"Kill the Nation with a groove" Populäre Rhythmusperformance im Spiegel zeitgenössischer Transkulturalitätskonzepte

Lesedauer: 2 Minuten

Salim Johannes Ismaiel-Wendt, Universität Gießen

26. August 2009

Der zentrale Gegenstand der hier konzipierten Dissertation ist Popmusik, die im kulturtheoretischen Kontext der cultural studies und postcolonial studies analysiert werden soll. Erkenntnisleitend dabei ist die Fragestellung, ob popmusikalische Performance, also Musik und ihre dazugehörigen Darstellungsformen (z. B. Videoclips, Image), ihren Konsumentinnen und Konsumenten neue Entwürfe einer transkulturellen Identität vorlebt. Die Arbeit will durch eine interdisziplinäre Verknüpfung zwischen Musikwissenschaft und Kulturwissenschaft Umgangsformen mit der Ungleichzeitigkeit globaler und nationaler Kulturen untersuchen. Zum einen werden kulturwissenschaftliche Theorien und Diskurse nachgezeichnet, die ein anti-essenzialistisches Kulturverständnis vermitteln, und zum anderen wird musikwissenschaftlich gefragt, ob es popmusikalische Konzepte gibt, die versuchen dieses Kulturverständnis umzusetzen.
   
In der Dissertation möchte ich erforschen, ob die abstrakten Bilder von ?Hybridkulturen?, ?third space? u.ä., die in den cultural bzw. postcolonial studies benutzt werden, durch Musik aus dem Metaphorischen in sichtbarere und hörbarere Bereiche auch jenseits von Sprache geleitet werden. Als Forschungsmaterial sollen vornehmlich aktuelle, erfolgreich vermarktete so genannte Ethnopop- oder World-Music-Stücke dienen, weil diese häufig als musikalische ?Grenzgänger? präsentiert werden. Oft zeigen sich gerade in ihnen aber auch Lokalisierungseffekte, die mit einer global agierenden Musikindustrie einhergehen. Kernstück des Vorhabens soll ein qualitatitiv empirischer und musikanalytischer Teil sein, der künstlerische Absichten insbesondere mit Blick auf Rhythmus-Arrangements mit den theoretischen Überlegungen abgleicht. Gerade Rhythmus ist ein Distinktionsmerkmal, das Musik verortet ? geographisch und (sub-)kulturell. Er ist ein Parameter, durch das wir afrikanische von lateinamerikanischer oder europäischer Musik unterscheiden. In ihm spiegeln sich heute koloniale Präsenzen. Rhythmus trennt aber auch ältere Generationen von den jüngeren, Techno-Fans von HipHop-Fans usw. Eine besondere Herausforderung wird in den Ansätzen der Werkanalysen liegen, die über die gängigen musiktheoretischen Verfahrensweisen hinausgehen müssen, um die unterschiedlichen musikalischen Praktiken erfassen und verstehen zu können, ohne dabei eurozentristisch oder ethnozentristisch zu vergleichen.
  
Die cultural und postcolonial studies haben die Konstruiertheit nationaler und ethnischer Gemeinschaften aufgezeigt und die dominanten Lesarten in Bezug auf verschiedene kulturelle Praktiken aufgedeckt. Mein Beitrag kann zeigen, ob und wie diese Erkenntnisse heute wieder in kulturelle Praxis zurück fließen, ?versinnlicht? werden, um sie als pop-moderne Alternative zu den in der öffentlichen Debatte allzu oft vorgestellten, scheinbar unüberbrückbaren kulturellen Differenzen anzubieten.

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