Magdeburg: "Defizit an Demokratie"

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Eva Maria Schulz-Satzky ist Geschäftsführerin Grüne Stadtratsfraktion Magdeburg. Die Stadt belegt beim Genderranking den letzten Platz und ist um 7 Plätze abgerutscht.

 

Wie erklären Sie sich, dass Magdeburg das Schlusslicht  beim 3. Genderranking ist?

Absolut begrüßenswert ist, ein solches Defizit an Demokratie (denn die Hälfte der Bürger/innen, nämlich die Frauen, sind eben nicht zur Hälfte vertreten) durch ein Gender-Ranking deutscher Großstädte sichtbar und öffentlich zu machen. Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Demokratie.

Magdeburg ist meiner Meinung nach ein sehr drastisches Beispiel dafür, dass gerade im Bereich der Kommunalpolitik die lokalen Parteien von einer Geschlechterparität recht weit entfernt sind. Die Gründe dafür sind vielfältig und komplex. Bei den Parteien lohnt sich ein Blick auf die Nominierungsverfahren für die Aufstellung der Wahllisten, die je nach Partei sehr unterschiedlich sind. Bündnis 90/Die Grünen haben eine interne Frauenquote von 50% festgelegt. Wahllisten sind alternierend zu besetzen, wobei den Frauen die ungeraden (und damit auch die ersten und sichersten Listenplätze) zur Verfügung stehen. Anders als bei der Kommunalwahl 2009 wird diese zur Wahl 2014 konsequent umgesetzt werden.

Was müsste getan werden, um dieses Ergebnis zu verbessern?

Ein Instrument zur Herstellung der Geschlechterparität sind ganz sicher innerparteiliche Vorgaben zur gleichen Teilhabe von Männern und Frauen (Frauen- und Geschlechterquote) bei allen Parteien. Parteien, die diese Vorgaben haben, haben deutlich mehr Frauen auf ihren Listen.

Die Aufstellungsverfahren mit Frauen- und Geschlechterquoten und die Wahlergebnisse der Parteien sind jedoch nur eine (wenn auch entscheidende) Seite, Es hängt allerdings nicht nur vom guten Willen der Parteibasis oder vom Willen der Wählerinnen ab, ob und auf welchen Plätzen Frauen gewählt werden. Betrachtet werden müssen auch die Strukturen und Rahmenbedingungen für ein solches ehrenamtliches Engagement. Frauen brauchen Unterstützungsstrukturen, um Beruf, Familie und Politik unter einen Hut zu bekommen. Zumeist männlich geprägte Arbeits- und Kommunikationsstrukturen behindern oft genug den Zugang und die Betätigungsmöglichkeiten von Frauen (Arbeitsweise, Arbeitsklima, Sitzungs- und Redekultur sowie informelle Spielregeln und intransparente Strukturen und Entscheidungen). Frauen möchten die investierte Zeit effektiv einsetzen. Auch ein vorhersehbarer zeitlicher Umfang der Gremiensitzungen ist sehr hilfreich, da die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Kindererziehung und politischem Mandat vorwiegend im zeitlichen Nacheinander möglich ist.

Die Defizite der Beteiligung von Frauen sind systemimmanent, und können nur durch einen grundlegenden Wandel der politischen Kultur verändert werden, will man politische Beteiligung von Frauen entsprechend ihres Anteils an der Gesellschaft wirklich attraktiv machen. Diesen Weg können Frauen und Männer nur gemeinsam gehen, denn nur so wird die Gesellschaft in Gänze repräsentiert und nicht nur ein Teil davon.  Welche Parteien die besseren Konzepte und Instrumentarien haben, um mehr Frauen für die Kommunalpolitik zu gewinnen, zeigt sich dann bei der Aufstellung der Wahllisten für die Kommunalwahlen 2014. Das letzte Wort allerdings haben dann allein die Wähler/innen und das ist gut so.

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Die Fragen stellte Lara Chahal.