieses Zusammenspiel wird aktuell untersucht.
Der letzte angesprochen Punkt ist die metallische Kontaktierung. Aufgrund des angesprochenen Zielkonflikts des TCO zwischen Transparenz und Leitfähigkeit wird der Strom nur über wenige Millimeter im TCO transportiert und von metallischen Kontakten abgegriffen. Der industrielle Hersteller Panasonic realisiert diese durch den Druck einer silberhaltigen Paste durch ein Sieb. Dies ist sowohl in der Photovoltaik-Industrie als auch bei den Mikroelektronik- oder Displayherstellern das verbreitete Verfahren. In ersteren kann diese Paste jedoch bei hohen Temperaturen gefeuert werden und bei letzteren ist die Leitfähigkeit nicht so zentral als in der Photovoltaik. Um jedoch die Halbleiterschichten der Heterosolarzelle in ihrer Funktion nicht einzuschränken, kann diese Paste nur bei Temperaturen unter 300°C von den Additiven für den Druck befreit werden, was eine geringere Leitfähigkeit und einen geringeren Füllfaktor zur Folge hat. An unserem Forschungsinstitut metallisieren wir HSSZ deshalb durch thermisches Aufdampfen. Im Rahmen dieser Arbeit soll in Zusammenarbeit mit der Gruppe der Metallisierung darüber hinaus industrierelevante Verfahren untersucht werden. Ein wichtiger Punkt hierfür ist das Entwickeln eines ätzstabilen TCOs, welches sich in den Elektrolytbädern der Galvanik nicht auflöst. Unter den mehr als 10 zur Verfügung stehenden TCOs des oben angesprochenen Nachbarbereichs sollen hierfür geeignete Vertreter identifiziert werden und galvanische Metallisierungsverfahren erfolgreich angewandt werden.
Wie oben angesprochen können die Eigenschaften der Metallisierung bei gegebenem Temperaturbudget verbessert werden. Andererseits könnte auch das Temperaturbudget erhöht werden. Durch das Einlegieren von Sauerstoff wird erwartet, dass bei Temperaturbehandlung die amorphe Schicht erst bei höheren Temperaturen kristallisiert und erst dann die passivierenden Eigenschaften verliert. Außerdem erhöht sich die optische Bandlücke, was zu einer Verbesserung der Transparenz und damit zu einem erhöhten Strom führt. Da die Leitfähigkeit beim Legieren mit Sauerstoff jedoch abnimmt, darf der Sauerstoffanteil nicht zu groß sein, um nicht zu einem Einbruch des Füllfaktors zu führen. Dieser Zielkonflikt soll experimentell untersucht werden.
Wie oben dargelegt, sollen im Rahmen der Dissertation die physikalischen Hintergründe der Transportphänomene in HSSZ verstanden werden. Verschiedene Faktoren, welche eine technologische Verbesserung insbesondere des Füllfaktors versprechen, wurden identifiziert.
Methodisch sollen diese Fragestellungen experimentell (durch Herstellung und Charakterisierung) untersucht, als auch durch Simulation unterstützt werden. Hierfür stehen die Labore und die Expertise des Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme zur Verfügung.