Ghana war der erste afrikanische Nationalstaat, der aus britischer Kolonialherrschaft in die Unabhängigkeit entlassen wurde. Sein unbestrittener Führer war Kwame Nkruma, der die Politik der Kronkolonie Goldküste schon seit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg dominiert hatte. ➤ Aktuelle Artikel, Publikationen und andere Veröffentlichungen über und aus Afrika.
Der Sohn einer Kleinhändlerin und eines Goldschmieds, geboren 1909 im Südwesten Ghanas – dem Siedlungsgebiet der Akan -, besuchte eine katholische Missionsschule, arbeitete dann als Hilfslehrer und studierte dann am Achimota College in Accra, wo er auch unterrichtete. Ab 1935 konnte er in den USA studieren, wo er einen BA in Volkswirtschaft und einen in Theologie, sowie zwei Master-Degrees in Pädagogik und Philosophie erhielt. Bei einem kurzen Studienaufenthalt an der London School of Economics and Political Science entwickelte er starke politische Neigungen und Talente, begann eifrig zu schreiben und zu publizieren.
1945 organisierte er in Manchester den 5. Pan-Afrikanischen Kongress, stark inspiriert von den Ideen des US-Amerikaners W.E.B. Du Bois, dem Vater der panafrikanischen Bewegung. Nach seiner Rückkehr in die Heimat engagierte er sich in der United Gold Coast Convention, die dem charismatischen Redner jedoch bald zu gemäßigt erschien. 1947 gründete er eine eigene Partei, die Convention's People Party", die bald stärkste politische Kraft wurde und sofortige Autonomie forderte.1952 wurde er Premierminister an der Goldküste, ein Amt, das wenig Macht mit sich brachte. Nkrumah schaffte es freilich, über alle ethnisch definierten Begrenzungen und Abgrenzungen hinweg, die sechs Millionen Goldküsten-Bewohner für die Idee von der Unabhängigkeit von der Kolonialherrschaft zu begeistern. Am 6. März 1957 entließen die Briten die Goldküste in die Unabhängigkeit. Nkrumah wurde erster Ministerpräsident des neuen Staates Ghana: "Von heute an müssen wir unsere Vorstellungen ändern. Wir müssen realisieren, dass wir von nun an keine Kolonie mehr sind, sondern ein freies und unabhängiges Volk. Unsere Unabhängigkeit ist ohne Bedeutung, wenn sie nicht die völlige Freiheit für den afrikanischen Kontinent nach sich zieht."
Ghana war Vorreiter und Vorbild für andere Kolonien Afrikas, die z.T. unter doch anderen Umständen später ihre Unabhängigkeit z.B. von Frankreich erlangten. Zwar war Ghanas Ausgangslage1957 eher positiv, weil der Prozess zur Unabhängigkeit die Bevölkerung auch über ethnische Grenzen geeint hatte. Die Wirtschaft, zwar abhängig vom Kakao, war weit entfernt von krisenhaften Entwicklungen späterer Jahre. Doch Kwame Nkrumah führte Ghana auf einen Weg, der die demokratischen Strukturen und die Machtbalance in eine Einparteienherrschaft diktatorischen Gepräges führte. Er ließ sich als Heiland und Erlöser feiern, Kritik an ihm wurde zum Hochverrat. Auch die Wirtschaft entwickelte sich nicht, die ländlichen Gebiete und die Landwirtschaft – mit Ausnahme des Anbaus von Kakao – wurden vernachlässigt.
Auch Nkrumahs Vorstellungen von einem einigen und gemeinsam regierten Afrika ließen sich nicht verwirklichen, die Mehrzahl der afrikanischen Führer, die 1963 die Organisation für Afrikanische Einheit gründeten, fanden seine Vorstellungen zwar bedenkenswert, die Wirklichkeit ihrer Staaten auf dem Wege zu einem Nationalstaat sprach jedoch eine andere Sprache. Als Politiker, der seine Nation in eine größere Zukunft ganz Afrikas führen wollte, scheiterte Nkrumah schon recht bald nach der Unabhängigkeit. 1966 stürzte ihn das Militär, als er sich gerade in China zu einem Staatsbesuch aufhielt. Er starb 1972 im Exil in Bukarest.
Die von Kwame Nkrumah formulierten Ideen finden auch heute noch überall in Afrika und in der afrikanischen Diaspora viele Anhänger. Zu solchen Ideen gehören auch die bereits Anfang der 60er Jahre formulierte Kritik an der Uneinigkeit der Afrikaner: „So wie unsere Stärke auf einer einheitlichen Politik und fortschreitenden Entwicklung beruht, so beruht die Stärke der Imperialisten auf unserer Uneinigkeit. Wir in Afrika können ihnen nur dann wirksam begegnen, wenn wir ihnen eine einheitliche Front und das Bewusstsein unserer afrikanischen Sendung gegenüberstellen.“ (in: Africa must unite). Auch seine frühe Kritik an dem Phänomen des Neo-Kolonialismus, dass es immer noch die transnationalen Konzerne sind, die Afrikas Rohstoffe ausbeuten, wird in unterschiedlicher Ausprägung immer wieder auch noch heute aufgegriffen.