Verteilung der Flüchtlinge auf Städte und Dörfer: Sehr verschieden

Transparent mit der Aufschrift "Mit Flüchtlingen gemeinsam wohnen"
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Das Zusammenleben mit Geflüchteten stellt sich vielerorts schwierig dar: Teils fehlt es an geeignetem Wohnraum in der Stadt, teils auf dem Land

Föderalismus hat für Flüchtlinge Elemente einer Lotterie: Sie werden verteilt. Die einen in eine Stadt, die anderen auf ein Dorf.

Nach der Aufnahme in den Landesunterkünften werden alle Flüchtlinge auf die 15 Kreise aufgeteilt, elf Landkreise und vier Städte. Das geschieht nach festgelegten Quoten, die von zehn bis drei Prozent reichen und in der Ausländer-Aufnahmeverordnung festgelegt sind. Es gibt seit langem Diskussionen, diese Quoten zu verändern. Die Wohnungssituation ist in den Universitätsstädten Kiel und Lübeck angespannt, ebenso am Hamburger Rand, zum Beispiel in Pinneberg oder Norderstedt. Dagegen verfügen viele Landkreise über einen Leerstand, zum Beispiel gibt es oft große Dorfgasthäuser, die seit langem keinen Pächter mehr haben.

Nicht nur die Landkreise, auch die Flüchtlingsunterstützer/innen wehren sich gegen eine Verteilung nach freiem Wohnraum: Allzuoft landen Flüchtlinge dann dort, wo weder Deutschkurse angeboten werden noch RechtsanwältInnen ihre Büros haben. Und vielfach sind die Buslinien nicht nur ausgedünnt, sondern auf die Schulbusse reduziert worden: So kann man vormittags in die nächste Stadt fahren, wo die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt einen Termin freihält. Zurück geht’s aber nur noch mit dem Taxi, wenn man die Rückfahrt nicht auf den nächsten Vormittag verschieben muss. Seit Ende November wohnt eine afghanische Familie, aufgewachsen in einem Binnenland, auf der Hallig Hooge. Das ist bestimmt ein interessantes Experiment, für Beratungsstellen allerdings alles andere als ein Modell.

Situation in den Kommunen

In Schleswig-Holstein ist die Verwaltungsstruktur sehr, sehr kleinteilig: Es gibt über 1.000 Gemeinden. Diese sind oft zu klein, um effektiv Verantwortung zu übernehmen, und haben sich deshalb zu „Ämtern“ zusammengeschlossen. Diese Ämter sind im Prinzip undemokratisch, weil hier Amtsausschüsse „regieren“, die aus den Bürgermeister/innen und oft noch aus den Fraktionsvorsitzenden der größten Fraktion in der Gemeindeversammlung bestehen. Kleine Parteien sind so gut wie überhaupt nicht vertreten. So teilen sind 85 Amtsverwaltungen und 59 Gemeindeverwaltungen die Arbeit. Im November haben sie vom Land erstritten, dass ab Frühling 2016 neunzig Prozent der Aufwendungen für die Unterbringung und Versorgung von AsylbewerberInnen vom Land erstattet werden, bisher lag der Satz bei 70 Prozent.

Es gibt Gemeinden und Amtsverwaltungen, die zum Beispiel organisieren, dass alle Flüchtlinge ein Weihnachtsgeschenk erhalten, so kündigt es zumindest Kronshagen bei Kiel an. Andere stecken neu eintreffende Flüchtlinge in leere, wirklich leere Container, die für die Übernachtung von Obdachlosen angeschafft wurden, so Langeln im Kreis Pinneberg. Die Stadt Pinneberg bringt Asylbewerber/innen mangels freier Wohnungen im Hotel unter, das Sozialamt schickt ihnen aber dann Rechnungen und Mahnungen zu. Elmshorn, ebenfalls im Kreis Pinneberg, bezahlt freiwillig Deutschkurse für diejenigen, die auf eine Entscheidung im Asylverfahren noch warten.

Während die einen in Städten mit ausgebauter Struktur, Beratungsstellen und Deutschkurs-Anbietern, untergebracht werden, leben andere auf dem Lande „ohne alles“. So gibt es Gemeinden, die sich beklagen, die frisch renovierten und an Flüchtlinge übergebene Wohnung Stünde den ganzen Monat leer: Die Flüchtlinge besuchen Familienangehörige in Hamburg und kommen nur einen Tag im Monat, um beim Sozialamt vorbeizuschauen. Jemand vom Freundeskreis übernimmt die Kontrolle des Briefkastens, damit kein Bescheid verloren geht.

Weitere Beiträge zur Flüchtlingspolitik in Schleswig-Holstein finden Sie auf der Länderseite unseres Dossiers "Wie schaffen die das? Die Flüchtlingspolitik der Länder" (zur Startseite).