Von Markus Gauster, Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement (IFK) der Landesverteidigungsakademie Wien
Schriftenreihe der Landesverteidigungsakademie, Wien, Oktober 2006
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1. Das Instrument PRT
Seit Beginn der US-geführten Intervention in Afghanistan und dem Sturz des Taliban-Regimes 2001 konzentriert sich die internationale Staatengemeinschaft auf die Herstellung von Sicherheit, die politische Transformation und den wirtschaftlichen (Wieder-)Aufbau im Land. Durch Resolutionen des Sicherheitsrates der UNO wurden zivile und militärische Stabilisierungsmissionen ins Leben gerufen, die der afghanischen Regierung Assistenz leisten. Im Rahmen der Aktivitäten des internationalen Krisenmanagements (IKM) in Afghanistan wuchs das Spektrum ziviler Aktivitäten der internationalen Truppen, deren Arbeitsfelder sich dadurch zunehmend mit der Tätigkeit von zivilen Akteuren überschneiden. Das führte zu einer verstärkten Debatte über Legitimation, Grundsätze, Reichweite und Regeln der zivil-militärischen Zusammenarbeit und Koordination.
Das internationale Engagement in Afghanistan wird vom „Light Footprint“-Ansatz der UNO geprägt. Demgemäß soll durch einen möglichst geringen Einsatz von Truppen ein Besatzungscharakter des internationalen Engagements vermieden werden. PRTs sind Ausfluss dieses Ansatzes und führten seit 2003 zu einer neuen Form und Qualität der zivil-militärischen Zusammenarbeit in Afghanistan. PRTs sollen abseits des Dreh- und Angelpunktes Kabul den Einfluss der afghanischen Regierung in den generell schwer erreichbaren Provinzen stärken. Ausschlaggebend für die rasche Zunahme der PRTs scheint die Möglichkeit zu sein, mit relativ geringen Kräften einen flächendeckenden Einsatz zu ermöglichen – angesichts steigender Anforderungen an Entsendestaaten ein starkes Argument. PRTs weisen eine Stärke von jeweils etwa 50 bis 500 Personen auf und sind für Provinzen zuständig, die wie Badakhshan oder Herat oft mehr als 40 000 km² umfassen. Dieser Minimalansatz soll dazu dienen, ausreichende Unterstützung für den Aufbau einer gesamtstaatlichen Verwaltung zu leisten.
Vom Konzept her verstehen sich die PRTs als zivil-militärisch verschränkte Elemente, die in relativ autarker Weise von einem Entsendestaat geführt werden. Zivile Ministerien der Entsendestaaten sind mit unterschiedlichen Befugnissen in die PRTs eingebettet und stellen ergänzende Expertise bereit. Dabei agieren die PRTs in drei Dimensionen: Schaffung von Sicherheit, Bildung staatlicher Institutionen und Durchführung bzw. Ermöglichung von Wiederaufbau. Die Erreichung dieser Ziele wird wohl Generationen dauern, was oft im Widerspruch zu den kurzfristigen politischen Zielen von PRT-Betreiberstaaten steht – deren mehr oder weniger ausgeprägter Hang zur Eigenvermarktung der jeweiligen PRTs bindet Ressourcen, die besser zur Förderung der schwachen Regierungsautorität in den Provinzen genutzt werden könnten. Trotz Unzulänglichkeiten wurden in allen drei Bereichen gewisse Fortschritte erzielt. Stellvertretend seien hier der Entwaffnungsprozess, die Schaffung der Voraussetzungen für die Abhaltung von freien Wahlen verbunden mit der Etablierung des afghanischen Parlaments sowie der Aufbau von Infrastruktur genannt, zu denen PRTs direkt oder indirekt einen erheblichen Beitrag leisteten.
PRTs verstehen sich als internationale Hilfsangebote auf Zeit, wobei die realistische Wirkungszeit aus heutiger Sicht, also nach dreijähriger Erfahrung mit PRTs, mit zumindest zehn Jahren anzusetzen ist. Die afghanische Bevölkerung hingegen perzipiert PRTs überwiegend als dauerhafte internationale Einrichtungen mit Geberfunktion, d.h. quasi als Arbeits- bzw. Wiederaufbau-Ämter, die für sie ohne zeitliche Beschränkung präsent sind. Langfristiges Ziel und Erfolgskriterium für PRTs ist es, die afghanische Regierung in die Lage zu versetzen, sich als glaubhafte, handlungsfähige und legitime Führung zu etablieren.
2. Kapazitäten von PRTs
Die Umsetzung des Stabilisierungskonzeptes durch PRTs der International Security Assistance Force (ISAF) erfolgte bisher im Wesentlichen durch Sicherheitspräsenz und kurzfristig angelegte Wiederaufbauprojekte, mit denen eine schnelle Wirkung erzielt werden kann. Die Handlungsmöglichkeiten von PRTs sind dabei begrenzt: Vielfach sind sie stark auf die Kooperationsbereitschaft lokaler Entscheidungsträger bzw. Warlords angewiesen. Bei Gewaltausbrüchen muss sich das PRT mangels eigener militärischer Stärke auf eine externe „Abschreckungs- und Unterstützungskomponente“ abstützen können, mit der eine PRTMission steht und fällt. In Afghanistan besteht diese in den US-geführten Koalitionstruppen mit Kommando in Kabul, da die ISAF selbst nur über sehr begrenzte Möglichkeiten verfügt.
Im Feld sind PRTs als Patrouille, Vermittler, Netzwerkbilder, Betreiber von Wiederaufbauprojekten, Armee- und Polizeiausbildner, Demobilisierungs- und Entwaffnungshelfer sowie als Informationsbeschaffer aktiv. Sie waren dabei bisher relativ erfolgreich. Vorbildhaft ist insbesondere die Netzwerkarbeit der britischen PRTs, die intensiver als andere ISAF-PRTs in ihrem Operationsraum patrouillierten. PRTs sind mit ständig wechselnden Loyalitäten konfrontiert und daher stark auf Informationsgewinnung angewiesen, um einen Konsens unter den lokalen Akteuren zu erreichen bzw. zu erhalten. Die Einbettung afghanischer Regierungsvertreter in die PRTs wirkte sich positiv auf die Netzwerkbildung und Stärkung der Regierungsautorität aus. PRTs können in Zusammenarbeit mit dem Regierungsvertreter positives Verhalten belohnen und negatives Verhalten bis zu einem gewissen Grad ahnden. PRTs haben auch Führungswechsel in den Provinzverwaltungen, die von Präsident Karzai veranlasst wurden, erfolgreich unterstützt und bei Machtkämpfen zwischen alten und neuen Polizeichefs vermittelnd eingegriffen.
Die PRTs der USA, die grundsätzlich in Regionen mit sehr hohem Sicherheitsrisiko (Süden und Osten) operieren, stellten sich als geeignete Basen für das Training und Kampfeinsätze der Afghan National Army (ANA) dar und erwiesen sich für die US-Kampftruppen als wichtige Stützpunkte im Krieg gegen den Terror. Dabei konnten die USA mit Hilfe der PRTs die Kapazitäten der ANA in den Provinzen stärken.Der Einsatz europäischer Truppen in einer weit entfernten Krisenregion wie Afghanistan weist einen hohen politischen Rechtfertigungsbedarf und eine meist sehr restriktive Beschlussfassung auf. Ein Einsatz von PRTs kann Entscheidungsträgern diese Rechtfertigung erleichtern: Trotz oder gerade wegen der begrenzt vorhandenen Ressourcen hat sich bis Mitte 2006 gezeigt, dass durch den interministeriellen Ansatz, der in PRTs verwirklicht wurde, auf günstigere Weise zumindest das erzielt werden kann, was mit einem sektoralen Engagement eines einzelnen Ministeriums im Staatsaufbau zu erreichen gewesen wäre. Mit jeder Verbesserung der Abstimmung zwischen den Ministerien wird die Kosten- Nutzen-Rechnung stärker zugunsten der PRTs ausfallen. Verglichen mit einem umfangreichen Einsatz von Truppen in allen afghanischen Ballungsräumen (der allerdings von vornherein durch den Light Footprint-Ansatz nicht in Frage kam) ergibt sich daher ein klarer Kosten-Nutzen-Vorteil von PRTs.
3. Unzulänglichkeiten von PRTs
In der aktuellen Konstruktion sind PRTs nicht geeignet, die Drogenproblematik auf direkte Weise – wie etwa durch radikale Vernichtung von Anbauflächen oder durch militärische Bekämpfung der Drahtzieher und ihrer Privatarmeen – zu entschärfen. Dazu sind die PRTs aber auch nicht konzipiert worden. Dies sollte auf indirekte und subtilere Weise geschehen, etwa durch den Aufbau einer loyalen Polizei und der damit – wie zu hoffen steht – verbundenen Etablierung von Rechtsstaatlichkeit. Damit sind zwei weitere wesentliche Felder im Rahmen der Reform des afghanischen Sicherheitssektors angesprochen, bei denen PRTs – vor allem mangels eigener Kapazitäten und nicht, weil PRTs für diese beiden Bereiche grundsätzlich nicht geeignet erscheinen – bisher kaum positive Akzente setzen konnten. Im Rahmen der Schaffung von Rechtsstaatlichkeit durch den Aufbau der Afghan National Police (ANP) wird den PRTs eine zu geringe Rolle zugestanden, da sich der Polizeiaufbau bisher zu sehr auf Kabul konzentrierte und PRTs über zu wenig Fachpersonal für Polizeiausbildung verfügen.
Problematisch erschienen auch die kurzen Einsatzintervalle von oft nur drei bis sechs Monaten selbst für Schlüsselpersonal, die insbesondere den Erfolg der britischen PRTs im Bereich vertrauensbildender Maßnahmen minderten und es schwierig machten, die gewonnenen Erfahrungen z.B. über die „Guten“ und die „Bösen“ kontinuierlich von Rotation zu Rotation weiterzugeben. Deutsche PRTs unterliegen hinsichtlich ihrer Aktivitäten und Einsatzräume schärferen Restriktionen als andere, insbesondere britische PRTs, was genauso zu Kritik führte wie der Vorwurf, dass die Eigenvermarktung der PRTs mitunter auf Kosten einer nachhaltigen Entwicklung in den Vordergrund gestellt wurde. Den PRTs gelang es bis jetzt nicht, eine Balance zwischen „Geben und Nehmen“ (Bereitstellung von Anreizen durch PRTs bzw. Schaffung von verstärkter lokaler Eigeninitiative im Staatsaufbau) im Sinne von „Zuckerbrot und Peitsche“ („carrot and stick“) zu erreichen. So wären internationale Investitionen bzw. Förderungen für Afghanistan verstärkt an konkrete Bedingungen zu knüpfen, um mehr afghanisches Verantwortlichkeitsgefühl zu erzeugen. Der Druck in Richtung selbst tragender Strukturen ist hiezu deutlich zu verstärken.
ISAF-PRTs können mit der bisherigen Struktur nur bis zur Stufe sieben der zehnstufigen Gefährdungsskala von The Senlis Council operieren. Ein Einsatz bei Stufe acht, die seit Anfang 2006 in den südlichen Provinzen Helmand, Kandahar und Uruzgan vorherrscht, erscheint nur mit ständiger Rückendeckung durch Kampftruppen machbar1. Unter diesen Voraussetzungen sind die Schaffung von Sicherheit und die Durchführung von Wiederaufbau-Projekten durch selbständig agierende PRTs realistischerweise nicht möglich. Für die Region Süd erscheint das bisherige ISAF-Mandat daher zu wenig robust. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass Zielkonflikte zwischen PRTs und NGOs mit zunehmender Konfliktintensität zurückgehen, da zivile Akteure dann zunehmend mit PRTs kooperieren (müssen) oder sich überhaupt zurückziehen.
4. Verschiedene PRT-Konzepte
Durch die Natur der PRTs – multinational, zivil-militärisch, multifunktionell – und die unterschiedliche bzw. wechselhafte Bedrohungslage im Operationsgebiet werden die Rolle und die Wirksamkeit der PRTs immer in hohem Maße von den Rahmenbedingungen vor Ort bestimmt sein. Auch aufgrund der strukturellen Unterschiede der PRTs ist daher einer flexiblen Auslegung von PRT-Konzepten der Vorzug gegenüber rigiden und vereinheitlichenden Vorschriften für alle PRTs zu geben. Zu starke Normierungen würden den PRTs nämlich eine ihrer größten Stärken rauben: die Flexibilität, sich rasch wechselnden und unterschiedlichen Gegebenheiten, wie sie typisch für eine Post-Konflikt-Region sind, anzupassen. Die PRT-Konzepte der Betreiberstaaten sind unterschiedlich angelegt, wobei sich alle PRTs als Hoffnungsträger für eine bessere Zukunft der afghanischen Bevölkerung präsentieren.
Das Konzept der USA steht unter der Prämisse der gleichzeitigen Durchführung von Kampf- und Stabilisierungsoperationen. Das ist auch das Grundproblem der US-PRTs. Die Zielsetzungen der US-geführten Coalition Forces (CF) in Afghanistan – einen erfolgreichen „Krieg gegen den Terror“ zu führen und permanente Basen im Land zu erhalten – können angesichts der Bemühungen, den afghanischen Transformationsprozess zu unterstützen, zu kontraproduktiven Ergebnissen wie etwa zur Stärkung lokaler Warlords und zur Schwächung der afghanischen Regierung führen. Zukunftsweisend erscheinen die Commanders Emergency Response Projects (CERP), die für flexible, konditionalisierte Projekte von US-PRTs im Namen der Provinzregierungen stehen. Dabei wird die Eigenvermarktung des PRT im Entsendestaat hintangestellt.
Großbritannien zeichnete sich im Rahmen des PRT-Engagements in Nordafghanistan durch eine generelle Zurückhaltung bei der Durchführung von Wiederaufbau-Projekten aus und konzentrierte sich mehr auf Sicherheitsagenden. Dadurch sollte eine Duplizierung der Bemühungen privater Hilfsorganisationen vermieden werden. Nicht zuletzt durch ein System der „diskreten Präsenz“ konnten die britischen PRTs sowohl bei der Bevölkerung als auch bei den internationalen zivilen Akteuren in der Region eine hohe Akzeptanz erreichen. Dabei legten die britischen PRTs beim Eigenschutz eine deutlich geringere „Nervosität“ an den Tag als die deutschen PRTs. Die erfolgreiche Vermittlungstätigkeit bei Kämpfen konkurrierender Gruppen durch das britische PRT Mazar-i Sharif in Zusammenarbeit mit der United Nation Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) war der größte Erfolg der britischen PRTs. Im britischen Bereich bestätigte sich aber auch, dass der Regierungseinfluss Kabuls in Mazar-i Sharif schwächer ist als in Kunduz. Die Mohnanbauflächen vergrößerten sich 2005 und 2006 deutlich und lassen die britische Anti-Drogen-Strategie wirkungslos erscheinen.
Eine Spezialität der deutschen PRTs ist die gleichrangige Integration der zivilen und militärischen Komponente unter einem politischen Gesamtauftrag. Dieser zukunftsweisende Ansatz ist sehr komplex und scheint mehr Zeit als andere Konzepte zu benötigen, um seine volle Wirkung zu entfalten. Die Drogenanbauflächen haben sich im deutschen Verantwortungsbereich 2005 deutlich verringert. Dabei hatte die deutsche PRTPräsenz sicher einen gewissen Effekt gehabt, der jedoch nicht zu überschätzen ist. Als Erfolg der deutschen wie der britischen PRTs kann verbucht werden, dass die Sicherheitslage in der Region Nord – im Gegensatz zur Region Süd – seit drei Jahren keine wesentliche Verschlechterung erfahren hat. In beiden Regionen verliefen die Entwaffnungsprogramme nach dem Plan der UNO und werden weiterhin mit Unterstützung der PRTs vorangetrieben. Tatsache ist, dass Afghanistan jedoch immer noch vor illegalen Waffen „starrt“, was die Durchsetzung des Gewaltmonopols der Regierung in Kabul erschwert bzw. vorerst unmöglich macht.
Trotz unterschiedlicher Konzepte, Doktrinen, Bewaffnung, Limitierungen und Akzeptanz haben deutsche und britische PRTs 2003 bis 2006 einen ähnlichen, überwiegend positiven Wirkungsgrad erzielt. Die seit 2002 tendenziell stark zunehmende Opiumproduktion hatte bis Anfang 2006 keine negativen Auswirkungen auf die Sicherheitslage, was auch auf eine – selbst verordnete – Passivität der PRTs in diesem Bereich zurückzuführen ist.
5. Empfehlungen
Grundsätzlich sind die PRTs auf dem richtigen Weg, auch wenn ihr Beitrag zu einem nachhaltigen Staatsaufbau noch deutlich ausbaufähig ist. Folgende Verbesserungen und Anpassungen könnten bei PRTs in Afghanistan vorgenommen werden, um ihren Wirkungsgrad zu optimieren und damit die Relevanz von PRTs als Modell für andere Stability/Reconstruction-Operationen (S/R Operations)2 zu erhöhen:
- flächendeckender Einsatz durch mehr PRTs bzw. Außenstellen („PRT-Satelliten“),
- klare Regelung der Führungskompetenzen,
- besondere Betonung der afghanischen Eigenverantwortung (Local Ownership) nach der Etablierungsphase,
- Schaffung von Autorität und Ressourcen für zivile Experten zur Übernahme von Führungsrollen,
- Erhöhung des Anteils ziviler Schlüsselexpertise zum Training lokaler Verwaltungs- und Sicherheitskräfte zur effektiven Stärkung der Staatsgewalt,
- mehr Entwicklungs-, Landwirtschafts- und Rechtsexperten,
- Ausbau und Vertiefung der zivil-militärischen Koordination,
- ständige Verbesserung des Netzwerkes zwischen allen relevanten Kräften,
- Verbesserung der Kommunikations- und Transportmöglichkeiten in den Provinzen,
- Verbesserung der Informationsbeschaffung zur Beurteilung lokaler Strukturen und Machtverhältnisse,
- ständige kritische Reflexion der eigenen Aktivitäten zur Erhöhung des Wirkungsgrades in der Region,
- externe Evaluierung der Konzeption, Effizienz und Effektivität von PRTs,
- Stärkung der Kapazitäten auf Provinz- und Distriktsebene zur engeren Anbindung der Provinzen an Kabul sowie
- Erhöhung der militärischen Schlagkraft im Hintergrund zur Unterstützung der PRTs in kritischen Situationen.
In ihrer kurzen Wirkungszeit zeigte sich, dass die PRTs trotz ihrer Unzulänglichkeiten ein taugliches Modell im Krisenmanagement sind, um mit geringen Ressourcen flächendeckende Stabilität zu erreichen. In dieser Rolle sind die PRTs bereits Teil einer zivil-militärischen Gesamtstrategie für Afghanistan, die den „Krieg gegen den Terror“ der CF, die Expansion der ISAF, die Umsetzung des Bonner Prozesses, neue Planungsgrößen des Afghanistan Compact3, eine Reform des Sicherheitssektors sowie entwicklungspolitisches und diplomatisches Engagement umfasst. Die Problematik besteht in einem reibungslosen Zusammenwirken all dieser Komponenten, was nach einem erst fünf Jahre andauernden Konfliktmanagement nicht erwartet werden kann. Auf den ersten Blick mag einer Gesamtstrategie entgegenstehen, dass die PRTs uneinheitlich strukturiert und geführt sind. Genau das kann jedoch Freiräume für Kleinstaaten schaffen und ihnen die Möglichkeit bieten, in Form eines PRT eigenes Profil zu zeigen, flexibel und rasch zur Wirkung zu kommen und einen verhältnismäßig großen Beitrag zum IKM zu leisten.
S/R-Operationen werden in Zukunft weiter zunehmen. Dabei wird es kein universelles, für jede Krisenregion gleichermaßen geeignetes PRTModell geben. Trotzdem gewinnen PRTs für westliche Staaten zunehmend an Attraktivität und unterliegen damit gleichzeitig einem hohen politischen Erwartungsdruck. Sie stellen eine gute Basis dar und versprechen politischen, wirtschaftlichen und militärischen Erfolg in zukünftigen Missionen. Dabei können PRTs helfen, den Kräfteeinsatz vor allem im Bereich Friedenserhaltung und -konsolidierung zu reduzieren. Darüber hinaus sind sie wertvolle, Ressourcen sparende Instrumente für einen Staatsbildungsprozess und den damit verbundenen Wiederaufbau.
1 Die Stufe acht, unter der US-PRTs bisher operieren, steht für systematische Attacken auf internationales Personal sowie für eine deutliche Entfremdung der lokalen Bevölkerung von der Regierung in Kabul und bedeutet damit gleichsam Krieg. Vgl. Tabelle der Konfliktintensitäten. In: Helmand at War. The Senlis Council Security and Development Policy Group. London, Juni 2006, S. 55. Vgl. auch die Instabilitätsskala für PRTsin Kapitel 2.1.3.
2 „S/R Operations“ ist der englische Terminus für Stabilisierungs- und Wiederaufbau-Operationen der NATO.
3 Das Vertragswerk ist das Ergebnis der Londoner Konferenz für Afghanistan von 31.1. bis 1.2.2006 und enthält Planungsgrößen zur Konsolidierung und Koordinierung des afghanischen Aufbauprozesses bis 2010.