Manche Kosmetikunternehmen kaufen die Sheabutter für ihre Kosmetika direkt von den Erzeugerinnenverbänden in Burkina Faso und Ghana. Dabei unterstützen sie regionale Frauengruppen und ermöglichen ihnen, auf dem internationalen Fair-Trade-Markt wettbewerbsfähig zu sein.
Der Sheanussbaum wächst weltweit nur in einem einzigen Gebiet: in der Sudanzone. Zu dem 500 Kilometer breiten Streifen südlich der Sahara gehören 19 Länder, darunter Burkina Faso, Guinea, Mali, Senegal, Togo und Uganda. Wie Diamanten ist auch Sheabutter ein Naturprodukt. Und wie Diamanten ist sie ein im Westen begehrtes Luxusprodukt. Aber anders als Diamanten wird Sheabutter von Frauen kontrolliert. Und sie wird von denen, die die Ernte der Sheanüsse und deren Verarbeitung kontrollieren, auch benutzt und geschätzt. Sheanüsse sind ausgesprochen reich an Vitamin C und werden vielfältig verwendet, sei es als Öl für Lampen und zum Kochen, als Mückenabwehrmittel, Seife, Heilmittel oder als Einbalsamierungsmittel für die Toten. Weil der Baum so wertvoll ist, wird er nur selten als Feuerholz gefällt.
Der Schlüssel zur Erfüllung von Mawoubés Traum war der weltweite Markt für fair gehandelte bzw. für Bio-Produkte der Kosmetikindustrie. Die Verbindung zu diesem Markt wurde von einigen engagierten Personen hergestellt, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügten und auf die Lage afrikanischer Frauen aufmerksam machen wollten. Der Erfolg der Sheabutter basiert auf einem Geschäftsmodell, das den Weg zwischen Erzeuger und Endverbraucher so kurz wie möglich hält.
Die Wertschöpfungskette beginnt in Afrika bei den lokalen Erzeugerinnengenossenschaften. Mit ihrer Hilfe können die Frauen wettbewerbsfähige Mengen und Preise anbieten. Außerdem fungieren die Genossenschaften als Ansprechpartner für internationale Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Regierungen und UN-Agenturen. Alle gemeinsam haben ein Netzwerk geknüpft, das Marktinformationen verbreitet, Zugang zu besseren Technologie verschafft und politische Lobbyarbeit leistet (zum Beispiel die Sicherung von Eigentumsrechten an Grund und Boden für Frauen). Am anderen Ende der Kette stehen die Fair-Trade-Organisationen und sozial verantwortungsbewusste Unternehmen, die angemessene Preise für die Sheabutter zahlen und in die lokalen Gemeinschaften investieren. Dreh- und Angelpunkt eines solchen positiven Kreislaufs sind Personen wie Imodale Caulker-Burnett und Olowo-n’djo Tchala, die zwar ausgewandert sind, aber ihre Wurzeln in ihren Dörfern nicht kappten. Sie sind es, die den afrikanischen Erzeugerinnen Aufmerksamkeit und Zugang zu Märkten verschaffen. Unternehmen wie L’Occitane, Body Shop, Origins und L’Oréal beziehen Sheabutter direkt von den Erzeugerinnenverbänden, zum Beispiel der Association Songtaab-Yalgre in Burkina Faso und der Ideal Woman Shea Butter Producers and Pickers Association in Ghana. L’Occitane unterstützt Frauengruppen, hilft ihnen bei der Fair-Trade-Zertifizierung und ermöglicht es ihnen, auf dem internationalen Fair-Trade-Markt wettbewerbsfähig zu sein.
Das folgende Beispiel zeigt, wie solche Beziehungen zustande kommen können: Im Jahr 1998 gründete Fatou Ouedraogoe, eine arme Frau aus dem ländlichen Burkina Faso, die Association Songtaab-Yalgre, in der sich traditionelle Sheanuss-Sammlerinnen zusammenschlossen. UNIFEM, der UN-Fonds für Frauen, stellte als Partnerorganisation des Frauenministeriums in Burkina Faso die Verbindung der Gruppe zu L’Occitane und zu einem Netzwerk anderer internationaler Organisationen her, die Weiterbildung und Technologie anbieten, bei der Standardisierung helfen und faire Preise unterstützen. Dieses Projekt allein generierte im Jahr 2001 Erlöse in Höhe von 7 Millionen US-Dollar für den Staat Burkina Faso. Damit war Sheanussbutter die drittgrößte Einkommensquelle für das Land nach Baumwolle und Vieh. Im Jahr 2004 zählte die Association Songtaab-Yalgre 150 Mitgliedsverbände mit 3.100 Mitgliedern. Heute, nur sechs Jahre später, veröffentlichen die Frauen von Songtaab-Yalgre, die Analphabetinnen gewesen waren, isoliert und unsichtbar, einen regelmäßigen Newsletter, den sie auf ihrem Computer erstellen.
In einem Land wie Burkina Faso, in dem Frauen nach dem Tod ihres Ehemanns die Rechte an ihrem Land verlieren, in dem 92 Prozent der Frauen Analphabetinnen sind und 85 Prozent der Frauen abhängig von der Subsistenzlandwirtschaft, in solch einem Land ist der Anstieg des Einkommens von 1 US-Dollar auf 4 US-Dollar pro Tag ein gigantischer Sprung. Dies innerhalb von sechs Jahren zu erreichen beweist, wie effektiv faire Handelsbedingungen sind und wie wichtig der Zugang zu sozialem Kapital ist, der Sichtbarkeit und Einkommen schafft.
Die Sheabutter-Erzeugung profitierte von der steigenden Nachfrage nach handgemachten und biologischen Produkten in den Gesundheits-, Kunstgewerbe- und Kosmetikmärkten in den reicheren Ländern. Dadurch eröffnete sich den landlosen Bäuerinnen eine beispiellose Chance. Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass der Fair-Trade-Markt lediglich zehn Prozent des gesamten Sheabutter-Umsatzes ausmacht. Die größten Abnehmer sind eine Handvoll globaler Schokoladehersteller, die in ihrer Schokolade zunehmend Kakaobutter durch Sheafett ersetzen. Der typische Kleinbauer, der Sheabutter für den Schokoladenmarkt erzeugt, hat weder an dem Mehrwert, der in der Produktionskette erzeugt wird, noch an den Gewinnen der Unternehmen einen Anteil.
Die Frauen, die in den Märkten konkurrieren wollen, müssen immense strukturelle Barrieren überwinden, etwa die Anpassung an globale Standards oder der fehlende Zugang zu Kredit und Informationen. Und wenn sie mehr als 1 US-Dollar pro Tag verdienen möchten, passen sie schon nicht mehr in das Raster der multinationalen Konzerne, die immer auf der Suche nach den billigsten Arbeitskräften sind.
Von der Liberalisierung der Landwirtschaft, die viele afrikanische Regierungen in den 1990er-Jahren durchführten, profitierten in erster Linie Akteure mit mehr Macht, mit Informationen und mit Zugang zu Land, Geld und Märkten. Der Zugang der Frauen zu internationalen Märkten ist nach wie vor spärlich, abgesehen von einigen Ausnahmen, bei denen unterstützende Organisationen eine aktive Rolle spielen. Der Wirtschaftswissenschaftler Jeffrey Sachs weist darauf hin, dass „extreme Armut fast immer mit extremer Isolation einhergeht, insbesondere der ländlichen Isolation“. Strukturen, die viel mehr Frauen Informationen liefern, sind unabdingbar.
Dianne Forte ist eine in Washington ansässige Beraterin mit 22 Jahren Erfahrung im Programmmanagement in Afrika. Royce Gloria Androa, Senior Partner der Reach Your Destiny Consult Ltd. in Uganda, bringt 26 Jahre Erfahrung in der landwirtschaftlichen Beratung in Uganda mit. Marie-Ange Binagwaho ist Inhaberin der Zawadi Enterprises, Inc.