Ostdeutschland: Lausitz. Foto von einem Kohlabbaugebiet

Flöze, Gruben, Schächte – Geschichte der Braunkohle in Deutschland

Der Braunkohleabbau blickt nicht nur in der Lausitz, sondern auch in anderen Regionen auf eine lange Geschichte zurück. Neben den drei großen Braunkohlegebieten – der Lausitz, Mitteldeutschland und dem Rheinland – gab es zahlreiche kleinere wie die Oberpfalz und das niedersächsische Helmstedt.

Vor der Industrialisierung

Im 17. und 18. Jahrhundert wurden in mehreren Orten Deutschlands die ersten Kohleflöze angelegt: Als «Geburtsstunde» etwa des Mitteldeutschen Braunkohlereviers gilt das Jahr 1698, als bei Müncheln/Braunsbedra eine erste Kohlegrube entstand. Vorerst wurde Braunkohle in kleinem Umfang in Gruben abgebaut. Sie war eine willkommene Alternative zum knapper werdenden Holz als Brennstoff und wurde in Form von Briketts zum Heizen genutzt.

«Boom» ab ca. 1860

Im Zuge der Industrialisierung wuchs gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Bedarf an Strom – und aus Braunkohle konnte Energie gewonnen werden. In den 1890er-Jahren entstanden die ersten Elektrizitätswerke in der Lausitz und im Rheinland. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Braunkohle in allen Bergbauregionen immer bedeutender, um Strom zu gewinnen, zunehmend errichtete man nun große Tagebaue. Allein in der Lausitz wurden dafür seit 1920 rund 90 Dörfer abgerissen.

NS-Zeit und Zweiter Weltkrieg

Während der NS-Zeit wurde die Braunkohle nicht mehr nur genutzt, um Energie zu gewinnen, sondern auch als Grundstoff verwendet, um Treibstoff herzustellen. Vor dem Zweiten Weltkrieg trieb die Regierung die Produktion von Benzin aus verflüssigter Braunkohle in sogenannten Hydrierwerken voran. Ein Großteil des Benzinbedarfs der Wehrmacht und der Luftwaffe wurde aus diesen Werken gedeckt.

Die Region stand viele Jahrzehnte für Energiesicherheit, für den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg, für das Wirtschaftswunder. Die Menschen haben sich damit identifiziert, sie waren stolz darauf.

Nach 1945: DDR und BRD

Nach 1945 fielen die Lausitz und das Mitteldeutsche Braunkohlerevier in den Einflussbereich der Sowjetmacht und gehörten bald zur DDR. Im Zuge der Autarkiebestrebungen des sozialistischen Staates wurde der Braunkohleabbau massiv ausgebaut. Wegen der Ölkrise stand das Öl aus der Sowjetunion von den 1970er-Jahren an als Energieressource nicht mehr zur Verfügung. Immer mehr Tagebaue wurden erschlossen, immer mehr Dörfer mussten dafür weichen. 30 Prozent der weltweiten Braunkohleproduktion stammte 1985 aus der DDR – aus der Lausitz und aus Mitteldeutschland bei Leipzig und Bitterfeld. Im westdeutschen Rheinland wurde nicht ganz so viel produziert wie in der DDR, trotzdem auch hier in der Nachkriegszeit massiv in den Braunkohlebergbau investiert. Während in den 1950er-Jahren vor allem noch Heizbriketts aus Braunkohle hergestellt wurden, wurde in den folgenden Jahrzehnten die Erzeugung von Strom immer wichtiger. Seinen Höhepunkt erlebte der Braunkohleabbau auch hier in den 1980er-Jahren.

Heute: «Klimakiller» Braunkohle

Seit der Wende werden die umweltschädlichen Aspekte der Stromgewinnung aus Braunkohle («Klimakiller») in neuer Schärfe diskutiert. Dennoch stammen heute noch etwa 23 Prozent des deutschen Stroms aus Braunkohlekraftwerken. Pläne, Dörfer und Siedlungen für die Erschließung neuer Tagebaue abzubaggern, gibt es nach wie vor. Seit 2006 wird etwa das Dorf Immerath bei Erkelenz in Nordrhein-Westfalen umgesiedelt. Im Januar 2018 wurde dort der Abriss einer 130 Jahre alten Kirche von Protesten begleitet.


Carla Baum, 1989 in Hamburg geboren, recherchierte als Journalistin im Sommer 2018 in der Lausitz zum Thema Braunkohle – und verliebte sich dabei in die einzigartige Natur der Brandenburger Region.

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