Region Naher und Mittlerer Osten

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Foto: Bernd Asbach

18. November 2008
Es vergeht kaum ein Tag, an dem die Region Naher und Mittlerer Osten nicht in den Schlagzeilen der Medien erscheint. Was rückt die Region so häufig ins Rampenlicht des öffentlichen Interesses?

Zum einen ist es der nach wie vor ungelöste Nahost-Konflikt. Eine positive Wende zu einer gerechten und dauerhaften (Friedens-) Lösung ist bisher immer wieder an der Kompromisslosigkeit und den Vorbedingungen der einen oder anderen Seite gescheitert. Im Zentrum steht dabei der israelisch-palästinensische Konflikt, der nur durch eine gerechte Zwei-Staaten-Regelung geregelt werden kann. Der Oslo-Prozess und die folgenden regionalen und internationalen Initiativen sind in einer, für die israelische und die palästinensische Gesellschaft verheerenden Sackgasse gemündet: Die Politik beider Seiten hat es nicht verstanden, Perspektiven zu entwickeln und Regelungen umzusetzen, die ein friedliches Zusammenleben ermöglichen. Nach Jahren einer blutigen Gewaltspirale aus israelischen Militäraktionen und palästinensischen Terroranschlägen werden zwar zwischen den Kontrahenten – wieder einmal – Gespräche geführt. Zentrale Streitpunkte – wie die israelischen Siedlungen, die Zukunft Jerusalems oder die Flüchtlingsfrage - sind von einer einvernehmlichen Lösung aber noch weit entfernt. Die Spaltung Palästinas aufgrund der Auseinandersetzungen zwischen Fatah und Hamas, handlungsunfähige Regierungen in Ramallah und Tel Aviv, die ethnische Trennungspolitik und der völkerrechtswidrige Siedlungsausbau der israelischen Besatzungsmacht schaffen immer höhere Hürden für eine friedliche Einigung. Israelische Regierungen sind seit Jahren zu substanziellen Verhandlungen nicht bereit. Internationale Initiativen, die den Friedensprozess erneut in Gang setzen sollen, verlaufen im Sande, während die israelische Okkupationspolitik in der Westbank und in Ost-Jerusalem eine Zwei-Staaten-Regelung immer schwieriger macht.

Die Terroranschläge des 11. September und der Irak-Krieg haben sich negativ auf das Verhältnis zwischen den Industriestaaten und der Region ausgewirkt. Die Bekämpfung des internationalen Terrors wird von einigen arabischen Staaten als Bedrohung der eigenen Souveränität und Kultur durch äußere Kräfte wahrgenommen. Nicht zuletzt der Krieg gegen den Irak hat die Kluft zwischen dem „Westen“ und den nah- und mittelöstlichen Staaten vertieft. Der Dialog mit den Menschen dieser Region wird deshalb immer wichtiger.

Der Ruf nach Reformen und Demokratie ist zwar in vielen arabischen Ländern in den letzten Jahren immer lauter geworden. Doch die herrschenden Eliten in der Region sind bisher nicht zu einschneidenden Veränderungen und demokratischen Reformen bereit. Die zivilgesellschaftlichen Kräfte, die sich für demokratischen Wandel, für Menschenrechte und Modernisierung engagieren, befinden sich wieder in der Defensive und sind immer häufiger der Repression sowohl staatlicher als auch radikal-religiöser Strömungen ausgesetzt.

Die geringe Berücksichtigung von Frauen hinsichtlich ihrer Rechte und Teilhabe an Politik, Gesellschaft und Wirtschaft kennzeichnet die Entwicklung aller arabischer Staaten ebenso wie hohe Analphabetenraten, große Wissensdefizite aufgrund erheblicher Schwächen der Bildungssysteme und eines geringen Zugangs zu neuen Informations- und Kommunikationstechniken. Neben Frieden, Demokratie und Reform gewinnen in der Region auch ökologische Fragen an Bedeutung. Erst langsam wird man sich der Gefahren bewusst, die der globale Klimawandel auch für die Region mit sich bringt.

In Anbetracht dieser schwierigen regionalen Rahmenbedingungen reagiert die Stiftung mit flexiblen und kurzfristigen Maßnahmen auf aktuelle Entwicklungen, aber sie agiert auch mit langfristiger und nachhaltiger Partnerkooperation zu politisch wichtigen Themen: Die Förderung von Demokratisierungsprozessen, die Stärkung zivilgesellschaftlicher Kräfte und deren Unterstützung bei der Durchsetzung der Menschen- und Bürgerrechte sowie ihrer Suche nach friedlichen Konfliktlösungen und ihrem Eintreten für eine nachhaltige Entwicklung bilden dabei die Basis der Programme der Stiftungsarbeit im Nahen und Mittleren Osten. Die Förderung des regionalen und internationalen Dialogs mit den Menschen dieser gerade auch für den Frieden in Europa so wichtigen Region ist ein weiteres zentrales Anliegen unserer Arbeit.

In Israel herrschen völlig andere Verhältnisse! Doch auch hier steht die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen in Fragen der Menschenrechte und des Minderheitenschutzes, der Demokratieentwicklung und der Nachhaltigkeit sowie des Friedens im Mittelpunkt. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch Nazi-Deutschland erhält die Stiftungsarbeit in Israel eine besondere Prägung.

Mit den Büros in Tel Aviv, Ramallah und Beirut bildet der Nahe Osten eine Schwerpunktregion für die Auslandsarbeit der Stiftung, weil

  • eine friedliche Entwicklung in dieser Region für Sicherheit, Stabilität und Wohlstand in Europa von großer Bedeutung ist
  • die historischen Beziehungen Europas zu dieser Region in Kultur und Politik besonders eng sind,
  • nur eine partnerschaftliche Bewältigung der Probleme eine weitere Polarisierung zwischen arabisch-islamischer und westlich-christlicher Welt verhindern kann,
  • die Folgen des Klimawandels und Gefahren für die Ökologie eine globale Herausforderung darstellen, die nur gemeinsam bewältigt werden kann, 
  • eine historische Verantwortung Deutschlands für Israel und dem Frieden im Nahen Osten besteht.