Eröffnungsrede von Sophie Mahlo , Kuratorin der Jüdischen Kulturtage Berlin zur Abschlussveranstaltung der dreiteiligen Reihe "Was Sie schon immer über Judentum wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten". Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Sehr geehrter Herr Fücks,
sehr geehrter Herr Rabbiner Ben-Chorin,
sehr geehrte Damen und Herren,
auch ich begrüße Sie ganz herzlich an diesem regnerischen Vormittag im Rahmen der Jüdischen Kulturtage Berlin.
Ich bin die Kuratorin der dreiteiligen Veranstaltungsreihe “Was Sie schon immer über Judentum wissen wollten, aber bislang nicht zu fragen wagten”.
Diese Veranstaltungsreihe ist ein Format, welches zum ersten Mal im Rahmen der Jüdischen Kulturtage stattfindet.
Hintergrund des Formats ist zunächst, dass Jüdische Kultur nicht abschließend dargestellt ist, wenn der Aspekt des Lernens in der Darstellung nicht vorkommt. Denn “zu Lernen” ist eine jüdische Pflicht und wird als lebenslange Beschäftigung angesehen. Zu Lernen ist wesentlicher Bestandteil jüdischer Kultur.
Hintergrund des Formats ist weiter, dass eine bestimmte Nachricht die nicht-jüdischen Menschen erreichen muss:
In der Regel verhalten sich jüdische Menschen – wenn sie sich denn anders verhalten – nicht deshalb anders, weil sie die Kultur der Mehrheitsgesellschaft ablehnen, oder eine Antipathie gegenüber der Mehrheitsgesellschaft empfinden oder diese vor den Kopf stoßen wollen. Jüdische Menschen verhalten sich anders, weil sie eine andere Geschichte, eine zusätzliche Geschichte, zusätzliche Traditionen haben und eine entsprechend andere Erziehung genossen haben.
Dem Format liegt schließlich die Überzeugung zugrunde, dass Kommunikation, Wissen und dadurch generiertes Verständnis, Grundlage für das Zusammenleben von Menschen verschiedener Kulturen in unserer Gesellschaft ist: Erst durch dieses Verständnis verliert das Fremde die ihm unberechtigt anhaftende negative Konnotation.
Um diesen Austausch zu ermöglichen, haben wir drei Rabbiner/innen unterschiedlicher, jüdischer Strömungen dazu eingeladen, ihren Fragen zur Verfügung zu stehen.
Dabei sind Sie, liebe Teilnehmer/innen, ausdrücklich dazu eingeladen, die Fragen zu stellen, die sie konkret beschäftigen und interessieren. Begreifen Sie die Hintergründe. Übrigens müssen Ihre Fragen sich nicht auf den Vortrag, den wir gleich hören werden, beziehen. Dass wir alle unterschiedliche Kenntnisstände haben, ist auch selbstredend.
Sehr geehrter Herr Rabbiner Ben-Chorin,
Sie gehören der sogenannten liberalen Strömung des Judentums an. Was „liberale Juden“ von orthodoxen und „konservativen“ Juden unterscheidet, werden Sie heute erklären, falls Ihnen jemand diese Frage stellt.
Sie sind 1936 in Jerusalem geboren und haben an der dortigen Hebrew University ein Studium in Jüdischer Geschichte und Bibel absolviert.
1964 wurden Sie am Jewish Institute of Religion des Hebrew Union College in Cincinnati, USA, zum Rabbiner ordiniert. Sodann folgten Tätigkeiten als Rabbiner in jüdischen Gemeinden in den USA, Südafrika, England, Jerusalem und in der Schweiz.
Die Gemeinde, dessen Rabbiner Sie 15 Jahre lang in Jerusalem waren, ist die erste jüdische Reformgemeinde Israels. Sie ist von ihrem Vater Schalom Ben-Chorin in den 60er Jahren gegründet worden. Das Leben Ihres Vaters hat in Deutschland, nämlich mit seiner Geburt und Erziehung in München begonnen. Sein Studium hat er in Israel fortgeführt – Ihres hat in Israel begonnen und Sie nach vielen Jahrzehnten vor zwei Jahren nach Deutschland geführt. Sie sind seitdem Rabbiner für den liberalen Ritus der Jüdischen Gemeinde in Berlin.
Sie hatten zweimal den Vorsitz des Israel Council of Progressive Rabbis inne, sind Dozent am Abraham Geiger Kolleg und engagieren sich im jüdisch-christlichen, israelisch-palästinensischen und deutsch-jüdischen Dialog.
Sie haben eine unglaubliche Frau, zwei Söhne, zwei fantastische Schwiegertöchter und fünf wunderbare Enkel. Ihr Name bedeutet: Güte von Gott Sohn der Freiheit.
Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Bereitschaft, an diesem Format teilzunehmen.
Ich danke der Heinrich Böll Stiftung herzlich dafür, uns ihre Türen für diese Veranstaltung wie selbstverständlich geöffnet und uns hier als Gastgeber aufgenommen haben. In diesem Zusammenhang darf ich insbesondere Herrn Mesghena und Herrn Handwerker für ihr Vertrauen und ihre freundliche Zusammenarbeit danken.
Zum Ablauf: Herr Rabbiner Ben-Chorin wird zunächst einen Vortrag halten. Dann sind Sie, verehrte Teilnehmer, am Zug.
Ich wünsche uns allen ein offenes und interessantes Gespräch.
Vielen Dank.
Berlin, 18.09.2011