Experten aus Europa und Schwellenländern fordern Weltwirtschaftsreform

Lesedauer: 12 Minuten

Bonn, New Delhi, Johannesburg, London, Rio de Janeiro, Beijing, Washington, D.C.
31. März 2009


"Global Governance zur Stabilisierung der Globalisierung:
Der G 20-Gipfel muss politische Durchbrüche anstoßen, um globale Systemrisiken zu bekämpfen

Der folgende Text wurde von Wissenschaftlern aus Europa, den USA und aus aufsteigenden Ökonomien verfasst. Das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) führte das Autorenteam zusammen, um Reformkorridore zur Neuordnung der Weltwirtschaft auszuleuchten, die von den etablierten G8-Ländern und den wichtiger werdenden Entwicklungsländern, die am G20-Treffen in London teilnehmen, gemeinsam getragen werden könnten.


Autoren:

  • Dr. Sachin Chaturvedi, Senior Fellow, Research and Information System for Developing Countries, Indien
  • Prof. Dr. Garth Le Pere, Direktor, Institute for Global Dialogue, Südafrika
  • Prof. Dr. Simon Maxwell, Direktor, Overseas Development Institute, London
  • Prof. Dr. Dirk Messner, Direktor, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Stellv. Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats für Globale Umweltveränderungen (WBGU)
  • Prof. Dr. Enrique Saravia, Brazilian School for Public Business Administration, Getulio Vargas Foundation, Brasilien
  • Dr. Margret Thalwitz, ehemalige Direktorin der Weltbank, Washington, D.C.
  • Prof. Dr. YU Yongding, Director-General, Institute for World Economics and World Politics, Chinese Academy of Social Sciences, Mitglied der UN-Kommission für „Reforms of the International Monetary and Financial System”

Die Welt ist mit komplexen, untereinander verflochtenen, großskaligen Bedrohungen konfrontiert. Der Kollaps der globalen Finanzsysteme, die weltweit synchronisierten Rezessionen, die zunehmende soziale Polarisierung in und zwischen Gesellschaften sowie die Risiken der globalen Erwärmung und die damit verbundenen Energie- und Nahrungsmittelkrisen binden alle Nationen in eine weltweite Risikogemeinschaft ein. Die Globalisierung steht an einem kritischen Punkt. Sie kann scheitern und in einer fragmentierten, durch Protektionismus gekennzeichneten Weltwirtschaft münden. Um die Globalisierung zu gestalten, die globalen Systemrisiken zu beherrschen sowie internationale Stabilität und Wohlstandsentwicklung zu stärken, sind neue kooperative Rahmenbedingungen notwendig. 2009 muss das Jahr mutiger Entscheidungen sein. Die Stabilisierung und Neuordnung der Finanzmärkte und weltweit koordinierte Programme zur Bekämpfung der Rezession sind notwendige, aber nicht hinreichende Bedingungen, um die Welt in ein sicheres Gleichgewicht zu bringen. Dringend wird es im Verlauf von 2009 auch sein, die Doha-Runde zu einem Erfolg zu bringen, um die reale Bedrohung der Weltwirtschaft durch eine Welle des Protektionismus zu verhindern. Hinzu kommen müssen Anstrengungen, um die vielen Millionen Menschen in Entwicklungsländern zu unterstützen, die derzeit Opfer einer globalen Krise werden, die sie nicht mitverschuldet haben. Zudem sind Durchbrüche auf der Klimakonferenz Ende des Jahres von herausragender Bedeutung, um zu verhindern, dass dem Kollaps der Finanzmärkte in den kommenden Jahrzehnten ein irreversibler Wandel des Erdsystems folgt, mit unabsehbaren Folgen für menschliche und ökonomische Entwicklung sowie die internationale Stabilität und Sicherheit. Das Weltklima ist für die menschliche Existenz systemrelevant. Faire und kooperative Global Governance-Reformen sind notwendig, damit die Globalisierung eine Zukunft hat.

Die tektonischen Machverschiebungen in der Weltwirtschaft und -politik heben die etablierte Weltordnung aus den Angeln. Die G8 kann nicht länger für sich beanspruchen, ein legitimes und effektives globales Machtzentrum zur Bearbeitung von Weltproblemen zu sein. Die aufsteigenden Mächte aus den Entwicklungsregionen müssen nun an den zentralen internationalen Prozessen der Politikkoordination gleichberechtigt beteiligt werden und zugleich globale Mitverantwortung übernehmen. Die G8–Welt geht zu Ende und wird durch eine G20-Welt ersetzt. Die G20 sollte sich zukünftig nicht nur mit der Finanzarchitektur, sondern mit allen zentralen Weltproblemen beschäftigen. Die G8 wäre gut beraten, diesen Gezeitenwechsel so schnell wie möglich anzuerkennen.

Das aktuelle Krisenmanagement zur Stabilisierung der Weltwirtschaft muss daher mit systemischen Reformen der „Global Economic Governance“ verbunden werden. Reforminitiativen in vier Arenen sind zentral, um eine zukunftsfähige Ordnung für die globalisierte Wirtschaft des 21. Jahrhunderts zu entwickeln: Die G20, die Vereinten Nationen, die Bretton Woods-Organisationen sowie die WTO bedürfen einer Neuausrichtung.

Die zukünftige Global Governance sollte auf nachhaltige Entwicklung und weltweite Wohlstandentwicklung ausgerichtet sein, und sich an folgenden Prinzipien orientieren:

  • Demokratie, Rechtsstaat und Stärkung des Völkerrechts als Ausgangspunkte legitimer Politik;
  • Menschenrechte als normativem Fixpunkt;
  • Verwirklichungschancen für Individuen als Ziel wirtschaftlicher Entwicklung;
  • Begrenzung sozialer Ungleichheit als Korrektur zu den Eigendynamiken von Märkten;
  • Schutz der Umwelt und des Erdsystem als der unersetzlichen Grundlage menschlicher Existenz durch den Aufbau einer kohlenstoffarmen und ressourceneffizienten Weltwirtschaft;
  • Regierungshandeln auf lokaler, nationaler und internationaler Ebenen, orientiert an Effektivität, Transparenz und Rechenschaftspflichtigkeit;
  • Faire Beteiligung aller Staaten an der globalen Politikgestaltung unabhängig von ihrem jeweiligen wirtschaftlichen und politischen Gewicht sowie Mechanismen, die arme wie reiche Staaten auf eine Regel basierte internationale Ordnung verpflichten;
  • Souveränitätskonzept, das das Selbstbestimmungsrecht der Staaten mit international vereinbarten Verpflichtungen ausbalanciert.


Die zukünftige G20–Gipfelarchitektur

Die Etablierung einer neuen globalen Ordnung und die wirksame Bereitstellung globaler öffentlicher Güter hängt von der Führungs- und Verantwortungsbereitschaft der handlungsmächtigsten Staaten ab. Die Welt ist zugleich auf eine Global Governance–Struktur angewiesen, die deren regionale, kulturelle, politische und ökonomische Diversität widerspiegelt. Die G20 ist derzeit eine angemessene Plattform, auf der Entscheidungsträger der mächtigsten Staaten globale Herausforderungen gemeinsam bearbeiten können. Sie sollte nicht beanspruchen für Jahrzehnte zu existieren, denn die Welt befinden sich in raschem Wandel. Die G20 wäre gut beraten, Möglichkeiten für regionale Mitgliedschaften zu ermöglichen, analog zur bereist existierenden Beteiligung der EU. Alternativ dazu, wäre es denkbar, ähnlich wie in den Aufsichtsgremien der Bretton Woods-Organisationen, dass Staaten Ländergruppen repräsentieren, die sich freiwillig zusammenfinden. Zudem sollten der UN-Generalsekretär, der Vorsitzende des ECOSOC (UN–Wirtschafts- und Sozialrat) und die Chefs wichtiger Internationaler Organisationen als permanente Beobachter in den G 20-Prozess einbezogen werden.

Legitimität, Effektivität und Repräsentativität müssen klug ausbalanciert werden, um die Handlungsfähigkeit der G20 zu gewährleisten. Eine möglichst inklusive, immer breiter werdende Mitgliedschaft würde die Wirksamkeit unterminieren; je exklusiver der Club sich organisiert, desto größer die Gefahr von Legitimationsdefiziten. Die Arbeitsfähigkeit der G20 sollte durch folgende Elemente gestärkt werden: a) Die europäischen Staaten sollten möglichst mit einer Stimme sprechen und die Zahl der beteiligten Akteure reduzieren. b) Analog dazu sollten auch andere Weltregionen versuchen, dass die jeweiligen Staaten nicht nur für sich selbst sprechen, sondern zugleich ihre (Sub-)Region repräsentieren. c) Ein Modell variabler Geometrie wäre hilfreich, um G 20-Staaten, je nach ihrer Bedeutung zur Lösung bestimmter Probleme oder ihrem besonderen Engagement, selektiv an politischen Prozessen zu beteiligen („Groups of Responsibility“ z.B. für Finanzmarktstabilisierung, Energie-, Nahrungsmittel Klimafragen).

Die wesentlichen Aufgaben der G20 wären:

  • Krisenmanagement zur Stabilisierung der Weltwirtschaft und Definition gemeinsamer globaler Verantwortung;
  • Unterstützung der Vereinten Nationen und anderer multilateraler Organisationen in ihren jeweiligen Aufgabenbereichen;
  • Vertrauensbildung, Aufbau von gemeinsamen Wissensbeständen, Suche nach effektiven multilateralen Lösungen für zentrale Weltprobleme und Einübung kooperativen Verhaltens zwischen den beteiligten Staaten;
  • Koordinierung von Politiken der Mitgliedsstaaten, die von Bedeutung für zentrale Global Governance-Prozesse sind;
  • Vorbereitung von internationalen Vereinbarungen, auch wenn für diese später eine breitere Unterstützung gesucht werden muss.

Wie auch immer die neue Gipfelarchitektur letztlich aussehen wird, sie sollte kontinuierlichen Dialog und stabile Politikkoordinierung ermöglichen. Zu diesem Zweck wäre ein effektives G20–Sekretariat zur logistischen und technischen Unterstützung sinnvoll. Dieses sollte bei einer wichtigen UN-Organisationen untergebracht sein, um für eine enge Kommunikation mit den UN und Nicht-Mitgliedsländern zu sorgen.

Um die unterstützende, nicht monopolisierende Rolle der G20 für Global Governance-Prozesse zu unterstreichen, sollten Prinzipien der Transparenz und der Rechenschaftspflichtigkeit gegenüber der internationalen Gemeinschaft besonders Gewicht besitzen. Die Effektivität, aber insbesondere die Legitimität des Handelns der G20 wird insbesondere vom Zusammenspiel mit den relevanten UN-Organisationen abhängen. Denn letztlich bleibt ein Problem der G20, dass über 170 Staaten nicht in ihr vertreten sind. Um dieses Legitimationsproblem offensiv anzugehen, sollten die G20 auf dem Londoner Gipfel eine UN–Reform anstoßen, um deren Handlungsfähigkeit zu verbessern – ein San Fransisco II ist notwendig. G20 und die UN dürfen keine Gegenspieler werden, sie müssen sich wechselseitig ergänzen und gemeinsam zu einer wirksamen und legitimen Global Governance der Weltwirtschaft beitragen.

Die UN brauchen einen Modernisierungsschub

Die Rolle der Vereinten Nationen zur Mitgestaltung der Weltwirtschaft muss grundlegend überprüft werden. Auch sie ist ein Produkt der Nachkriegzeit. Die Zusammensetzung des Sicherheitsrates mit seinen Veto–Mächten und die schwache Ausprägung von UN–Organisationen, die sich mit der Weltwirtschaft beschäftigen, belegen diese Modernisierungsdefizite. Der für die globale Ökonomie zuständige ECOSOC ist in seiner derzeitigen Verfasstheit nicht zukunftsfähig. Wir unterstützen den Vorschlag der „Stiglitz Kommission“, in überschaubarer Frist einen handlungsfähigen „Global Economic Council“ einzurichten, der internationale Wirtschafts-, Sozial- und Umweltprozesse zu begleiten hätte. Dieser Rat sollte ein gemeinsames Dach für alle UN Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialorganisationen und sukzessive auch der Bretton Woods–Organisationen darstellen. Er wäre für die Organisation der Arbeitsteilung zwischen den Organisationen, die Berufung des Top–Personals sowie die Setzung und Überprüfung gemeinsamer Ziele verantwortlich. Zu klären wäre die Arbeitsteilung des „Global Economic Council“ mit der G20.

Parallel dazu sollte die Generalversammlung eine „Charta für nachhaltige ökonomische und soziale Entwicklung“ verabschieden. Eine solches, z.B. von Kanzlerin Merkel unterstütztes Rahmenwerk, sollte normative Prinzipien für die zukünftige Weltwirtschaft und Mechanismen der internationalen Kooperation zur Bearbeitung wechselseitiger ökonomischer Verwundbarkeiten festlegen. Die Charta sollte einen Abschied von dem Leitbild einer unregulierten, Shareholder Value–basierten Marktwirtschaft darstellen, die sich als verantwortungslos und selbstzerstörerisch erwiesen hat. Die Generalversammlung sollte zudem die Einrichtung eines interdisziplinären „International Panel on Global Systemic Risks in the 21st Centrury“ beschließen, das nach dem Vorbild des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) zentrale und langfristige Systemrisiken in der globalen Ökonomie untersucht, dieses Weltwissen den internationalen Entscheidungsträgern zur Verfügung stellt und damit Anreize für Politik und Wirtschaft verbessert, Gefahren frühzeitig wahrzunehmen und präventiv zu handeln.

In unzähligen Reports sind die notwendigen UN-Reformen beschrieben. Wir erwarten vom G20–Treffen in London Signale, das nun die Zeit gekommen ist, überholte Strukturen der UN den neuen Realitäten anzupassen.

Die Reform der Bretton Woods–Organisationen

Die Bretton Woods–Organisationen befinden sich in einer Glaubwürdigkeitskrise. Sie müssen zu wahrhaft globalen Organisationen werden, die in den Augen aller Mitgliedsländer legitim, fair und überparteilich handeln, also nicht den nationalen Interessen der mächtigsten Staaten gehorchen. Die Stimmenverteilung in den Steuerungsgremien beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und in der Weltbank müssen rasch verändert werden, um die Einflussmöglichkeiten der armen Entwicklungsländer sowie der aufsteigenden Ökonomien zu verbessern. Die Abschaffung der US–Vetomacht, aber auch die Reduzierung der europäischen Stimmenanteile wären wichtige Schritte der Neuordnung. Zudem sollten die Chefposten beider Organisationen zukünftig, wie auch von den G 20–Finanzministern Mitte März empfohlen, nicht mehr automatisch von den USA und der EU besetzt werden, sondern Persönlichkeiten nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit berufen werden. Beide Organisationen müssen angesichts der umfassenden Weltwirtschaftskrise auch darauf reagieren, dass sie an konzeptioneller, strategischer und kognitiver Glaubwürdigkeit verloren haben, denn sie sind ihren Aufgaben als Frühwarnsysteme und Vordenkerorganisationen für die Entwicklung von Marktwirtschaften unter Bedingungen der Globalisierung und den Grenzen der Ökosysteme nur unzureichend gerecht geworden.

IWF-Reformen

In der gegenwärtigen globalen Finanzkrise muss der IWF eine herausragende Rolle spielen, um Zahlungsbilanzkrisen einzuhegen sowie nationale Ökonomien und deren Finanzsysteme zu stabilisieren. Die Entscheidung, die IWF–Finanzausstattung zu verdoppeln, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Dringend ist die Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit der Unabhängigkeit des IWF – in Erinnerung sind seine aus heutiger Sicht verfehlten Politiken in der Asienkrise Ende der 90er Jahre. Es macht daher Sinn, in den Weltregionen Organisationen mit makroökonomischen Kompetenzen und Wissen zur globalen Finanzstabilität zu stärken, wie derzeit in Ostasien zu beobachten, um Wettbewerb zu schaffen und die Aufgaben des IWF zu ergänzen.

Wenn es um striktere und effektivere Koordination von Regulierungen der nationalen und internationalen Finanzmärkte geht, richten sich die Augen derzeit eher auf die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Aber es gibt keine Alternative zum IWF in den Feldern der makroökonomischen Überwachung der Weltwirtschaft und des Monitoring von Regeln zu den internationalen Kapitalflüssen. Hier muss der IWF gestärkt und gegenüber allen, den reichen wie den armen Mitgliederstaaten gleichermaßen, rechenschaftspflichtig werden. Zu diesem Zweck müssen die IWF-Länderberichte und –Assessments, die für alle Mitgliedsstaaten zwingend sein sollten, Kriterien öffentlicher Transparenz entsprechen. Nur so kann der IWF glaubwürdig, fair und unabhängig als globale Organisation handeln. Zudem sollten die Frühwarn- und Risikoabschätzungskapazitäten des IWF nachhaltig verbessert werden.

Weltbank-Reformen

Die kürzlich von Weltbank-Chef Zoellik eingesetzte High Level Governance Commission, geleitet von Ernesto Zedillo, hat das Mandat, Vorschläge zur Modernisierung der Weltbank zu erarbeiten. Und Reformen sind notwendig, um die Weltbank zukunftsfähig zu machen. In der vernetzten Welt von heute muss sich die Weltbank stärker auf globale Agenden und die Bereitstellung globaler öffentlicher Güter (wie Gesundheit, Wissen, Sicherung globaler Ökosysteme) konzentrieren, die immer mehr zur Grundlage nachhaltiger Wirtschaftsdynamik in den Entwicklungsländern werden. Zudem muss die Proliferation von zweckgebundenen Trustfunds, die die Kohärenz der Arbeit der Weltbank zunehmend unterlaufen und sich deren Aufsichtgremien entziehen, zurückgefahren und generell überprüft werden.


Weiterentwicklung der WTO

Gerade in der Weltwirtschaftkrise ist ein Abschluss der Doha–Runde der Welthandelsorganisation (WTO) von herausragender Bedeutung, um das multilaterale Regelwerk zu stabilisieren, die Proliferation diskriminierender bilateraler und regionaler Freihandelsabkommen zu stoppen, die Fragmentierung des Welthandels zu verhindern und die drohende weltweite Welle des Protektionismus einzudämmen. Die WTO sollte auch ihre Aufsichtfunktion wahrnehmen und überprüfen, ob die vielen Konjunkturprogramme zur Bewältigung der Rezession protektionistische Elemente enthalten, die der Weltwirtschaft insgesamt schaden. Dabei müssen in der WTO nun den Interessen der Entwicklungsländer besonders Rechnung getragen werden, denn die Industrieländer haben sich in der Vergangenheit vor allem um Handelsreformen in den Bereichen gekümmert, in denen sie über Vorteile verfügten. Auch hier geht es also um mehr Glaubwürdigkeit, Fairness, Transparenz und Legitimität. Industrieländer und die aufstrebenden Entwicklungsländer, die dazu in der Lage sind, sollten daher den ärmsten Entwicklungsländern den zoll- und quotenfreien Zugang zu ihren Märkten unverzüglich garantieren. Zudem ist es in der Wirtschaftskrise wichtig, „Aid for Trade–Investitionen“ zu sichern und Entwicklungsländern Exportkredite und –versicherungen zur Verfügung zu stellen, um negative Wirkungen der Finanzkrise abzufedern.

Die skizzierten Global Economic Governance–Reformen müssen schon auf dem G20–Gipfel in London eingeleitet werden. Gelingt dies, kann die Krise zu einer Chance werden und zur Herausbildung einer stabileren und faireren Weltwirtschaftsordnung führen. Scheitern die internationalen Reform, stehen der Welt unsichere Zeiten ins Haus. Die Globalisierung könnte dann scheitern.

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Bonn."

Dieser Text wurde mit der freundlichen Erlaubnis des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) in Bonn veröffentlicht.