„Grundlage vernünftiger Politik ist der Wille des Volks und dass man unterschiedliche Sichtweisen zulässt“

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Wahid Omar war Sprecher des afghanischen Präsidenten. Geboren wurde der Fachmann für Übergangsjustiz in Kabul. Wie seine berufliche Spezialisierung zeigt, interessiert er sich für Neues. Im Gespräch wirkt Omar wie ein junger, aufgeschlossener Mann, der in Sachen Politik auf dem neuesten Stand ist, weiß was er will und sich dafür engagiert. Seine gesellschaftliche und politische Betätigung zeigt klar, warum er etwas erreichen will. Die wöchentlich erscheinende Zeitschrift Rah-e Madaniyat interviewte Wahid Omar für ihre Serie über „junge Politiker“. Im Folgenden die Übersetzung des Gesprächs.

Wahid Omar, als was für eine Art von Mensch würden sie sich beschreiben?

Ich bin ein einfacher Mann, jemand der fest daran glaubt, dass Afghanistan eines Tages ein stabiles Land sein wird. Mein größtes Ziel ist es, zur Entwicklung Afghanistans beizutragen, damit wir in einem Land leben, das der kommenden Generation ein demokratisches, religiös gemäßigtes Umfeld bietet.

Wo wurden Sie geboren?

Geboren bin ich in Kabul. Meinem Vater lag sehr daran, dass wir Kinder eine gute Ausbildung bekommen, weshalb ich und meine Geschwister lange die Schule besuchen konnten. Meine Familie ist groß – zusammen sind wir 13 Schwestern und Brüder. Davon bin ich der einzige, der sich in Politik und Zivilgesellschaft engagiert. Meine Schwestern und Brüder sind vollauf mit ihren Berufen beschäftigt.

Wie genau sah Ihre Ausbildung aus?

Bis zur achten Klasse bin ich in Kabul zur Schule gegangen. Mit dem Ausbruch des Bürgerkriegs ging meine Familie nach Pakistan. Dort habe ich die Sekundarstufe abgeschlossen. Das Umfeld in Pakistan war aber nicht so, dass ich dort meine Ausbildung fortsetzen konnte – obgleich ich ein paar Kurse belegt habe. Nach dem Fall der Taliban bin ich dann in die USA gegangen, wo ich mein Grundstudium in Diplomatie und Internationalen Beziehungen abgeschlossen habe. Anschließend habe ich an einer britischen Uni meinen Magister in Politikwissenschaften gemacht. Mein Hauptfach war hier Übergangsjustiz, und meine Abschlussarbeit hatte den Titel „Untersuchung über Nach-Konflikt Szenarien in Südafrika im Vergleich mit den Verhältnissen in Afghanistan“. Außer mir gibt es wahrscheinlich nur wenige in Afghanistan, die das Fach Übergangsjustiz studiert haben. 

Und wann sind sie in die Politik eingestiegen?

Ich habe mich schon für Politik interessiert, als ich dafür noch zu jung war. Während des Bürgerkriegs war ich Student und habe damals eine Kulturorganisation für junge Afghanen gegründet. Obgleich es eine kulturelle Organisation war, haben wir auch Politik gemacht. Schon damals habe ich mich für politische Versammlungen und für Reden interessiert. Als die Taliban Afghanistan regierten, habe ich, zusammen mit ein paar Freunden, in Peshawar, Pakistan, eine Gruppe mit dem Namen „Afghanische Jugend-Solidarität“ gegründet. Im Laufe der Zeit hat sich diese Gruppe gut entwickelt und die pakistanischen Regierung hat versucht, uns einzuschüchtern. Als sich die Verhältnisse in Kabul besserten, haben wir unsere Organisation dort hinverlegt. Auf die ein oder andere Art war ich in Afghanistan dann an wichtigen politischen Entwicklungen beteiligt, beispielsweise habe ich die Verfassung mit vorbereitet sowie die ersten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. Im Jahr 2003 habe ich mit Unterstützung einer deutschen Organisation ein großes Projekt namens „Young Leaders Forum“ gegründet, das dazu dient, junge Menschen zusammenzubringen, sie auszubilden, und sie über die wichtigen politischen Fragen in Afghanistan diskutieren zu lassen. Dieses Projekt gibt es nach elf Jahren immer noch. Außerdem habe ich viel über Politik und Kultur geschrieben und unter anderem auch ein Kinderbuch mit dem Titel „The Fruitless Shovel“ (Die fruchtlose Schaufel). Das erschien 1997 in Peshawar und ich bekam dafür den Preis als bester afghanischer Nachwuchs-Schriftsteller. Danach habe ich zahlreiche Artikel zu verschiedenen Themen veröffentlicht. Einer davon mit dem Titel „Afghanistan: Young King and Huge Deception“ (Afghanistan: Junger König und großer Betrug) wurde sehr bekannt und war vielerorts umstritten.

Wie würden sie vernüftige Politk und politische Kultur definieren?

Manche definieren Politik als die Kunst, eine Gesellschaft zu verwalten. Ich denke jedoch, dass dabei auch viele andere Aspekte bedacht werden müssen. Grundlage vernünftiger Politik ist der Wille des Volks und dass man unterschiedliche Sichtweisen zulässt. Im Laufe der letzten zehn Jahre haben sich im demokratischen Prozess viele Fallgruben aufgetan. Der Prozess selbst war jedoch gut, und das Ergebnis ist, dass es mehrmals Wahlen gab. Der politische Übergang nach den Wahlen im April wird von großer historischer Bedeutung sein. Grundlage vernünftiger Politik ist der Wille der Wähler und eine gute Führung.

Gibt es in der sehr traditionsbewussten afghanischen Gesellschaft einen Ort für vernünftige Poltik?

Ich bin kein Philosoph. Ich spreche aus eigener Erfahrung. Ich war an einer Reihe von Programmen in verschiedenen Städten und Provinzen beteiligt und kann deshalb sagen, dass Afghanistan, im Unterschied zu dem, was oft zu hören ist, keine Gesellschaft mehr ist, die sich überwiegend an Traditionen orientiert. Natürlich befolgen Menschen bestimmte Gebräuche und Traditionen, aber die Mehrheit glaubt ganz selbstverständlich an vernünftige Politik und demokratische Werte. Daran, dass unsere führenden Politiker und Parteien in der Öffentlichkeit kein größeres Vertrauen genießen, sind ihre eigenen politischen Programme schuld. Mit diesen Programmen ist es nicht gelungen, das Vertrauen der Öffentlichkeit zu gewinnen und den Glauben an die Demokratie zu stärken. Die Politiker hatten geglaubt, im traditionsbewussten Afghanistan hätte nur traditionelle Politik eine Chance. Die vergangenen zehn Jahre haben aber gezeigt, dass junge Menschen sich an Demokratie beteiligen und diejenigen unterstützen, die für eine vernünftige, solide Politik stehen. Die Befürchtung, dass in Afghanistan Veränderungen nicht zugelassen werden, ist grundlos – ebenso wie die Angst, dass es nie eine vernünftige politische Führung geben wird, dass alles beim Alten bleibt und Stammesälteste die Verhältnisse allein für ihre Interessen ausnutzen. Glücklicherweise zeigt die Erfahrung, dass die Entwicklung allmählich in Richtung Reformen geht.

Zwar wird das Parlament vom Volk gewählt, aber in Afghanistan gibt es weiterhin die traditionelle Loja Dschirga. Ist es unter diesen Bedingungen überhaupt möglich, zweckmäßige politische Entscheidungen zu treffen?

Ich denke, die Loja Dschirga war einmal eine recht demokratische Art, über Fragen von nationaler Bedeutung zu entscheiden. Aber heute spielt die Stimme der gewählten Volksvertreter die entscheidende Rolle. Wie schon gesagt, vernünftige Politik muss sich auf den Willen des Volkes stützen. Heute, im 21. Jahrhundert, kann ohne breite öffentliche Unterstützung kein Politiker Erfolg haben – das haben die vergangenen zwölf Jahre gezeigt. Heute können junge Politiker besser unterscheiden zwischen herkömmlichen und demokratischen politischen Mitteln. Aber auch der demokratische Ansatz kann Schwachstellen haben – und die Art, in der in Afghanistan traditionell Politik gemacht wird, ist nicht immer verkehrt. Tradition hat gute wie schlechte Seiten. Jahrhundertelang hat Afghanistan unter Beschränkungen gelitten, die dem Land durch die Politik auferlegt wurden – und das, obgleich unser Land dem Wandel gegenüber sehr aufgeschlossen ist, viel mehr als seine Nachbarn. Die Menschen in Afghanistan verstehen sehr gut, was vor sich geht und haben ein ausgeprägtes politisches Bewusstsein. Unsere jungen Politiker müssen sich nicht besonders konservativ verhalten, aus Angst, dass das Volk sie sonst kritisiert. In der Vergangenheit war das häufig der Fall, herausgekommen ist dabei aber nichts Gutes.

Sie sagten, die Menschen in Afghanistan seien häufig Opfer der Parteiprogramme und politischen Führer gewesen. Glauben Sie, das ist weiter der Fall? Versuchen die Parteien nicht auch heute, die jungen, demokratisch gesinnten Politiker unter ihren Einfluss zu bekommen?

Da bin ich recht zuversichtlich. Ausgehend von meinen Gesprächen mit den politischen Parteien und ihren Anführern kann ich sagen, die Einstellungen haben sich erheblich gewandelt. Diejenigen, die lange Zeit dachten, politische Führung wäre nur auf herkömmliche Art möglich, haben erkannt, dass das nicht mehr funktioniert. Es ist ermutigend zu sehen, wie sich hier die Einstellungen ändern. Die Parteien der Mudschahidin haben ganz klar versucht, ihre Strukturen zu reformieren, sich an moderne Wertvorstellungen und den gesellschaftspolitischen Wandel anzupassen. Durch einen solchen Wandel verändern sich automatisch auch alte Einstellungen und es entstehen neue Ideen und Denkmuster, die zu den heutigen gesellschaftlichen Wertvorstellungen passen. Dieser Trend wird sich fortsetzen – und nichts wird ihn aufhalten können. Hier sehe ich den wesentlichen Unterschied zwischen jungen Menschen in Afghanistan und Pakistan. In Pakistan haben die traditionellen Parteien noch den gleichen Einfluss wie vor 50 Jahren. Die Menschen folgen blind den Anführern einiger weniger wichtiger Klans. In Indien sieht es ähnlich aus – aber in Afghanistan hat sich das geändert. Bei uns wandeln sich die Verhältnisse sehr rasch. Revolutionen können sehr schnell ablaufen. Junge Politiker und Politikerinnen haben entsprechend gemerkt, dass bestimmte herkömmliche Politikinstrumente nicht mehr greifen – und das zwingt sie, in der Politik neue Wege zu beschreiten.

Wie sehen Sie die Tatsache, dass politische Parteien sich weniger nach ihren Mitgliedern richten, als nach den Personen, die sie finanzieren?

Das ist natürlich ein wichtiges Thema, ein Thema, über das auch in den entwickelten Ländern noch viel diskutiert werden muss. Im Westen können viele politische Gruppen und Parteien nur durch das Charisma einzelner Personen Wahlen gewinnen, an die Macht kommen und ihre Programme umsetzen. Man sieht das in Europa wie auch in den USA. Barack Obamas Charisma war einer der Gründe für den Wahlsieg der Demokraten 2008. Ohne einen Kandidaten mit der Ausstrahlung Obamas hätte die Demokratische Partei damals die Wahlen nicht gewonnen. Anders gesagt, die Ausstrahlung eines Einzelnen kann in der Politik eine große Rolle spielen – aber das birgt auch Gefahren. Ist eine charismatische Persönlichkeit zu arrogant und zu sehr von sich selbst überzeugt, dann wächst die Gefahr einer Diktatur. In Afghanistan unterstützen die Menschen vermehrt Organisationen, nicht Einzelpersonen. Ziemlich sicher werden charismatische Individuen weiter Einfluss auf die Politik haben, das lässt sich gar nicht vermeiden. Politische Parteien, in denen individuelle Persönlichkeiten keine Rolle spielen, sind unvorstellbar. Wir müssen aber sicherstellen, dass es ein Gleichgewicht gibt zwischen der Partei als Organisation und bestimmten Führungspersönlichkeiten – nur dann können die Partei und kann ein Individuum ein Land auch effektiv führen.

Innere Sicherheit ist eine entscheidende Voraussetzung dafür, demokratische Werte institutionell umzusetzen. Wie schätzen Sie die derzeitige Sicherheitslage ein?

Innere Sicherheit, beziehungsweise öffentliche Sicherheit wirkt sich zweifellos auf alle politischen Abläufe aus. In den vergangenen Jahren wurden nur sehr wenige zivilgesellschaftliche demokratische Strukturen geschaffen. Der Grund: Mangelnde öffentliche Sicherheit hat demokratisch gesinnte Personen und Organisationen abgeschreckt. Positiv ist hingegen, dass die traditionellen Parteien und Organisationen sich immer weniger auf Einfluss und Geld verlassen und versuchen, sich auf aktuelle Entwicklungen einzustellen. Die mangelnde innere Sicherheit hat dazu geführt, dass sich die meisten Menschen innerhalb der traditionellen politischen Strukturen bewegen. Das ist ein langer, zeitaufwendiger Prozess. Damit das besser funktioniert, muss sich in den kommenden fünf Jahren das System und die Sicherheitslage bessern. Die größte Sorge bereitet der Öffentlichkeit die Gefahr, dass sich die Sicherheitslage weiter verschlechtern könnte. Das muss zuallererst verhindert werden. Anschließend müssen wir zusehen, dass wir die Lage verbessern. Das wichtigste Thema bei den kommenden Wahlen ist nicht Entwicklung, sondern die Frage, wie sich Unruhen vermeiden lassen. Nach 2006 sind die Chancen weniger geworden, das Potential aber ist gewachsen [B2] . Sowohl die äußere wie auch die innere Sicherheit haben sich auf die Chancen, etwas zu bewegen, negativ ausgewirkt. Für Länder, die einen Konflikt durchgemacht haben, ist das recht typisch. Zwar fällt für mich Afghanistan nicht in diese Kategorie, dennoch gibt es viele Ähnlichkeiten. Die Art des Konflikts hat sich gewandelt: Wir haben eine gewählte Regierung und in gewissem Maße geht das politische System mit dem Konflikt auch um, dennoch leben wir in einer Nach-Konflikt-Gesellschaft[B3] . Unser Land kämpft mit einem Aufstand. In einem Land, das einen Konflikt durchgemacht hat, steigt die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit – und diese Erwartungen sind oft nur schwer zu erfüllen. Je weniger Wandel wir haben, umso weniger lassen sich diese Erwartungen auch erfüllen – und die meisten Menschen sind enttäuscht. Zwischen 2006 und 2013 waren die meisten Menschen in Afghanistan enttäuscht. Motivation entsteht, wenn sich ein Wandel ankündigt – und Afghanistan steuert auf einen Wandel zu. Im Laufe der vergangenen 18 Monate hat sich politisch zunehmend etwas bewegt und junge politische Führungspersönlichkeiten haben zunehmend eine Rolle gespielt. Dafür gibt es zwei Gründe: Der eine ist Angst, der andere ist Motivation. Jeder Wandel motiviert. In den vergangenen zwei Jahre hat sich die innere Sicherheit, die Sicherheitslage nicht gebessert. Aber die jüngere Generation wurde mehr und mehr motiviert, etwas zu tun. In den vergangenen zwei Jahren haben viele junge Frauen die öffentliche Bühne betreten und sich einen politischen Ruf erarbeitet. Das macht mich sehr zuversichtlich. Seit ich Mitglied des Zentralrats von  Afghanistan 1400 bin, wurden zwei junge Frau aufgrund ihres Talents und ihrer Fähigkeiten in Führungsrollen gewählt. Das ist ein großer Erfolg. In den vergangenen zwölf Jahren haben sich viele derartige Möglichkeiten eröffnet und Frauen konnten Führungspositionen einnehmen. In den nächsten fünf Jahren, glaube ich, werden Frauen die Chance haben, auch in der Politik auf höchster Ebene Verantwortung zu übernehmen. Obwohl die gesellschaftlichen Verhälnisse ungünstig sind, wagen Frauen den Sprung. Gelingt es uns, in den kommenden fünf Jahren unser Land zu stabilisieren, dann werden wir auf jeden Fall vermehrt junge Frauen in der Politik sehen.

Wie beurteilen sie die Rolle junger Politikerinnen und Politiker bei den Wahlen?

Im Jahr 2011 hatten wir uns vergenommen, dass junge Männer und Frauen 2014 bei den Wahlen als organisierte Gruppe auftreten und sich aktiv an der Regierungsbildung beteiligen. In dieser kurzen Zeit konnten wir aber nur einen Teil unserer Ziele erreichen. Ich muss zugeben, es ist uns nicht gelungen, eine Gruppe zu werden, die unmittelbar Einfluss auf den Ausgang der Wahlen hat. Wir haben deshalb beschlossen, dass jede und jeder von uns sich an ihrem / seinem Ort dafür einsetzt, dass die Wahlen gut verlaufen. Bei den letzten Parlamentswahlen waren 67 Prozent der Wählerinnen und Wähler junge Menschen im Alter zwischen 18 und 30. Das zeigt, wie hoch das politische Bewusstsein der jungen Generation ist. Meine Kolleginnen, Kollegen und ich setzten uns dafür ein, die Lage zu verbessern. Ich denke, die jungen Menschen werden wählen – und zwar deshalb, weil sie wissen, was sie wollen. Wenn einige Personen behaupten, sie hätten sich bereits Millionen von Wahlstimmen gesichert, dann stimmt das einfach nicht. Die jungen Menschen, die bei uns vor allem in den Städten die Mehrheit der Bevölkerung stellen, treffen ihre Wahlentscheidung auf sehr vernünftige Art. Wir sehen auch, dass den Wahlkampfteams einiger Präsidentschaftskandidaten viele junge Menschen angehören – bei einigen anderen Teams ist das leider nicht der Fall.

Sie sind einer der Gründer der Bewegung Afghanistan 1400, die überwiegend aus jüngeren Menschen besteht. Wie sehr sind sie, in Theorie und Praxis, selbst Politiker?

Wir haben Afghanistan 1400 gegründet, weil wir erreichen wollten, dass sich junge Menschen in die Politik einmischen und dort eine bedeutende Rolle spielen. Anfangs hatten wir zwei Sorgen, nämlich zum einen, dass die Bewegung zu sehr Einzelne ins Rampenlicht rücken könnte, und zum anderen, dass die alte politische Garde versuchen könnte, uns für ihre eigenen Ziele zu benutzen. Glücklicherweise ist bislang beides nicht eingetreten. Niemand, ich eingeschlossen, kann behaupten, er oder sie habe Afghanistan 1400 ins Leben gerufen. Bei jedem unserer Schritte setzen wir auf den Konsens unserer Mitglieder und darauf, dass es gerecht und demokratisch zugeht. Es gibt keine Person, die an der Spitze steht, einseitig entscheidet und Befehle gibt. Das ist eine bedeutende Leistung. Die Mitglieder der Bewegung haben es auch nicht zugelassen, dass andere Politiker sie für ihre eigenen Zwecke einspannen. Eine Sache, für die wir uns entschieden haben ist, dass wir bei Wahlkampfveranstaltungen nicht als Gruppe auftreten oder einen bestimmten Kandidaten unterstützen. Sämtliche Parteien haben versucht, Afghanistan 1400 auf ihre Seite zu ziehen, aber wir sind unseren Grundsätzen treu geblieben und in den vergangen zwei Jahren unabhängig und als Einheit aufgetreten. Als neuartige politische Bewegung geht Afghanistan 1400 die Dinge sehr strategisch an, und wir haben vor, uns im Laufe der nächsten fünf Jahre deutlich in wichtige politische Debatten einzumischen.

Wie sehen Ihre eigenen politischen Pläne aus?

Vor fünf oder zehn Jahren hatte ich sehr hochgesteckte politische Ziele. Heute, nach sechszehnjähriger Erfahrung in der Politik, bin ich pragmatischer und realistischer. Bislang ist mir alles, was ich vom Leben wollte, geglückt. Das heißt, was meine Ziele für die nächsten fünf bis zehn Jahre angeht ... (lacht) ... ich werde es ihnen verraten, wenn ich sie erreicht habe.