Die Ausstellung „Better City, Better Life“ ist ein Kooperationsprojekt der Heinrich-Böll-Stiftung mit der Agentur Triad Berlin. Sie greift Motive des "Urban Planet Pavillons" im Rahmen der Expo 2010 auf, die übermorgen in Shanghai eröffnet wird.
Weltausstellungen gelten seit jeher als Schaufenster der Zukunft. So hatte die Brüsseler Expo im Jahr 1956 das Atomium als Markenzeichen gewählt – ein Symbol des damaligen Zeitgeists, als der Glaube an die Atomkraft als unbegrenzte Energiequelle noch ungebrochen war.
Dagegen wählte die Expo Hannover vor 10 Jahren das Motto „Mensch, Natur und Technik – Eine neue Welt entsteht“ und setzte auf den Begriff Nachhaltigkeit. Es waren die rot-grünen Jahre, die von einem moderaten ökologischen Fortschrittsoptimismus gekennzeichnet waren, von dem heute in Deutschland nur noch wenig zu spüren ist.
Der Titel unserer Ausstellung ist auch das Motto der Expo Shanghai. Dass sich die aktuelle Expo dem Thema Stadt widmet, kommt nicht von ungefähr: Seit 2007 leben erstmals mehr Menschen in Städten als in ländlichen Gebieten. Der Trend zur Urbanisierung, der in Europa mit dem Zeitalter der Industrialisierung einsetzte, hält unvermindert an.
Aber die Dynamik der Stadtentwicklung (wie des Wirtschaftswachstums) hat sich längst von Europa in die aufstrebende Welt Asiens, Lateinamerikas und Afrikas verschoben. Wer einmal von einem Hochhaus auf die atemberaubenden Stadtlandschaften von Sao Paulo, Schanghai oder Tokio geblickt hat, bekommt ein Gefühl dafür, wie sich die Proportionen verschieben.
In Deutschland gibt es drei Millionenstädte, deren Einwohnerzahl kaum noch wächst. China zählt deren 49, und jährlich kommen neue hinzu. In den kommenden Jahrzehnten wird die größte Wanderungsbewegung aller Zeiten auf Chinas urbane Zentren zukommen. Geschätzte 350 Millionen Menschen werden in Städte umsiedeln, von denen viele erst noch gebaut werden müssen.
Nicht nur die Größenmaßstäbe verschieben sich zwischen Old Europe und der neuen Welt; auch das Tempo, in dem sich diese Städte verändern, ihre ökonomische und demographische Dynamik, die krassen Gegensätze von Arm und Reich.
Um ein genaueres Bild von diesen Entwicklungen zu gewinnen, veranstaltet die Heinrich Böll Stiftung eine lose Reihe mit Städteporträts unter dem Titel „Megacities“ – vielleicht haben einige von ihnen gestern an der Veranstaltung zu Johannesburg teilgenommen.
Die zentrale Frage für diese städtischen Agglomerationen lautet, wie sie ihre Wachstumsdynamik in nachhaltige Bahnen lenken können. Mit anderen Worten: wie die sozialen Bedürfnisse von Millionen und Abermillionen befriedigt werden können, ohne die Flüsse zu vergiften, die Luft zu verpesten, die Trinkwasser¬reserven zu überfordern und das globale Klima vollends aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Die bisherige Stadtentwicklung wurde von der scheinbar unbegrenzten Verfügbarkeit fossiler Energien vorangetrieben. Billiges Öl, Kohle, Benzin prägten Architektur und Städtebau, Energieversorgung und Mobilität. Jetzt geht es um einen radikalen Umbau der Stadt unter dem Vorzeichen von Ressourceneffizienz und erneuerbaren Energien.
Hier setzt die Expo in Shanghai an: Sie will Millionen von Chinesen und internationalen Gästen Modelle und Visionen für eine nachhaltige Zukunft der Stadt aus der ganzen Welt präsentieren. Dahinter steckt der alte Optimismus der Aufklärung: dass der Mensch in der Lage ist zu lernen und neue Erkenntnisse in praktisches Handeln zu übersetzen.
Wie es sich für China gehört, wird die Expo Shanghai mit 80 bis 100 Millionen erwarteten Besuchern und einer Fläche über 5 Quadratkilometer die größte Expo aller Zeiten. Aber diese Superlative haben auch ihren Preis: ihre zentrale Lage in wenigen Kilometern Entfernung von der Innenstadt verdankt die Expo der Verdrängung von Gewerbebetrieben und BewohnerInnen an den Stadtrand. Ob für sie das Versprechen „Better City, Better Life“ in Erfüllung geht, darf bezweifelt werden.
In den Städten spiegeln sich die ökologischen, sozialen, politischen Probleme unserer Zeit. Aber zugleich beherbergen sie das kreative, wissenschaftliche, technische Potential für die Lösung dieser Probleme. Sie sind Wiege der Demokratie, Orte gelebter Toleranz und Räume individueller Selbstverwirklichung. Wir hoffen, dass diese Ausstellung im Kleinen wie die Expo im Großen Anstöße für eine bessere Stadt und ein besseres Leben geben wird.
Zu guter Letzt möchte ich Triad Berlin für die gute Zusammenarbeit danken. Hervorheben möchte ich Stefan Richter, der sich mit viel Engagement für die Realisierung der Ausstellung eingesetzt hat. Ein spezielles Dankeschön geht an das junge, kreative Team von Triad: Anne Ahrens, Anna Hornung, Alicia Leuschner und Carolin Beuthnagel, die das Konzept der Ausstellung entwickelt haben.
Bedanken möchte ich mich auch bei meinen Kolleginnen Judith Utz und Lisa Mareike Beier für die Organisation, bei Karoline Hutter für die Pressearbeit und Christina Sadeler aus unserem Chinareferat für die diplomatische Unterstützung und inhaltliche Beratung.